Hamburg. Das 2018 wegen Überbelegung geräumte Gebäude am Reetwerder soll endlich zwangsversteigert werden. Der Verkehrswert ist festgelegt.

Sie lebten hier in drangvoller Enge, teilweise ohne Wasser und Strom, aber zu völlig überhöhten Mieten: Etwa 160 Menschen waren vor sechs Jahren in dem Gründerzeithaus an der Ecke Alte Holstenstraße/Reetwerder unter unwürdigen Hygienebedingungen untergebracht. Nur weil ein Kabel brannte, flog das im Jahr 2018 auf – und sorgte über Hamburg hinaus für Schlagzeilen über das „Ekelhaus“ in Bergedorf. Das Bezirksamt ließ das Gebäude noch im selben Jahr zwangsräumen, doch danach tat sich, außer Streit hinter den Kulissen, nicht viel. Nun wird sich die Zukunft des Hauses bald entscheiden.

Denn das Oberlandesgericht bestätigt einen NDR-Bericht, nach dem das Haus bald unter den Hammer kommen soll. „In der Tat gehen wir derzeit davon aus, dass es im Frühjahr 2025 zu einem Zwangsversteigerungstermin in dieser Sache kommen soll“, schreibt auf Nachfrage Marayke Frantzen, Richterin am Oberlandesgericht und Leiterin der Gerichtspressestelle. Sieben Jahre sind dann seit der Räumung vergangen; ebenso lange steht das Haus leer und wird zwangsverwaltet.

„Ekelhaus“ am Reetwerder in Bergedorf wird 2025 zwangsversteigert

Auch der Verkehrswert ist inzwischen angesetzt: Er beläuft sich auf sechs Millionen Euro. Der Verkehrswert ist der Preis, der vermutlich bei einem freien Verkauf der Immobilie erzielt werden könnte. Der erste Beschluss dazu datierte von Mai 2020, doch danach musste ein zweites Gutachten vorgenommen werden. Grund: Die Noch-Eigentümerin hatte Beschwerde gegen den Verkehrswert eingelegt. Der Beschluss von Juli 2024 gilt nun aber. „Gegen diesen Beschluss gibt es keine Rechtsmittel mehr. Ein weiteres Gutachten ist nicht geplant“, sagt Marayke Frantzen.

Noch in diesem Jahr soll ein Termin für die Zwangversteigerung im nächsten Frühjahr anberaumt werden. Erst danach können Interessenten beim zuständigen Amtsgericht nähere Informationen zum Zustand des Gebäudes erfahren, etwa durch Akteneinsicht oder Gutachtenabfrage. Wie groß der Sanierungsbedarf ist, ist aktuell nicht bekannt. 2021 hatte die Zwangsverwalterin allerdings einige Arbeiten am Haus beauftragt.

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Unterdessen ist bereits im Juli gegen die Noch-Eigentümer des Gebäudes Anklage beim Amtsgericht Hamburg erhoben worden, informiert die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage. „Mit der Anklage wird zwei Beschuldigten Wucher im besonders schweren Fall in fünf Fällen zur Last gelegt“, so Sprecherin Mia Sperling-Karstens. „Eine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist nach hiesiger Kenntnis noch nicht erfolgt, etwaige Hauptverhandlungstermine gibt es bislang noch nicht.“