Hamburg. Die Gemeinde St. Johannis war ihre erste Pfarrstelle nach dem Vikariat. Warum die 59-Jährige nun einen Neuanfang in der Stadt will.

„Auf das, was da noch kommt“ – mit dem Titel des Duetts von Max Giesinger und Lotte hat Doris Spinger ihren Beitrag im aktuellen Gemeindebrief überschrieben. Und das wird mit großer Wahrscheinlichkeit der letzte Text sein, den die Pastorin dort veröffentlichen wird. Denn die 59-Jährige wird die Neuengammer Gemeinde St. Johannis und den Pfarrsprengel Kirche in Vierlanden verlassen.

Im Oktober wird Doris Spinger eine neue Stelle antreten und dann die Kreuzkirche und Frohbotschaftskirche in Barmbek und Dulsberg als Pastorin betreuen. Und man merkt, dass die 59-Jährige Lust auf einen beruflichen Neuanfang hat, darauf, Neues zu entdecken und zu erfahren, ihre Arbeit noch einmal neu kennenzulernen – und das bringt die Liedzeile ganz treffend auf den Punkt.

Nach 29 Jahren in Neuengamme: Pastorin Doris Spinger zieht es in die Stadt

Mit ihrem Mann wird sie in eine Pastorenwohnung mit Dachterrasse im Herzen von Barmbek ziehen. „So urban habe ich noch nie gewohnt“, stellt Doris Spinger fest, die aus Dithmarschen stammt und in Tönning bei St. Peter-Ording ihr Vikariat absolviert hat. Danach kam sie direkt nach Neuengamme. Nun freut sie sich auf die Stadt, mal keinen Rasen mehr zu mähen oder die Hecke zu schneiden, stellt Doris Spinger fest. Sie freut sich darauf, die Nachbarschaft zu Fuß zu entdecken und auf die Menschen und das Leben in der Gemeinde.

Und das sei durchaus dörflicher, als sie zunächst vermutet hatte: So gibt es dort ebenso einen Erntedankumzug mit Spielmannszug. Nach ihrem Vorstellungsgottesdienst sei zudem eine der ersten Fragen gewesen, ob sie denn auch Plattdeutsch sprechen könne, schließlich sei der Gottesdienst am Zweiten Weihnachtsfeiertag traditionell op Platt, berichtet Doris Spinger. Plattdeutsch zu sprechen, habe sie in den vergangenen 29 Jahren zwar nicht richtig gelernt, verstehen kann sie es aber allemal.

Bei der Entwicklung des Pfarrsprengels eher ein Bremsklotz statt Motor

Schon vor etwa sieben Jahren habe sie mit dem Gedanken gespielt, noch einmal etwas Neues zu wagen, wünschte sich, mehr im Team zu arbeiten. Mit der Gründung des Pfarrsprengels bekam sie dann mit Alexander Braun und Nils Kiesbye sowie später auch Gregor Brysch nette Kollegen an ihre Seite – und vertagte die Entscheidung doch einmal. Nun aber sei ein guter Zeitpunkt gekommen, zu gehen, meint Doris Spinger.

Die Kirche St. Johannis mit frei stehendem Glockenturm gehört zu den ältesten noch erhaltenen Kirchengebäuden auf Hamburger Stadtgebiet.
Die Kirche St. Johannis mit frei stehendem Glockenturm gehört zu den ältesten noch erhaltenen Kirchengebäuden auf Hamburger Stadtgebiet. © NEWS & ART | Carsten Neff

Denn die beiden Söhne (23 und 27 Jahre) sind inzwischen erwachsen, und der Pfarrsprengel soll sich nach dem Abschied von Altengammes Pastor Martin Waltsgott in den Ruhestand noch weiter entwickeln. Dabei sieht sie sich selbst eher als Bremsklotz statt als Motor. Denn wenn man so viele Jahrzehnte in einer Gemeinde gearbeitet und Familien in unterschiedlichen Situationen begleitet habe, könne man ihnen schlecht einen Wunsch abschlagen, erklärt Doris Spinger.

Pastorin will raus aus ihrer Komfortzone

Im Pfarrsprengel kommt es aber genau darauf an, dass sich das Pastoren-Team die Aufgaben in den verschiedenen Stadtteilen teilt, nicht mehr jede Kirche ihren Pastor oder ihre Pastorin hat. Doris Spinger würde mittlerweile ihre ehemaligen Konfirmanden trauen oder auch Freunde und Bekannte beerdigen. Es sei schön, so vertraut mit den Menschen der Gemeinde zu sein, betont Doris Spinger. Dennoch wolle sie nun raus aus ihrer Komfortzone. „Ich bin sehr dankbar für die gute Zeit, die ich hier hatte, und die vielen Menschen, die mich begleitet haben und die für mich da waren“, sagt die 59-Jährige.

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Ihre Kollegen im Pfarrsprengel könnten sie gut verstehen und würden ihre Entscheidung unterstützen. Von vielen Gemeindemitglieder habe sie aber häufiger den Satz zu hören bekommen: „Ich dachte, du beerdigst mich noch.“ Dabei möchte die Pastorin viel lieber mit ihren Gemeindemitgliedern feiern, anstatt sie unter die Erde zu bringen. Deswegen habe sie sich für ihren Abschied auch ganz bewusst eine Party gewünscht und keinen Empfang mit Butterkuchen und Kaffee, betont Doris Spinger.

Zum Abschied gibt‘s eine Party statt Butterkuchen und Kaffee

Das Datum steht bereits fest: Am 22. September wird um 16 Uhr ein Gottesdienst in der Kirche St. Johannis an der Feldstegel gefeiert. Was sie danach erwartet, wird auch für Doris Spinger eine Überraschung sein. „Ich weiß nur, dass sich ein Festausschuss dafür gebildet hat“, sagt sie. Und auch an ihrer Nachfolge werde gearbeitet: Dass ihre Pfarrstelle nachbesetzt werden, stehe definitiv fest, am liebsten solle eine junge Kollegin oder junger Kollege frischen Wind in den Pfarrsprengel bringen, meint Doris Spinger.