Hamburg. Unermüdlich kämpfen Vanessa Haloui und ihre Mitstreiter in Bergedorf für das Tierwohl. Längst geht es nicht nur um die Igelpflege.
Vanessa Haloui sitzt auf dem Looki-Gelände in Bergedorf im Schatten. Ein kurzer Moment der Erholung für die 42-Jährige, die gerade den Kamerunschafen die Hufe geschnitten hat. Die Wasserpumpe quietscht leise, als ein Schülerpraktikant die Wassereimer füllt – das Becken im Nutria-Gehege muss neu gefüllt werden. Beim Tierschutzverein an der Eschenhofbrücke gibt es immer was zu tun. Die Freiwilligen pflegen von Mährobotern verletzte Igel gesund, füttern Waschbären mit Muscheln oder misten die Hühnerställe aus. Alles mit viel Einsatz, viel Liebe für die Tiere – und ohne einen Cent damit zu verdienen.
Das Engagement von Haloui und ihren Mitstreitern ist herausragend. Looki wurde daher jetzt als einer von sechs Preisträgern mit dem Zukunftspreis Bergedorf, „Wir für die Zukunft“, ausgezeichnet. Im Rahmen des Jubiläumsempfangs zu 150 Jahre Bergedorfer Zeitung erhielt der Verein ein Preisgeld in Höhe von 3000 Euro - gestiftet von der Volksbank Bergedorf und dem Verein Hamburger Abendblatt hilft.
Zukunftspreis Bergedorf: Auszeichnung für den Tierschutzverein Looki
„Ich war schon mit 15 im Tierschutz tätig“, erzählt Haloui. Zu Hause päppelte sie als Teenager Igel, Eichhörnchen oder Marder auf. „Zusammen mit ein paar Mädels hatte ich dann die Schnapsidee, eine Igelstation zu gründen“, sagt die Politikerin. Seit 2012 ist Looki, benannt nach einem verstorbenen Hund von Haloui, ein eingetragener Verein. 2016 finden die Tierschützerinnen nach langer Suche endlich ein Grundstück, einen völlig verwilderten Obstgarten.
Das Areal verwandelt das Looki-Team Schritt für Schritt in ein Ökoparadies mit dem Charme des Selbstgemachten. Aus alten Holzpaletten zimmern die Tierschützer Hühnerställe, machen die alte Wasserpumpe wieder fit. „Wir sind hier ziemlich autark“, betont Haloui. Auf dem Vereinsgelände wird Regenwasser aufgefangen, eine Solaranlage zur Stromerzeugung benutzt. Für dringende Geschäfte steht eine Trenntoilette zur Verfügung.
Tierschutzverein Looki kümmert sich längst nicht mehr bloß um verletzte Igel
Zunächst wollte sich Looki nur um Igel kümmern. „Irgendwann hat uns jemand zwei Waschbären vor die Tür gelegt“, erinnert sich Haloui. Die maskentragenden Pelzknäuel werden von ihr mit der Flasche großgezogen. So wird der Verein zur Wildtierstation. „Dann stand jemand mit zwei hilfsbedürftigen Lämmern da. Später haben uns Unbekannte nachts Hähne über den Zaun geworfen“, sagt die 42-Jährige. Ehe sich die Vereinsgründer versehen, hat Looki zahlreiche Haustiere unter ihrer Obhut.
Viele der Tiere sind von Behörden beschlagnahmt worden, weil sie nicht artgerecht gehalten wurden. Doch es gibt auch Fälle wie die zwei Ziegen, die ein Bauer nicht mehr zusammen mit Pferden auf seiner Weide halten darf, wegen Seuchengefahr. Der Landwirt kommt bis heute vorbei, um die beiden Tiere zu besuchen und bringt dann Heu und Stroh für alle Looki-Wiederkäuer mit.
Wie eine Großfamilie: Bei Looki arbeiten Menschen jeden Alters zusammen
Vannesa Haloui schätzt den Zusammenhalt unter den Ehrenamtlichen. Bei Looki arbeiten Menschen jeden Alters und mit ganz unterschiedlichen Biografien zusammen. „Wir sind wie eine Familie“, betont die Vereinsgründerin. Gerade die Senioren im Team kämen auch außerhalb der Dienstzeiten auf einen Schnack vorbei. Die Kinder von der Gruppe Looki Kidz lernen unter der fachkundigen Anleitungen von Tierärzten auch mal, wie man einem Huhn eine Spritze gibt.
Viele der Looki-Helfer entwickeln enge Beziehungen zu ihren pelzigen oder gefiederten Schützlingen. Haloui: „Wir haben eine 14-Jährige, die zu Hause Putenschnitzel kocht, sie in kleine Würfel schneidet und dann an die Frettchen verfüttert. Eine andere Mitarbeiterin kauft regelmäßig auf eigene Rechnung Muscheln für die Waschbären.“ Derzeit sind 52 Ehrenamtliche bei Looki aktiv. Verstärkungen kann der Verein weiter gut gebrauchen. „Man muss auch nicht direkt mit den Tieren zusammenarbeiten. Wir können auch Hilfe im Bautrupp gut gebrauchen oder Menschen, die sich um die Pflanzen auf dem Gelände kümmern“, betont Vanessa Haloui.
Looki sucht für die Waschbären noch langfristige Mäzene
Auch finanzielle Unterstützung ist den Tierrettern an der Eschenhofbrücke stets willkommen. Der Verein finanziert sich über private Spenden und Patenschaften für die Tiere. Gerade für die Waschbären sucht das Looki-Team langfristige Mäzene, denn die Tiere sind in Europa nicht heimisch und dürfen deswegen nicht mehr ausgewildert werden.
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Auch die Igelpflege wird immer aufwendiger, weil immer mehr der stacheligen Tiere mit schweren Schnittverletzungen durch Mähroboter bei Looki eingeliefert werden. „Die brauchen Monate, um zu heilen und machen zahllose Tierarztbesuche nötig“, betont Vanessa Haloui. Auch die 3000 Euro aus dem Zukunftspreis der Bergedorfer Zeitung werden wohl vor allem in diese laufenden Kosten fließen.