Hamburg. Seit fast 30 Jahren gibt es „Cult“ an der Alten Holstenstraße. Inhaberin Jasmin Beck über Trends und was ihre Tätowierer nicht machen.
Egal ob Piercings oder Tätowierungen – Körperschmuck ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und zwar schon eine ganze Weile, wie Jasmin Beck beobachtet. Seit 1998 arbeitet die 49-Jährige im Studio „Cult“ in der Alten Holstenstraße 61 in Bergedorf. Mittlerweile ist sie die Inhaberin des Ladens und hat ihr Geschäft gerade gründlich renoviert. „Es gab junge Mädchen, denen wir ein Bauchnabelpiercing gestochen haben – die kommen jetzt mit ihren Töchtern zu uns“, erzählt Beck. Die Mutter-Tochter-Duos lassen sich gern auch einmal passende Tattoos auf die Haut bringen.
Die Kunden des Bergedorfer Traditionsgeschäfts kommen aus allen Gesellschafts- und Altersschichten, mittlerweile trauen sich auch Menschen über 70, sich die erste Tätowierung stechen zu lassen. „Manchmal glaubt man nach dem ersten Eindruck kaum, was die Leute sich von uns wünschen“, sagt Beck. Während früher angesagte Motive wie Tribals, Rosen oder auch mal Marylin Monroe auf dem Arm dominierten, sieht die Studio-Inhaberin heute einen eindeutigen Trend hin zum besonders individuellen Hautschmuck.
Im Tattoostudio „Cult“ in Bergedorf lassen sich auch 70-Jährige Tattoos stechen
Die Zeiten, in denen viele Menschen einfach ein vorgefertigtes Motiv aussuchten, sind vorbei. „Die Kunden sind anspruchsvoller geworden“, sagt Jasmin Beck erfreut. Da die meisten Tätowierer heute ihre Arbeiten auf Instagram zeigen, gibt es mehr Vergleichsmöglichkeiten als früher.
Die Tattoo-Künstler bei „Cult“ fertigen daher immer häufiger aufwendige Zeichnungen an, nachdem sie sich mit den Kunden beraten haben. Auch bunte Tätowierungen sind wieder möglich, nachdem ein EU-Verbot der meisten Farben 2023 die Branche verunsicherte. Mittlerweile gebe es aber genug Alternativen, die den neuen Richtlinien genügen, sagt Jasmin Beck.
Nicht jedes gewünschte Motiv wird gestochen
Jeden Wunsch erfüllt das Team von Jasmin Beck aber ganz bewusst nicht. „Bei jungen Leuten machen wir keine Tattoos auf Hände, Hals oder Gesicht“, so Beck. Oft könnten die Kunden davon überzeugt werden, erst einmal an einer weniger auffälligen Körperstelle anzufangen. Auch bei einem Tattoo-Klassiker mit großem Reuepotenzial treten die Experten auf die Bremse: Namen von Partnerinnen und Partnern.
Ein weiteres No-Go für Jasmin Beck sind politische Symbole. Auch bei sonstigen Körpermodifikationen bleibt es in der Alten Holstenstraße klassisch: „Zunge spalten oder Elfenohren, das machen wir alles nicht“, sagt die 49-Jährige. Sie selbst ist übrigens weder gepierct noch tätowiert. „Ich wollte das entweder ganz oder gar nicht machen – und habe mich für gar nicht entschieden.“
Tätowiert wird im „Cult“ erst seit 2003. Ursprünglich startete das Unternehmen 1991 unter dem Namen „Silver Art“ in der Alten Holstenstraße 52 als Schmuckgeschäft der Brüder Andreas und Oliver Lehmberg, um ihr Medizinstudium zu finanzieren. „Silver Art“ existiert bis heute im Sachsentor unter der Leitung von Mark Pohlmann. Die Brüder Lehmberg konzentrierten sich dagegen zunehmend auf Piercing und betrieben zeitweise Standorte in der Hamburger City, in Flensburg, Kiel, Elmshorn und auf Ibiza.
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Neben Piercings und Tätowierungen wird jetzt auch Kosmetik angeboten
Die beiden Brüder arbeiten mittlerweile beide als Ärzte, das „Mutterschiff“ befindet sich seit 28 Jahren im Haus Alte Holstenstraße. Gerade hat Jasmin Beck dem Laden einen frischen Anstrich und eine neue Inneneinrichtung verpasst. Jetzt steht ein dritter Raum zur Verfügung, in dem die Tätowierer arbeiten können und neben Piercings und Tattoos wird das „Cult“ in Zukunft auch Behandlungen durch eine Kosmetikerin anbieten – von klassischen Gesichtsbehandlungen bis hin zu Permanent Make-up. Auch eine Heilpraktikerin bietet mehrmals im Monat Termine im Laden an.
Malte Landmann, als Inhaber der Firma Mewes für die Verwaltung der Immobilie verantwortlich, freut sich, dass sich mit „Cult“ ein Traditionsgeschäft in der Alten Holstenstraße seit fast drei Jahrzehnten halten kann, auch wenn Dauerbaustellen und die Corona-Pandemie Jasmin Beck und ihrem Team mächtig zusetzten. Um den Bereich aufzuwerten, wünschen sich Landmann und Beck eine weitere Aufwertung des nahegelegenen Reetwerders. „Wir sind hier im Zentrum des RISE-Gebiets. Man sollte die Gegend hier auch als zentralen Ort verstehen“, so der Immobilienfachmann, der sich auch eine Umgestaltung des Bahnhofs und dessen Umgebung wünscht: „Momentan gibt das ein beklagenswertes Bild ab.“
Wenn es nach Jasmin Beck geht, wird sie das „Cult“ jedenfalls bis zur Rente weiter betreiben. Am Sonnabend, 16. November, feiert sie das Ende der Renovierungen von 11 bis 18 Uhr. Bergedorfer, Lohbrügger und alte Bekannte sind eingeladen, auf ein Getränk vorbeizukommen. Ein DJ soll für gute Stimmung sorgen, eine Tombola für einen guten Zweck ist ebenfalls geplant. Und natürlich können sich Besucher auch spontan ein Piercing oder Tattoo stechen lassen.