Kirchwerder/Bergedorf. Ob Brautmodengeschäft oder Hochzeitsplanerin: Die Branche leidet in der Pandemie, doch die Zuversicht Nicole Erdmann-Meyer bleibt.

Für Nicole Erdmann-Meyer wurde im vergangenen November ein Lebenstraum zur Wirklichkeit: Am Spieker Markt eröffnete die 50-Jährige aus Neuengamme ihr Brautstübchen Vierlanden.

Doch nur wenige Wochen später musste sie ihren Laden im Lockdown schon wieder schließen – und das über Monate. Nicole Erdmann-Meyer fürchtete schon, ihr Traum könnte zum Alptraum werden. Doch sie bleibt zuversichtlich: „Ich stecke den Kopf nicht in den Sand“, sagt sie.

Ansichtssache hat die schlimmste Zeit der vergangenen 19 Jahre erlebt

Achtet aufs Detail: Sandra Hansen, Hochzeitsplanerin aus Kirchwerder.
Achtet aufs Detail: Sandra Hansen, Hochzeitsplanerin aus Kirchwerder. © Hong Truc Vy Pham (www.phamweddings.com)Nutzbar in Verbindung mit porträt über Hochzeitsplanerin Sandra Hansen aus Kirchwerder | Hong Truc Vy Pham (www.phamweddings.com)

Dank genehmigter Härtefallhilfe könne sie nun auch wieder ihre laufenden Kosten decken. „Sonst hätte ich im August den Laden wieder schließen müssen“, sagt sie. Denn der Erhalt von Überbrückungshilfen sei an kleinen Kriterien gescheitert, die Ersparnisse waren nach einigen Monaten aufgebraucht.

„Ich hätte nie damit gerechnet, den Laden gleich ein halbes Jahr schließen zu müssen“, sagt Nicole Erdmann-Meyer. Auch Onlineshopping oder das Ausleihen zur Anprobe daheim waren keine Alternativen. „Das funktioniert nicht bei einem Brautkleid“, sagt Nicole Erdmann-Meyer.

Eine große Auswahl an gebrauchter Braut- und Abendmode

Sicherlich sei der Zeitpunkt einer Geschäftseröffnung unglücklich gewesen. Aber die Vorbereitungen seien schon weit vor der Pandemie angelaufen. „Und das Rad konnte man dann nicht mehr stoppen“, erklärt Ingo Meyer, der seine Frau vor allem bei administrativen und handwerklichen Aufgaben unterstützt.

Doch längst nicht nur für neue Selbstständige waren die vergangenen Monate eine Tortur: „Ich hab schon viel erlebt, aber das letzte Jahr möchte ich nicht noch einmal erleben“, sagt Heike Schlieper, die ihren Laden „Ansichtssache“ schon seit 19 Jahren an der Ernst-Mantiusstraße führt. Mit rund 400 Modellen hat sie die wohl größte Auswahl an gebrauchter Braut- und Abendmode der ganzen Stadt.

Treue Kundschaft für Blumen und Süßigkeiten

Ein Glück könne sie auf ihre treue Kundschaft bauen, die sie nach Wiedereröffnung des Ladens mit Blumen und Süßigkeiten begrüßte. „Aufgeben ist keine Option“, sagt Heike Schlieper, wobei ihr Mann dabei auch schon Überzeugungsarbeit hätte leisten müssen.

Auch wenn sie den Lockdown genutzt hat, um einen Instagram-Account aufzubauen und das Geschäft nun langsam wieder anläuft ist Heike Schlieper überzeugt: „Einen weiteren Lockdown darf es nicht geben, das würden viele nicht überstehen.“

Vorfreude auf die Hochzeit weicht Unsicherheit und Frust

Nun liegen alle Hoffnungen auf dem Herbst, wenn sich Bräute erfahrungsgemäß ihr Kleid für das kommende Jahr aussuchen. Doch bei den heiratswilligen Paaren würde ganz klar die Unsicherheit überwiegen, weiß Nicole Erdmann-Meyer. Auch weil Hochzeiten in Hamburg nach wie vor kleiner gefeiert werden dürfen als in den benachbarten Bundesländern, wo schon wieder größere Feiern mit Tanz erlaubt sind.

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„Viele Paare wandern nach Schleswig-Holstein und Niedersachsen ab, darunter leidet die gesamte Hochzeitsbranche in Hamburg“, sagt Nicole Erdmann-Meyer. Die 50-Jährige würde sich wünschen, dass die Paare bald wieder mehr Planungssicherheit bekommen. Mithilfe eines Hygienekonzeptes seien doch auch in anderen Bereichen wie im Sport und Musik schon wieder größere Veranstaltungen möglich: „Warum also nicht auch bei Hochzeiten?“

Unternehmer wünschen sich Planungssicherheit

Planungssicherheit ist es auch, was Sandra Hansen sich wünschen würde. „Viele Paare möchten gern heiraten, das ist deutlich zu spüren“, sagt die 44-Jährige aus Kirchwerder, die sich im Sommer 2020 als Hochzeitsplanerin selbstständig machte.

Bei „Ansichtssache“ gibt es etwa 400 Braut- und Abendkleider.
Bei „Ansichtssache“ gibt es etwa 400 Braut- und Abendkleider. © BGZ/Privat | Privat

Vor lauter Unsicherheit würde die Vorfreude auf die Hochzeit bei einigen Paaren dem Frust weichen: „Das ist so schade, schließlich geht es um die Liebe“, sagt Sandra Hansen. Auch sie erkennt den Trend, das viele Paare für Feiern ins Umland abwandern. Auch weil die Preise dort günstiger seien als in Hamburg.

Viele beliebte Locations für 2022 bereits ausgebucht

Nichtsdestotrotz seien viele beliebte Locations für 2022 bereits ausgebucht. Daher sollten sich Paare überlegen, ob eine Feier auch mal an einem Donnerstag denkbar wäre, so Sandra Hansen.

Auch wenn die Anzahl ihrer Aufträge bislang nicht so groß ist, wie zu Beginn ihrer Selbstständigkeit erhofft, überwiegt die Zuversicht: „Ich bin optimistisch, dass wieder gefeiert werden kann und die Paare ihre Hochzeit nach dieser langen Durststrecke ganz anders genießen können.“

  • Bergedorf heiratet wieder

Die Zahl der Eheschließungen im Standesamt Bergedorf nimmt wieder zu: Von Januar bis Juni 2021 gaben sich dort 183 Paare das Ja-Wort. Im selben Zeitraum im Vorjahr waren es nur 119 Eheschließungen gewesen, 2019 waren es 209.

Insgesamt wurden im Jahr 2020 284 Ehen geschlossen – und damit deutlicher weniger im Vergleich zu 2019 mit 526 Eheschließungen und 2018 mit 619 Eheschließungen.

Neben der Pandemie könnten aber auch personelle Engpässe zu Variationen bei der Anzahl der durchgeführten Eheschließungen führen, so das Bergedorfer Bezirksamt.