Hamburg. Ewig lange Bandwurmsätze, viele Paragrafen: Warum muss ihr Wohngeldbescheid so kryptisch sein, fragt sich eine Bergedorfer Rentnerin.

Der Brief flatterte Ende November ins Haus: ein Behördenschreiben aus dem Bezirksamt Bergedorf, genauer aus dem Fachamt Grundsicherung und Soziales. Soweit verstand es Gudrun P. (Name geändert) auch schnell. Immerhin ist die 72-Jährige zwar gebürtige Schwedin, lebt aber schon Jahrzehnte in Deutschland und spricht die Sprache fließend. Doch nach der Überschrift „Änderungsbescheid aufgrund der zum 01.01.2021 in Kraft getretenen Änderungen des Wohngeldgesetzes“ kamen der Bergedorferin schon die ersten Bedenken. Änderungen? Von 2021? Was konnte das sein?

Der folgende Text des Anschreibens war nicht dazu angetan, der Rentnerin zu erklären, was genau es mit der Information auf sich hatte. Ein Bandwurmsatz, bestehend aus etwa 80 (!) Worten samt Paragrafen ließ sie ratlos zurück. Und sie fragt sich nun: Wer soll das Kauderwelsch verstehen? Der Brief, so sagt sie, „hat mich schlaflose Nächte gekostet, weil ich ihn einfach nicht verstanden habe“.

Behörden-Kauderwelsch lässt Bergedorfer Rentnerin ratlos zurück

Tatsächlich ist der erste Satz des Anschreibens wohl nur bei sehr konzentriertem Lesen zu verstehen: „Über das Ihnen bewilligte Wohngeld ist unter Anwendung des am 01. Januar 2021 in Kraft getretenen Wohngeldgesetzes (WoGG) gemäß § 17a Abs. 3 WoGG von Amts wegen neu zu entscheiden, da für Sie und/oder für ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied insgesamt 33 Jahre an Grundrentenzeiten und/oder vergleichbare Zeiten durch Mitteilung des Rentenversicherungsträgers und/oder der sich aus §17a Abs. 2 WoGG ergebenden Träger am 20.11.2024 im Sinne des §17a Abs. 3 WoGG erstmalig zur Kenntnis der Wohngeldbehörde gelangt sind.“

Vielleicht hätte man also auch einfach sagen können: „Liebe Frau P.! Die Behörde hat neue Informationen über die Grundrentenzeiten in Ihrem Haushalt, weshalb über Ihr Wohngeld neu entschieden wird.“ Gudrun P. verstand das Behörden-Kauderwelsch jedenfalls nicht und fragte einen Bekannten. Der konnte ihr den Inhalt des mehrseitigen Schreibens grob erklären und ihr wieder zu ruhigem Schlaf verhelfen, denn sie hatte sogar eine Rückzahlung zu erwarten. Doch das Thema ließ sie nicht ruhen. „Warum müssen Behördenschreiben so kompliziert sein?“, ärgert sie sich nun. „Was ist mit älteren Menschen oder mit Bergedorfern, die wie ich keine Muttersprachler sind? Warum kann ein Brief nicht verständlich sein?“

Behörde muss bestimmte Sätze juristisch korrekt zitieren

Eine berechtigte Frage, meint sogar das Bezirksamt Bergedorf selbst. „Das Thema beschäftigt uns tatsächlich auch immer wieder“, räumt Sprecher Lennart Hellmessen ein. „Wir verstehen den Wunsch nach klarer, leicht verständlicher Sprache in Amtsschreiben absolut.“ Gleichzeitig stehe die Verwaltung aber vor fast unlösbaren Herausforderungen. Denn viele Schreiben beziehen sich auf gesetzliche Regelungen, die „oft wortwörtlich zitiert werden müssen, um juristisch korrekt zu bleiben“, erklärt er. Das bedeute, „dass bestimmte Formulierungen leider kaum vereinfacht werden können, da sie den genauen rechtlichen Rahmen wiedergeben müssen“. Kurzum: Das Bezirksamt würde gern einfacher schreiben, darf aber nicht.

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Im konkreten Fall der Dame sei es zudem so, „dass die Wohngeldbescheide von der entsprechenden Behörde so vorgegeben sind“. Allerdings, so betont er, könnten sich Bergedorfer „jederzeit mit Fragen an das Soziale Dienstleistungszentrum vor Ort wenden“. Die Kolleginnen und Kollegen im Geschäftszimmer/Eingangszone „nehmen sich gern die Zeit und erläutern die Bescheide ausführlich“. 

Das Bezirksamt ist auch darüber hinaus für das Problem sensibilisiert. Mitarbeiter der Verwaltung hätten die Möglichkeit, sich in Schulungen zum Thema „Leichte Sprache“ fortzubilden, so Hellmessen. Zudem gebe es in Hamburg sogar eine eigene Webseite, die unterschiedliche bürgernahe Informationen in leichter Sprache bereitstellt. Zu finden ist sie unter hamburg.de/barrierefrei/leichte-sprache.