Hamburg. Hanna (33) und Moritz von Lingen (29) teilen sich eine Stelle im Pfarrsprengel Vierlande. Warum sie an die Zukunft der Kirche glauben.

In das Pastorat in Altengamme ist wieder Leben eingekehrt: Nachdem Pastor Martin Waltsgott nach seinem Eintritt in den Ruhestand aus dem reetgedeckten Fachwerkhaus an der Kirchenstegel ausgezogen war, haben dort gleich zwei Vertreter der Kirche mit ihren beiden Kindern ein neues Zuhause gefunden. Hanna und Moritz von Lingen sind „die Neuen“ im Pfarrsprengel Vierlande und komplettieren von nun an das Pfarrteam.

Ihr Einzug in das Altengammer Pastorat ist zugleich ein Zeichen, wie der Pfarrsprengel in der Praxis gelebt wird. Denn nachdem Pastorin Doris Spinger nach Barmbek gewechselt war, ist die Stelle, die sich das Paar teilt, faktisch in Neuengamme angesiedelt. Wohnen wird es aber in einem anderen Dorf der Vierlande – und dort ebenso Aufgaben wahrnehmen wie in Curslack und auch in Kirchwerder. „Wir freuen uns darauf, nun alle Gemeinden und ihre Menschen kennenzulernen und sind sehr neugierig, wer uns begegnet“, sagt Hanna von Lingen.

Junges Pastorenpaar bringt frischen Wind in die Vierlande

Die Vierlande sind kein unbekanntes Terrain für die 33-Jährige: Aufgewachsen in Nettelnburg, besuchte sie das Hansa-Gymnasium in Bergedorf, wo sie bereits einige Vierländer Freunde hatte, berichtet sie. Vor allem auch während ihres Vikariats in der Curslacker Kirchengemeinde lernte Hanna von Lingen in den vergangenen zwei Jahren bereits vieles über Land und Leute kennen. Darauf freut sich nun auch ihr Mann Moritz, der in Ostfriesland und Hannover aufwuchs und sein Vikariat in Wentorf absolvierte, während die Familie in einer Wohnung in Lohbrügge lebte.

Der Umzug nach Altengamme soll nun erstmal der letzte gewesen sein: „Jetzt möchten wir zur Ruhe kommen“, sagt Moritz von Lingen und denkt dabei vor allem auch an die fünfjährige Tochter und den vierjährigen Sohn, die zuvor schon mit ihren Eltern aus Göttingen nach Hamburg umgezogen waren. In der Universitätsstadt in Südniedersachsen hatte sich das Paar während der Studienzeit auf einer Exkursion nach Israel kennenlernt: „Wir erfüllen also ganz das Klischee eines Theologenpärchens“, sagt Hanna von Lingen mit einem herzlichen Lächeln im Gesicht.

Pastor in der vierten Generation und Theologin mit Doktorarbeit

Dabei wollte Moritz von Lingen eigentlich was anderes machen, schließlich waren schon seine Eltern, sein Großvater und Urgroßvater und auch der Gastvater während eines Austauschjahres in den USA Pastoren gewesen. Er war bereits für Psychologie eingeschrieben, als er es sich am letzten Tag vor Unibeginn doch noch entschied, es mit der Theologie zu probieren. Es sollte die richtige Entscheidung gewesen sein, die er mit den Fächern Politik- sowie Islamwissenschaften ergänzte.

Hanna und Moritz von Lingen
Das Pastorenpaar Hanna und Moritz von Lingen an der Elbe. Der Fluss ist hier als Symbol zu verstehen, dass sie für die Vierlande und nicht nur eine Gemeinde zuständig sind. © FS BILDPOESIE | FS BILDPOESIE

Auch seine Frau hatte zunächst einen anderen Berufsweg verfolgt und Religion auf Lehramt studiert. Doch mit der Zeit habe sie festgestellt, wie viel Spaß ihr das Theologiestudium machte und mit großer Leidenschaft versucht, Antworten auf die großen Fragen zu finden. Sie habe auch eine Doktorarbeit abgeschlossen, berichtet Hanna von Lingen. Es reifte die Entscheidung, dass Pastorin ein sehr schöner Beruf sein könnte.

Pastorenpaar betreibt seit dem Vikariat einen eigenen Instagram-Account

Doch hat der in der Zeiten abnehmender Zahlen von Gemeindemitgliedern und Pfarrstellen überhaupt noch eine Zukunft? Auf jeden Fall, meinen Hanna und Moritz von Lingen. Schließlich habe sich Kirche im Laufe der Jahrtausende immer wieder verändert. So verstehen sie auch die aktuellen Veränderungen, wie die Arbeit im Pfarrsprengel, als große Chance. Durch die Zusammenarbeit im Team sei man stärker und jeder könne sich nach seinen Fähigkeiten einbringen, meint Hanna von Lingen.

Sich zum Start in das Berufsleben eine Stelle zu teilen, konnte sich das Paar gut vorstellen, schließlich habe es zwischen ihnen schon während des Vikariats einen kollegialen Austausch gegeben, erklärt Hanna von Lingen. In der Zeit starteten sie auch ihren Instagram-Account Quellen und Eisberge (quellenundeisberge). Zu dem Titel inspiriert hatte sie Philosoph Hans Blumenberg. Neben der belebenden und inspirierende Quelle auf der einen Seite würde es im Leben eben auch Eisberge geben, die für Konflikte und eine unsichtbare Gefahr stehen, erklärt das Paar. Neben Metaphern und Sinnsprüchen kann auch das pastorale Leben des Paars dort verfolgt werden.

Leidenschaftliche Camper, Football-Fan und Strickerin

Sich eine Stelle zu teilen, bedeute aber nicht, dass sie die doppelte Arbeitskraft mitbringen. Viel mehr müsse man lernen, sich auch mal zurückzunehmen, weiß Moritz von Lingen. Besonders gut gelingt ihnen das, wenn sie in ihren schwarzen Bulli steigen und losfahren, etwa in die Heide, nach Mecklenburg-Vorpommern oder sehr gern auch nach Skandinavien. „Dann sind wir einfach raus und können total abschalten“, sagt Hanna von Lingen.

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Leidenschaftlich gern verfolgt der 29-Jährige Spiele der National Football League (NFL) in den USA, vor allem von seinem Lieblingsteam, den Kansas City Chiefs. Derweil findet seine Frau ihren Ausgleich beim Stricken, „sehr gern Norwegerpullis“, erklärt die Skandinavien-Liebhaberin. Ob beim Handarbeiten oder auch Gärtnern: „Vielleicht gibt es da von den Vierländern noch den ein oder anderen Tipp“, sagt die 33-Jährige.

Am ersten Advent wird das Paar offiziell von der neuen Pröpstin ins Amt eingeführt

Den ersten Gottesdienst in den Vierlanden leitet Moritz von Lingen am Volkstrauertag (17. November) in Neuengamme, eine Woche später am Ewigkeitssonntag (24. November) wird Hanna von Lingen in der Kirche an der Feldstegel auch an die Verstorbenen des Jahres erinnern. Offiziell eingeführt in ihr neues Amt wird das Paar am 1. Advent (1. Dezember) mit der neuen Pröpstin Carolyn Decke in Neuengamme.