Hamburg. Denkmalgeschütze Immobilie machte 2018 als „Ekelhaus“ Schlagzeilen. Seitdem sind Gerichte und Staatsanwaltschaft aktiv – ohne Ergebnis.
Mehr als sechs Jahre ist es her, da erschütterte ein beispielloser Skandal den Bezirk Bergedorf: Denn ein Kabelbrand in einem Gründerzeithaus an der Ecke Reetwerder/Alte Holstenstraße offenbarte dort schlimme Lebensbedingungen. Wohl mehr als 160 Menschen, überwiegend Rumänen, lebten in drangvoller Enge zu wohl überhöhten Mieten in dem Haus, teils ohne Wasser und Strom, dafür mit viel Gerümpel. Der Bezirk musste das Haus später für unbewohnbar erklären, ließ es im Mai 2018 zwangsräumen –und auch die gewerblichen Mieter im Erdgeschoss zogen nach und nach aus.
Seitdem steht das frühere „Ekelhaus“ leer. Nur hinter den Kulissen tat sich zunächst noch einiges: Die Eigentümerin wurde von den Behörden aufgefordert, die zahlreichen Mängel zu beheben, legte aber gegen fast alle Bescheide Widerspruch ein. Später wurde ein Zwangsversteigerungsverfahren eröffnet und eine Zwangsverwalterin bestellt, die 2021 nötigste Reparaturen am Haus vornehmen ließ. Seitdem jedoch ist offenkundig nichts passiert. Nur: Warum nicht?
Immobilien Hamburg: Gründerzeithaus in Toplage Bergedorfs steht seit Jahren leer
Wer bei den Behörden und den zuständigen Gerichten nachfragt, erhält eher dürre Auskünfte. Denn tatsächlich dauert nach Kenntnis des Bezirksamtes „sowohl die Zwangsverwaltung als auch die Zwangsversteigerung und das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Eigentümerin“ noch an, heißt es von dort auf Nachfrage. Doch warum dauert das so lange?
Eine Sprecherin des Hamburger Landgerichtes bestätigt zunächst, dass es am Amtsgericht Hamburg immer noch ein Zwangsversteigerungsverfahren zu der genannten Immobilie gibt. Doch: „In diesem Verfahren konnte bis zum jetzigen Zeitpunkt kein Zwangsversteigerungstermin angesetzt werden, da es eine Beschwerde gegen die Verkehrswertfestsetzung gegeben hat.“
Der Eigentümerin schien der ermittelte Verkehrswert möglicherweise nicht hoch genug, ein zweites Gutachten sollte her. Daraufhin wurde das Verfahren vom Amtsgericht Bergedorf an das zuständige Landgericht Hamburg zur Entscheidung über den Verkehrswert abgegeben. Allerdings war das laut damaligen bz-Berichten schon im Jahr 2020. „Hier hat es bereits zwei umfangreiche Sachverständigengutachten gegeben, die Zeit in Anspruch genommen haben“, so die Sprecherin des Hamburger Landgerichtes weiter. Hinzu komme, dass den Beteiligten jeweils mehrere Fristen gewährt werden müssten, um Stellung zu nehmen. Aktuell laufe noch eine Frist zur Stellungnahme über ein Ergänzungsgutachten, heißt es weiter.
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Wann nun diese Frist endet und das eigentlich sehr stattliche, denkmalgeschützte Gründerzeithaus einen neuen Besitzer und eine neue Verwendung finden kann, dazu gibt es keine weiteren Informationen. Dafür die Aussage eines weiteren Gerichtssprechers: „Es handelt sich um ein sehr streitiges Verfahren, in dem die Wertfestsetzung und die dafür erforderlichen Schritte zu einer weit überdurchschnittlichen Verfahrensdauer führen.“ Diese werde in weiten Teilen „durch die Beteiligten und andere Faktoren bestimmt, die außerhalb des gerichtlichen Einflussbereichs liegen“.
Auch die Vorwürfe gegen die Eigentümerin in Sachen der Überbelegung und der mutmaßlich deutlich zu hohen Mieten sind noch nicht geklärt. Auf Nachfrage informiert die Staatsanwaltschaft, dass bei ihr „ein entsprechendes Ermittlungsverfahren wegen Wuchers geführt“ werde, so Sprecherin Liddy Oechtering. Die Ermittlungen in diesem Verfahren würden noch andauern, da unter anderem „Akten aus den parallel geführten Zivilverfahren angefordert und ausgewertet werden“ müssten. Auch da ist ein Ende nicht absehbar: „Wann die Ermittlungen abgeschlossen sein werden, ist derzeit nicht genau zu prognostizieren.“