Hamburg. Hamburg will eine „Age-friendly City“ sein, aber es fehlen ambulante Wohn-Pflege-Gemeinschaften. Eine Expertin stellt Wohnformen vor.

Möglichst früh sollten sich Senioren darüber Gedanken machen, wie sie im Alter leben möchten. Denn wer etwa im dritten Stock ohne Aufzug wohnt, kann bei einer Pflegebedürftigkeit schnell Probleme bekommen. Und wer sich einsam fühlt, hat vielleicht lieber hilfsbereite Nachbarn oder Mitbewohner. Was aber gibt es überhaupt für Möglichkeiten, welche Wohnformen werden angeboten? Darüber will der Bergedorfer Grundeigentümerverein informieren und lädt für Mittwoch, 16. Oktober, zu einem kostenfreien Vortrag im Theatersaal der Lohbrügger Bürgerbühne am Neuen Weg 54 ein.

Von 18.30 Uhr referiert Mascha Stubenvoll, Projektkoordinatorin in der 2006 gegründeten, unabhängigen Hamburger Koordinationsstelle für Wohn-Pflege-Gemeinschaften, über Unterstützungsmöglichkeiten und Beratungsstellen. „Eine private Alters-WG funktioniert sehr selten. Denn anders als zu Studentenzeiten möchte man im Alter meist keinen Putzplan mehr abstimmen müssen“, sagt die 47-Jährige. Zudem verweist sie darauf, dass auch eine privat gegründete WG einer städtischen Genehmigung bedarf, sobald ein Pflegebedarf vorliegt.

Senioren Hamburg: Gemeinsames Wohnen und Pflege im Alter

Tipps und Hinweise finden sich im städtischen „Wegweiser für Senioren“, der unter anderem im Bergedorfer Pflegestützpunkt am Weidenbaumsweg 21 und im Rathaus (Wentorfer Straße 38) ausliegt. Demnach gibt es in Bergedorf durchaus viele stationäre Wohneinrichtungen, also klassische Altersheime. Aber bei den ambulanten Angeboten sehe es doch sehr mau aus: „Da ist in den vergangenen Jahren traurigerweise sehr wenig in Bergedorf passiert. Daher ziehen manche Bergedorfer in den Bezirk Nord, wo es weit mehr Angebote gibt“, so Stubenvoll.

Zwar gibt es altersgerechte Service-Wohnanlagen, wie etwa bei der Behrmann-Stiftung oder im Wilhelm-Leuschner-Seniorenheim. Aber neue Projekte seien aktuell nicht geplant. „Und als Alternative gibt es im ganzen Bezirk nur eine einzige Wohn-Pflege-Gemeinschaft“, sagt die Fachfrau und verweist auf die eine Einrichtung am Boberger Anger. Hier leben neun Mieter in eigenen Zimmern, die sich Küche und Wohnzimmer teilen, ihren Alltag mit Unterstützung eines Pflegedienstes gestalten.

Oberbillwerder als Chance für altergerechte Neubauten

Eigentlich hatte die Saga eine weitere Wohn-Pflege-Gemeinschaft an der Von-Haeften-Straße in Neuallermöhe geplant: „Aber obwohl es viele Anfragen für Demenzkranke gibt, die keinen eigenen Haushalt mehr führen können, werden dort wohl andere Menschen einziehen. Es ist einfach kein Dienstleister zu finden, der eine 24-Stunden-Betreuung leistet“, weiß Mascha Stubenvoll: „Das kann ein kleiner Pflegedienst beim aktuellen Personal-Engpass nicht schaffen.“

Als „große Chance“ setzt die Stadtplanerin auf den Bau des neuen Stadtteils Oberbillwerder: „Da müssen Flächen entwickelt werden mit Neubauten für Demenzkranke. Am besten sind Bungalows mit einer Ebene.“ Aktuell leben in Hamburg geschätzt 34.600 orientierungslose Menschen.

2035 werden 21 Prozent der Hamburger über 65 Jahre alt sein

Erst im Juli dieses Jahres hat der Senat mehr als 100 Maßnahmen in einem Aktionsplan aufgelistet, um eine „Age-friendly City“ zu werden. Das Stadtleben soll so gestaltet werden, dass es für ältere Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen zugänglich und inklusiv ist. Schließlich sind aktuell rund 18 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre und älter. Der Bevölkerungsprognose folgend, werden im Jahr 2035 knapp 21 Prozent (421.000 Hamburgerinnen und Hamburger) über 65 Jahre alt sein. Andere Prognosen schauen allein auf die hochbetagten Menschen über 85: Derzeit haben 55.000 Hamburger dieses Alter erreicht, im Jahr 3035 sollen es 71.000 sein, also 3,5 Prozent der Bevölkerung.

Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) will mehr barrierefreie Sitzgelegenheiten in Parks schaffen, eine Fußverkehrsstrategie für ältere Menschen voranbringen, den Ausbau öffentlicher Toiletten und die Förderung altersfreundlicher Wohnungen. Der Landesseniorenbeirat begrüßt all diese Ideen. Seine Vorsitzende, Karin Rogalski-Beeck aus Lohbrügge, betont: „Ganz oben stehen das bezahlbare Wohnen und ein barrierefreier öffentlicher Raum. Vielen Älteren ist auch die Verbesserung der Pflege und der Ausbau der Senioren-Treffs wichtig.“

Eigene Seniorenwohnung, mit Gemeinschaftsraum

Als „ganz neu“ beschreibt Mascha Stubenvoll die Möglichkeit von Haus-Pflege-Gemeinschaften: „Da hat man nicht bloß ein Zimmer, sondern seine eigene Wohnung. Den Gemeinschaftsraum teilt man sich mit bis zu zwölf Menschen und organisiert sich individuell den Pflegebedarf. Man ist also viel selbstbestimmter und kann einzelne Leistungen dazubuchen.“

In jedem Fall, rät die 47-Jährige, sollte man rechtzeitig über solche Wohnformen nachdenken – „bevor es die Kinder tun müssen oder überhaupt niemand da ist, der etwas entscheidet“. Wer ihren Vortrag hören möchte, kann sich per Mail anmelden beim bergedorf@grundeigentuemerverband.de, auch telefonisch: (040 ) 724 72 73.

Vortrag: Hausverkauf bei lebenslangem Wohnrecht

Natürlich gibt es ebenso Bergedorfer Senioren, die gern in ihrem Haus bleiben wollen, auch bei einem Pflegebedarf. Wie aber lässt sich das bezahlen? Auch dazu gibt es einen Vortrag in Bergedorf. „Mit einer Immobilienrente können Eigentümer ein Zusatzeinkommen erzielen und gleichzeitig in ihrem Haus oder ihrer Wohnung wohnen bleiben“, erklärt die WIR WohnImmobilienRente GmbH, deren Vertreter am Donnerstag, 17. Oktober, von 15 bis 16.30 Uhr bei der Volkshochschule an der Leuschnerstraße 21 sind.

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An dem Nachmittags geht es um die Umkehrhypothek, den Seniorenkredit, den Teilverkauf sowie die Wohnrente (auch Leibrente oder Hausrente genannt) als wohl bekanntestes Modell der Immobilienverrentung. Hierbei verkaufen Senioren ihr Eigenheim. Im Gegenzug erhalten sie eine Einmalzahlung oder eine monatliche Rente sowie ein lebenslanges, mietfreies Wohnrecht. „Dadurch“, so die Immobilienspezialisten, „wandeln sie ihr Zuhause in eine stabile Einkommensquelle um, ohne es verlassen zu müssen“.

Die Teilnahme ist kostenlos, doch die Anzahl der Plätze ist begrenzt. So wird eine Anmeldung per E-Mail unter post@immorente.de oder Telefon 040/78 10 27 00 erbeten.