Hamburg. Die Nachnutzung des denkmalgeschützten Beton-Gebäudes in Bergedorf wird kompliziert. Bis April 2025 soll eine Marschroute feststehen.
Gerade hat der Hamburger Senat die Planungen für den neuen Stadtteil Oberbillwerder übernommen. Wenn das Mega-Projekt wie geplant umgesetzt wird, könnte die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) gegen 2030 dort einen Neubau beziehen. Was mit dem alten Standort der HAW in Lohbrügge passiert, ist bislang offen. Die Bergedorfer Bezirkspolitik hat jetzt einem Antrag der SPD zugestimmt. Demnach soll das Bezirksamt bis April 2025 unter anderem einen Zeitplan für die Entwicklung des Areals erstellen und Konzepte für eine umfangreiche Bürgerbeteiligung vorlegen.
Einen neuen Verwendungszweck für das HAW-Gebäude mit seinen 32.000 Quadratmetern Geschossfläche zu finden, dürfte eine Mammutaufgabe werden. Sonja Jacobsen von der Bergedorfer FDP brachte daher in der Bezirksversammlung sogar die Idee ins Spiel, dass die Bezirksverwaltung in die Hochschule umziehen könnte. Eine besondere Herausforderung: Das Bauwerk aus dem Jahr 1972 steht gerade wegen seiner – für viele Menschen wenig ansprechenden – brutalistischen Beton-Ästhetik unter Denkmalschutz. FDP-Politiker Geerd Dahms, hauptberuflich Denkmal-Gutachter, machte mit deutlichen Worten klar, dass der Spielraum für Umbauten eingeschränkt ist.
FDP schlägt Umzug des Bezirksamts in das HAW-Gebäude in Lohbrügge vor
„Sie machen sich keine Vorstellungen, was an dem HAW-Gebäude alles unter Denkmalschutz steht“, betonte Dahms. Sogar der Parkplatz könne nicht einfach verändert werden. Der Freidemokrat setzte sich deswegen mit seinem Vorschlag durch, die Abstimmung mit der zuständigen Hamburger Behörde ausdrücklich in den Auftrag für die Bezirksverwaltung mit aufzunehmen. Denn: „Wer ohne den Denkmalschutz plant, der wird sich rote Ohren holen“, so der Experte drastisch.
CDU-Fraktionschef Julian Emrich hatte zuvor noch beklagt, dass das Hochschulgebäude nach jetzigem Stand erhalten bleiben muss: „Abriss und Neubau wäre meiner Meinung nach am sinnvollsten.“ Emrich wünschte sich vor allem Wohnungen in dem großen Betonensemble – nach Möglichkeit für Auszubildende und die Studenten der HAW.
Ansiedlung von Nahversorgern im Erdgeschoss
„Es war ja immer der Fehler an der Hochschule, dass die Studenten abends alle zurück nach Hamburg fahren“, so der Christdemokrat. Mit einem entsprechenden Umbau des bisherigen HAW-Standortes könne man die jungen Menschen dazu bringen, auch im Bezirk zu wohnen. Für das Erdgeschoss stellte sich der CDU-Mann die Ansiedlung von Nahversorgern vor.
Während Johan Graßhoff von den Linken einen Schwerpunkt auf sozialen Wohnungsbau forderte, war Sonja Jacobsen von der FDP skeptisch beim Thema Wohnungsbau: „Wir würden gern Arbeitsplätze schaffen. Wohnen lässt sich da wohl nicht so gut umsetzen.“
Tatsächlich hatten sich in der Vergangenheit Architekten wie Klaus Sill, der 2016 die Bibliothek der HAW in Lohbrügge sanierte, ebenfalls kritisch zu diesem Thema geäußert. Mit einer Wohnnutzung würde man das denkmalgeschützte Haus kleinteiliger gestalten und die Großzügigkeit aufgeben. Seine Berufskollegin Alina Nettmann hatte 2023 angemerkt, dass die Brandschutzbestimmungen den Einbau von Wohnungen schwierig machen würden.
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Sonja Jacobsen schlug stattdessen vor, dass das Bezirksamt seine bisherigen Standorte im Rathaus an der Wentorfer Straße und im CCB theoretisch in Lohbrügge zusammenlegen könnte. Auch die Bezirksversammlung könnte nach Ansicht der FDP-Politikerin durchaus in einem Hörsaal der HAW tagen.
Während der Corona-Pandemie hatte die Bezirksversammlung das größere Platzangebot in Lohbrügge bereits genutzt. Egal ob Wohnen, Gewerbe oder Behördenbüros – energetisch ist das Bauwerk höchst problematisch. 2016 waren zumindest in Bibliothek Fenster mit Mehrfachverglasung eingebaut worden.
SPD wolle das Thema möglichst früh für sich reservieren
Dass die Sozialdemokraten die Debatte über die Nachnutzung des Hochschulgebäudes mit ihrem Antrag schon jetzt auf eine offizielle Ebene heben, gefiel den Bergedorfer Grünen nicht. „Das ist mindestens fünf Jahre zu früh“, kommentierte Fraktionschefin Lenka Brodbeck den Vorstoß. Ihr Verdacht: Die SPD wolle das Thema möglichst früh für sich reservieren. CDU-Mann Julian Emrich hielt dagegen: „Es ist nie zu früh“ – und erinnerte daran, wie schnell der Bezirk den Bebauungsplan für das neue Hauni-Gelände auf die Beine stellen musste.