Lohbrügge. Mitte der 1960er-Jahre wohnte der berühmte Jazz-Trompeter mit seiner Familie in Bergedorf. Nachbarn und Weggefährten erinnern sich.

Er war amüsant, stets fröhlich und offenbar ein wilder Feger – glaubt man all den Gerüchten, die sich um diesen Mann ranken. Auf jeden Fall war der Jazz-TrompeterBilly Mo in den 1960er-Jahren ein sehr bekannter Schlagerstar und brachte es mit flotten Songs wie der „Bierdeckel-Polka“, „Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen“ und auch „Ich kauf’ mir lieber einen Tirolerhut“ an die Spitze der Hitlisten. Dass er tatsächlich eine Zeit lang in Lohbrügge wohnte, ist nur wenigen Menschen bekannt.

„1961 zog er mit Frau und zwei Kindern in einen Bungalow am Schulenburgring 10“, fand der Schauspieler Emilio Ender heraus, der nur 150 Meter Luftlinie entfernt wohnt. Er hat eine Hommage an den Schlagerstar vorbereitet, mit der er möglichst viele Menschen erreichen will. Billy Mo, der mit bürgerlichem Namen Peter Mico Joachim hieß, wurde am 22. Februar 1923 auf Trinidad geboren, sein Vater war ein deutscher Offizier. Nur einen Tag nach seinem 100. Geburtstag gibt es im Literaturcafé im „Haus brügge“ an der Leuschnerstraße 86 einen Vortrag über sein bewegtes Leben. „Ich werde am 23. Februar etwas launig über die Musikkarriere dieser schillernden Persönlichkeit berichten“, kündigt der 71-Jährige an – und hofft, dass sich um 15 Uhr viele Gäste bei freiem Eintritt einfinden.

Billy Mo: Aus dem Waisenhaus zur Musikhochschule

Ein sehr charmanter Kerl muss dieser dunkelhäutige Mann gewesen sein, der tatsächlich Trachten und Tirolerhut trug. Sein Start ins Leben war allerdings wenig erfreulich: Der Legende nach soll er mit seinen beiden Schwestern in einem karibischen Waisenhaus aufgewachsen sein, nachdem die Eltern bei einem Unfall ums Leben kamen. In der Karibik lernte er Waldhorn und Mundharmonika zu spielen. „Mitte der 40er-Jahre studiert er Dank eines Stipendiums in London Trompete und Gesang, anschließend siedelte er nach Hamburg über“, fand Emilio Ender heraus. Das könnte 1956 gewesen sein.

Im schunkelfreudigen Nachkriegsdeutschland soll der Entertainer dann schnell nicht nur die Bühnen für sich gewonnen haben – und wurde gern als der „Deutsche Satchmo“ angekündigt, in Anlehnung an den US-Trompeter Louis Armstrong. Mehr als 25 Evergreens ließ er bei seinen Konzerten neu aufleben: „Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt“ ist bis heute ebenso bekannt wie „Wenn ich die blonde Inge abends nach Hause bringe“ oder auch „Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist?“. Billy Mo trat in Fernseh-Musiksendungen auf und fand vor der Filmkamera eine kleine Rolle: In der Komödie „Drillinge an Bord“ mit Heinz Erhard und Trude Herr spielte er 1959 mit – als Bordmusiker und Kleinkrimineller.

Einkauf im Lohbrügger Schmuckgeschäft

Im Jahr 1961, eine Nachbarin erinnert sich noch genau, zog die feierfreudige Familie dann samt Hund nach Lohbrügge. Es wurde gern und viel getrunken, musiziert und mit anderen Künstlern gefeiert – wobei Billy Mo natürlich auch oft unterwegs war, viele Auftritte rund um Bergedorf und Stormarn hatte. „Ich habe ihn einmal in einem Landgasthof erlebt, das war schon sehr unterhaltsam und auch ungewöhnlich. Denn dunkelhäutige Menschen waren damals eher eine Ausnahme bei uns“, meint die 86-jährige Leonie Mende. Die gelernte Stenotypistin gravierte mit ihrem damaligen Mann Uwe Stüber von 1960 bis 1985 Pokale für heimische Kegel- und Fußballvereine. Außerdem betrieb das Paar ein Uhren- und Schmuckgeschäft an der Lohbrügger Landstraße, gegenüber der heutigen Elefanten-Apotheke.

„Some like it hot“, hieß ein Album von Billy Mo, das Emilio Ender (71) im Internet fand. Leonie Mende (86) zeigt dazu ein Foto von ihrem Schmuckgeschäft an der Lohbrügger Landstraße, in dem er Schlagerstar einkaufte.
„Some like it hot“, hieß ein Album von Billy Mo, das Emilio Ender (71) im Internet fand. Leonie Mende (86) zeigt dazu ein Foto von ihrem Schmuckgeschäft an der Lohbrügger Landstraße, in dem er Schlagerstar einkaufte. © BGZ | strickstrock

„An einem späten Vormittag Ende der 60er kam er sehr schick gekleidet in unseren Laden, war laut und sehr kommunikativ“, erzählt Leonie Mende: Er habe Geschenke für seine amerikanische Familie kaufen wollen. „Er nahm mehrere Schmuckstücke mit, unter anderem ein kupfernes Armband. Denn damals glaubte man, Kupfer könne Kranke heilen“, so die 86-Jährige. Sie wusste, dass die blonde Ehefrau des Musikers nach einem Reitunfall in Spanien im Rollstuhl saß.

Aber nicht allein wegen des berühmten Musikers blieb ihr diese Begegnung in Erinnerung: „Ich war gerade hinten in der Küche und schmorte Speck im Topf, als ich zur Beratung in den Verkaufsraum gerufen wurde. Später haben die Nachbarn mit mir geschimpft, weil der ganze Flur verqualmt war.“

Auftritt im Penndorf-Kaufhaus

Mit seiner Einbürgerungsurkunde und deutschem Pass zeigte im Juli 1966 die Bild-Zeitung ein Foto von Billy Mo: „Hurra, ich bin ein Deutscher!“, soll er gesagt haben. Doch schon bald verliert sich die Spur des Schlagerstars: „1969 soll er Frau und Kinder bei Nacht und Nebel verlassen haben. Aber man weiß nicht, ob er nach Berlin oder nach Amerika ging“, sagt Emilio Ender. Wohl aber kam er mindestens einmal zurück – zu seinem Auftritt im Jahr 2001 in Bergedorf, als das Penndorf-Kaufhaus 150-jähriges Bestehen feierte.

Und wie es der Mär eines charmanten Lebemannes entspricht, kam (mindestens) eine weitere Frau in sein Leben. Mit ihr wohnte Billy Mo in Wunstorf bei Hannover. Der Bürgermeister der Stadt war zugleich Vorsitzender des Jazz-Clubs Hannover, in dem Billy Mo mehrfach musizierte – im Dezember 2001 allerdings nach einem Auftritt mit einer Gehirnblutung zusammenbrach. „Nach zwei Schlaganfällen wurde er dann endgültig zum Pflegefall“, erfuhr Emilio Ender. Im Alter von 81 Jahren schließlich ist der Jazz-Trompeter und Schlagersänger Billy Mo am 16. Juli 2004 gestorben.

Für Info-Tafel spenden

Zwei Jahre zuvor soll er noch das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhalten haben. Emilio Ender möchte seinen einst berühmten Nachbarn auch post mortem noch ehren: „Vielleicht könnte der Lohbrügger Bürgerverein eine Info-Tafel aufstellen, die an Billy Mo erinnert. Sie könnte an der Rückseite des Bungalows stehen, also angrenzend an das Bornbrook-Gymnasium“, meint der 71-Jährige, der dafür nun Spenden sammeln will.