Hamburg. Seit vielen Monaten passiert beim Innenausbau nichts mehr. Wirtschaftskanzlei spricht von Krise und treibt Restrukturierung nun voran.
Das Bergedorfer Tor scheint längst fertig zu sein – zumindest erweckt der äußerliche Anblick dies. Wer jedoch das an der B5 gelegene Geschäftshaus betritt, wähnt sich auf einer nicht abgeschlossenen Baustelle, auf der seit vielen Monaten nicht mehr gebaut wird. Das soll sich 2025 ändern, kündigt die neue Geschäftsführung jetzt an.
Die neuen Verantwortlichen um Oliver Nobel, Lothar Schubert und Michael Zimmermann haben sich fast vier Monate in die Probleme des Baukolosses eingelesen und einen Lösungsplan erarbeitet: „Wir wollen im Jahr 2025 das Bergedorfer Tor fertig bauen, komplett vermieten und ins Bergedorfer Stadtbild implementieren.“
Bergedorfer Tor: Wie es mit dem Geschäftshaus weitergeht
Oliver Nobel ist seit dem 1. April 2004 bei Görg, einer der führenden Wirtschaftskanzleien des Landes, Rechtsanwalt und Partner, zudem seit 2010 Spezialist für Immobilien in der Krise. Für den 42-Jährigen ist klar: „Das Bergedorfer Tor ist in einer Krise.“ Zum ersten Mal hörte er im Herbst 2023 von dem ins Stottern geratenen Projekt seitens dort eingebundener Personen.
Sein Plan ist, den prestigeträchtigen Bau mithilfe einer Restrukturierung zu retten. „Wir präferieren die Restrukturierung, um möglichst vielen, denen noch Geld zusteht, Beträge zu erstatten“, sagt Nobel. Nach seiner Aussage sei es gelungen, frisches Geld für das Projekt zu bekommen. Der Frankfurter Rechtsanwalt taxiert die Gesamtinvestition für das Bergedorfer Tor im unteren dreistelligen Millionenbereich.
Neue Treuhandgesellschaft arbeitet mit Teilauftragnehmern zusammen
Im August 2024 übernahm Nobel die Geschäftsführung der Projektgesellschaft Bergedorfer Tor mit den damaligen Geschäftsführern Karl-Friedrich Konietzky und Peter Appel. Dazu hat er sich starke Partner und Teilauftragnehmer hinzugeholt, so die Hamburger Firma DCD und das Kölner Architektenbüro Michael Zimmermann und Co GmbH.
DCD mit Geschäftsführer und Gründer Lothar Schubert (53) verfolgt die Maxime, Häuser „von der ersten Idee bis zur letzten Schraube“ fertigzustellen. Auch Architekt und Projektentwickler Michael Zimmermann hat Erfahrungen bei der Rettung von halbfertigen Gebäuden.
Pflegedienst wartet seit Spätsommer 2023 auf den Einzug
Baulich nicht abgeschlossen: Das trifft auf die drei Bereiche des Bergedorfer Tors zu, die bis zuletzt die alte Projektgesellschaft managte. So sind beispielsweise Treppenhäuser im Rohbauzustand, fehlen wichtige Kabel oder hängen frei herum, sind Eingangstüren abgeklebt und teilweise ohne Schloss, zeigen Zettelaushänge den Weg zu den Anbietern, müssen viele Mieter gerade im Büroturm und im Medizinischen Zentrum weiter auf ihren Einzug warten.
Fixe Termine dafür können auch die neuen Projektentwickler noch nicht versprechen. Das Pflegezentrum Pro Seniore rechnet stark damit, dass ihre Räume im Baufeld 2 nun endlich im Frühjahr 2025 bezogen werden können. Ursprünglich geplant war das mal für den September 2023.
48.000 Dokumente mussten gesichtet und ausgewertet werden
Die ersten vier Monate in Verantwortung für das Bergedorfer Tor standen und stehen für die Restrukturierungsmannschaft unter der Prämisse, Vertrauen zurückzuholen. Das ist bei vielen, die schon mit dem Projekt zu tun hatten, verloren gegangen – seien es Kapitalgeber, Mieter, Handwerker oder die Bergedorfer Öffentlichkeit.
Oliver Nobel und seine Mannschaft haben zuletzt 48.000 Dokumente von ihren Vorgängern gesichtet, darunter Baupläne, Mietverträge, Schriftverkehre, auch Finanzkalkulationen, dazu wurden unzählige Einzelgespräche mit alten und neuen Baufirmen geführt und natürlich auch den Mieternl. Oliver Nobel: „Wir mussten uns einen eigenen Plan machen, um nun das Projekt vollenden zu können.“
Bergedorfer Tor: Im Ärztehaus sind noch etwa 1000 Quadratmeter Fläche frei
Das soll 2025 geschehen: fertig bauen, alle Flächen vermieten und die Mieter nach und nach einziehen lassen. Ein genauer Zeitplan soll Anfang des neuen Jahres folgen. Zwar hat die Projektgesellschaft laut Lothar Schubert einen „hohen Vermietungsstand geerbt“, jedoch gebe es noch Kapazitäten. Im Ärztehaus sind noch etwa 1000 Quadratmeter Fläche verfügbar, im Büroturm sind es 2300 Quadratmeter. Schubert sieht aber grundsätzlich Licht am Ende des Tunnels – und einen Ist-Zustand, auf dem sich aufbauen lasse: „Die bislang hier beschäftigten Firmen sind in weiten Teilen solche, die ihr Werk auch verstehen.“
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Für die Gastronomiefläche gleich im Erdgeschoss neben dem Schriftzug Bergedorfer Tor wird neu gesucht. Nach dem Rückzug von Mazé Mazé stehen nun 500 Quadratmeter ungenutzt da. Doch Lothar Schubert erkennt Potenzial, rechnet damit, dass im fertigen Bauwerk täglich mehr als 1000 Menschen ein und aus gehen werden. Bei der Größe der Fläche „wird ein Konzept nicht reichen“, so Schubert. Die Gedanken gehen in Richtung mehrerer Anbieter, auch für unterschiedliche Alters- und Zielgruppen.
Görg solle langfristig, auch über Jahre hinweg, den Betrieb des Bergedorfer Tors sichern, sodass vorerst kein Verkaufsdruck entstehe. Der Verkauf an einen Investor bleibe aber letztlich das Ziel. Karl-Friedrich Konietzky und Peter Appel, unter deren Leitung das viel beachtete Bauprojekt begonnen wurde, seien derzeit noch Minderheitsgesellschafter.