Hamburg. Bilder eines legendären Abends im Haus im Park – und Einblicke in den Kanzler-Bungalow: Bergedorfs Rathaus und die Musiktage laden ein.

Erstmals in der mehr als 20-jährigen Geschichte der Bergedorfer Musiktage gibt es in diesem Jahr nach dem letzten Vorhang ein fotografisches Nachspiel. Am Mittwoch, 27. November, eröffnen die Musiktage gemeinsam mit dem Bezirksamt im Foyer des Rathauses die Fotoausstellung „Helmut Schmidt in Bergedorf“ mit Bildern des Bergedorfer Fotografen Michael Zapf. Die Eröffnung mit Sektempfang an der Wentorfer Straße 38 ist um 18.30 Uhr.

Die mehrwöchige Fotoausstellung reiht sich an den musikalischen Erzähl-Abend „Helmut Schmidt am Klavier“, den die Musiktage gemeinsam mit der Bergedorfer Zeitung im April im Haus im Park gestaltet hatten. Schwerpunkt der jetzigen Fotoausstellung im Rathaus ist ebenfalls ein Event im Haus im Park: Dort feierte Helmut Schmidt am 22. Dezember 1988 in eindrucksvoller Gästerunde in seinen 70. Geburtstag hinein.

Ausstellung: Wie Helmut Schmidt in Bergedorf von Weltstars gefeiert wird

Frankreichs früherer Präsident Valery Giscard d‘Estaing mit Gattin, der spätere Bundespräsident Johannes Rau, Bergedorfs großer Mäzen und Schmidt-Duzfreund Kurt A. Körber, der die Feier organisiert hatte, aber auch Showstars wie Peter Ustinov, Heidi Kabel und Freddy Quinn gehörten zu den Gratulanten. Michael Zapf war einer von vielen Fotografen, die das Ereignis mit der Kamera dokumentierten.

Körber führte in seiner launigen Festrede aus: „Helmut, das heißt übersetzt, der uns mit Mut beschützt.“ Damit bezog sich der Gastgeber auf das Krisenmanagement des damaligen Senators der Hamburger Polizeibehörde bei der Flutkatastrophe 1962. Das Programm auf der Theaterbühne begann um 20 Uhr. Loki Schmidt hielt eine Rede für ihren Ehemann und wandte sich an den „Zeit“-Herausgeber Gerd Bucerius: „Bei Ihnen hat Helmut einen neuen Beruf gefunden. Es ist Ihnen zu verdanken, dass er abends fröhlich nach Hause kommt.“ Bucerius hatte Helmut Schmidt nach dessen Kanzlerschaft 1983 als Autor und Mitherausgeber gewinnen können.

Ausstellung vermittelt Eindruck von Helmut Schmidts enger Beziehung zur Musik

Justus Frantz spielte Klavier, Theaterintendant Friedrich Schütter und Kurt A. Körber spielten in Kostümen einen Sketch, und kurz vor Mitternacht nahm der Staatsmann mit Ehefrau Loki und Tochter Susanne auf einem großen Sofa auf der Bühne Platz, wo der zweifache Oscar-Preisträger und Überraschungsgast Peter Ustinov pünktlich um 0 Uhr gratulierte. Die Feier im Bergedorfer Haus im Park kam nicht von ungefähr: Helmut Schmidt, der von 1969 an für die SPD den Wahlkreis Bergedorf im Deutschen Bundestag vertrat und ihn fünfmal in Folge gewann, wurde im Parlament unter dem Namen „Schmidt-Bergedorf“ bekannt – zur Unterscheidung von anderen Abgeordneten, die ebenfalls Schmidt mit Nachnamen hießen.

Einen zweiten Schwerpunkt setzt die Fotoausstellung auf das intensive Verhältnis von Helmut Schmidt zur Musik. Denn ob in seinem privaten Reihen-Doppelhaus in Hamburg-Langenhorn oder im Kanzler-Bungalow in Bonn: Musik spielte neben der Politik immer eine große Rolle im Leben des Staatsmanns, sowohl privat als auch öffentlich in seinen diversen Ämtern. „Warum muss es bei der Bundeswehr immer nur Marschmusik geben?“, fragte er sich etwa 1970 bald nach seinem Amtsantritt als Bundesverteidigungsminister.

Helmut Schmidt am Klavier mit dem London Philharmonic Orchestra

„Einen neuen Sound für eine moderne Armee“, wünschte sich der musikbegeisterte Minister, als er 1971 die Initialzündung für das „Schauorchester der Bundeswehr“ gab. Jazz und Swing statt Marschmusik schwebten ihm vor. Sein Ministerium beauftragte deshalb Günter Noris, ein Schauorchester aufzubauen. Der Jazz-Pianist, Komponist und Arrangeur, der bereits Hildegard Knef musikalisch begleitet hatte, tat dies mit Erfolg. Im Juni 1971 trat das Orchester in Bonn erstmals öffentlich auf. Im Mai 1972 folgte bei der Einweihung des Münchner Olympiastadions der erste größte Auftritt vor einem Millionenpublikum.

Mehr zum Thema

„Wenn mein Arbeitstag nach 15 Stunden abends noch etwas Zeit lässt, setze ich mich zur Entspannung ans Klavier oder an die Orgel“, sagte Helmut Schmidt einmal als Kanzler. „Am liebsten improvisiere ich dann dilettantisch vor mich hin.“ Weniger dilettantisch dürfte 1981 ein Trip des Kanzlers nach London verlaufen sein, den eine Zeitschrift später als „geheime Kommandosache“ bezeichnete: In den legendären Abbey Road Studios, wo einst die Beatles ihre Platten produzierten, nahm Helmut Schmidt am Flügel Platz und spielte zusammen mit Christoph Eschenbach, Justus Frantz und dem London Philharmonic Orchestra Mozarts Konzert für drei Klaviere ein.

Fotos aus Helmut Schmidts Kanzler-Bungalow sind ebenfall zu sehen

Drei Jahre später erschien seine Einspielung von Bachs Konzert für vier Klaviere und Streicher, die er gemeinsam mit Eschenbach, Frantz, Gerhard Oppitz und den Hamburger Philharmonikern aufgenommen hatte. Beide Tonträger finden sich nach wie vor in der mit 2500 Platten sehr umfangreichen Sammlung von Loki und Helmut Schmidt am Neubergerweg 80 in Hamburg-Langenhorn. Eindrücke aus dem Kanzler-Bungalow gehören jetzt ebenfalls zur Ausstellung im Bergedorfer Rathaus. Sie stammen ebenfalls von Michael Zapf.