Hamburg. Die Grünen wollen sich für die Tiere einsetzen, die CDU ist mit an Bord. Die Pläne dürften aber nicht allen Gartenbesitzern gefallen.
Der Bestand des Braunbrustigels in Deutschland ist rückläufig. Die stacheligen Gesellen werden auf der Roten Liste bedrohter Arten mittlerweile als „potenziell gefährdet“ eingestuft. Die nächste Stufe wäre schon „vom Aussterben bedroht.“ Um die Population der Insektenfresser in Bergedorf zu stabilisieren, fordern die Grünen aus dem Bezirk ein Bündel von Maßnahmen. In der Bezirksversammlung signalisierte die CDU bereits ihre Zustimmung, auch wenn der entsprechende Antrag auf Bitte der SPD noch einmal in den Umweltausschuss überwiesen wurde. Besonders im Fokus der Igelschützer stehen automatische Mähroboter.
„Ein alltägliches Tier verschwindet“, beklagte Lenka Brodbeck in der Bezirksversammlung. Das Schicksal des Igels sei dabei Teil eines größeren Problems. Der Rückgang der Population spiegele den massiven Verlust an Biodiversität wider. „In städtischen Gebieten kämpfen Igel mit Schotterflächen, betonierten Vorgärten, kurzgemähten Rasenflächen und undurchlässigen Zäunen“, kritisierte Brodbeck. Dazu kämen die schweren Verletzungen durch Mähroboter. „Eine Studie der Universitäten Aalborg und Oxford hat gezeigt: Kein getesteter Mähroboter erkannte einen Igel rechtzeitig“, so die Grünen-Fraktionschefin.
Bedrohte Igel: Grüne fordern Nachtfahrverbot für Mähroboter
Die Forschung der Oxford-Wissenschaftlerin Sophie Lund Rasmussen zeigt zwar, dass nicht alle Mähroboter die Igel auch schwer verletzen. In manchen Fällen stupsen die automatisch auf dem Rasen herumrollenden Maschinen die Tiere nur an. Die Forscherin bestätigt aber, dass tödliche Schnittverletzungen ein gravierende Bedrohung für Igel darstellen. Auch die Bergedorfer Tierschützerin Vanessa Haloui muss auf ihrer Station Looki immer mehr Tiere mit tiefen Schnittverletzungen versorgen – nicht immer mit einem glücklichen Ausgang. 37 Prozent der 800 Igel, die 2024 auf der Station landeten, waren durch Mähroboter verletzt worden.
Da Igel nachtaktiv sind, würde es aus Sicht der Grünen bereits einen großen Teil des Problems lösen, wenn Gartenbesitzer ihre Mähroboter nicht mehr nachts fahren lassen würden. „Sind wir bereit, Bequemlichkeit höher zu stellen als den Schutz unserer Lebensgrundlagen?“, fragte Lenka Brodbeck angesichts des drohenden Artensterbens in der Bezirksversammlung. Ein Nachtfahrverbot sei eine kleine Veränderung, die einen großen Unterschied mache.
Auch der Grünenpolitikerin in der Bergedorfer Bezirksversammlung war allerdings klar: „Wir können das Verbot nicht beschließen.“ Mit ihrem Antrag will die Fraktion zunächst erreichen, dass die Hamburger Umweltbehörde eine entsprechende Maßnahme prüft und außerdem Aufklärungskampagnen für Gartenbesitzer auf den Weg bringt. Die Stadt Köln ist in Sachen Igelschutz schon weiter, dort gilt seit Oktober ein Nachtfahrverbot für Mähroboter.
CDU will Kleingartenvereine ansprechen
CDU-Politiker Mathias Zaum sprang den Grünen in seinem Redebeitrag zur Seite und hatte eine konkrete Idee. Der Christdemokrat schlug vor, an die Bergedorfer Kleingartenvereine heranzutreten. Diese könnten per Vereinssatzung verhindern, dass Mitglieder ihre automatischen Rasenmäher nach Einbruch der Dunkelheit losschicken. Zaum sprach sich außerdem dafür aus, in Schulgärten igelfreundliche Laubhaufen zusammenzutragen. Auch der Antrag der Grünen sieht vor, dass der Bezirk Maßnahmen prüfen soll, um öffentliche Flächen ökologischer zu gestalten und so eine bessere Lebensgrundlage für Igel und andere Tiere zu schaffen.
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Nach der Einschätzung von Oxford-Forscherin Rasmussen könnte die Durchsetzung von technischen Standards für Rasenmäher möglicherweise einen Teil des Problems lösen. Tatsächlich rollen sich nämlich nicht alle Igel vor einem heranrollenden Gartengerät zusammen. In einer Studie von 2023 untersuchte Rasmussens Team das Verhalten verschiedener Igel-Exemplare im Angesicht eines – seiner Klingen beraubten – Mähroboters.
Während sich manche Igel zusammenrollten oder stehenblieben, rannten andere davon. Besonders jüngere Exemplare schnüffelten dagegen neugierig an dem Gerät. Bei einem zweiten Kontakt mit dem Roboter, waren die Tiere meist deutlich vorsichtiger. Die Igel scheinen also lernfähig zu sein und könnten dazu gebracht werden, die gefährlichen Geräte zu meiden. Dazu müssen sie aber die erste Begegnung erst einmal unbeschadet überstehen. Sophie Lund Rasmussen entwickelt daher ein Testverfahren mit Igel-Dummys aus Kunststoff, um die Mähroboter entsprechend zu zertifizieren.