Hamburg. Eigentlich sollte nur das Ehrenbuch digitalisiert werden. Daraus werden nun aufwendige Broschüren über die Kirche in Kirchwerder.

Eigentlich wollten Heinz-Hermann Koops (78, Vorsitzender) und Walter Eckartsberg (79) aus dem Vorstand des Fördervereins St. Severini zu Kirchwerder gemeinsam mit dem Bergedorf-Chronisten Gerd Hoffmann (77) nur den Inhalt des sogenannten „Ehrenbuchs der Kirchengemeinde Kirchwerder“ digital sichern. In dem mehr als 100 Jahre alten, großformatigen Wälzer sind alle aus der Kirchengemeinde stammenden Teilnehmer am Ersten Weltkrieg aufgelistet. Das Buch liegt für jedermann einsehbar in dem Gotteshaus am Kirchenheerweg aus.

Beim Abfotografieren der Seiten merkten die Männer, dass sich das Projekt für eine Broschüre eignet. Gesagt, getan: Der 136 Seiten starke Band „Unser Ehrenbuch“ ist nun für 30 Euro erhältlich. Und weil die ehrenamtlichen Kirchen-Forscher auf den Geschmack gekommen sind, haben sie vier weitere Broschüren in Angriff genommen, die sich alle der Kirche und den angrenzenden Gebäuden widmen. So liegt bereits auch eine „Dokumentation des Innenraums“ der Kirche (86 Seiten, mehr als 250 Abbildungen, 25 Euro) vor.

St. Severini Kirchwerder: Förderverein sichert historisches Erbe

Für die Innenraum-Dokumentation betrieben die Männer besonders großen Aufwand: Sie trafen sich an drei Nachmittagen in der Kirche, bauten eine professionelle Beleuchtung auf und machten Aufnahmen vom Innenraum, den Grabplatten im Brauthaus und vor dem Altar, von Kanzel, Orgel und Altar, den Bänken und den darauf verewigten Texten, den Hutständern und vielem mehr.

Nach der Sichtung der mehr als 700 Fotografien entwickelte Hoffmann die Broschüre. Er kümmerte sich um das Layout und den Druck, schrieb auch die Texte zu den Bildern. Für die Beschreibung der Abbildungen konnte er neben Dokumenten des Fördervereins auf sein umfangreiches „Archiv Ludwig Uphoff“ zurückgreifen.

Im Ehrenbuch auch ein Bericht eines Lehrers aus der Zeit des Ersten Weltkriegs

Hoffmann übernahm es bereits 1970 von seinem gleichnamigen Großvater. In dem Archiv finden sich etliche Veröffentlichungen, Dokumentationen und Zeitungsartikel. Der fertige Band enthält unter anderem Texte von Dr. Ferdinand Ahuis, früher Pastor in Kirchwerder, sowie Artikel von dem Journalisten Peter von Essen und Hermann Schween (✝), dem früheren Lehrer am Hansa-Gymnasium.

Gerd Hoffmann schoss für den Band  „Dokumentation des Innenraums“ mehr als 700 Fotos in der Kirche, darunter zahlreiche Detailaufnahmen.
Gerd Hoffmann schoss für den Band „Dokumentation des Innenraums“ mehr als 700 Fotos in der Kirche, darunter zahlreiche Detailaufnahmen. © Gerd Hoffmann/Förderverein St. Severini zu Kirchwerder | Gerd Hoffmann

In der Broschüre „Unser Ehrenbuch“ ist neben sämtlichen Namen der Kriegsteilnehmer auch ein handschriftlicher Zeitbericht eines damaligen Lehrers der früheren Schule Kirchwerder-Howe am Kirchwerder Elbdeich enthalten – in Sütterlin-Schrift In dem Text berichtet der Mann über das Leben an seiner Schule in der Zeit des Ersten Weltriegs. Neben dem Originaltext findet der Leser eine Übersetzung ins Hochdeutsche von Bernd Reinert, Lehrer im Ruhestand aus Kirchwerder.

Ein fünfter Band ist in Planung. Er wird sich dem dörflichen Leben vor 100 Jahren widmen

Die Veröffentlichungen des Fördervereins erscheinen alle als Farb-Digitaldruck im DIN-A4-Hochformat (Paperback). Die Bände „Friedhof & Kirchturm“ und „Kirchengebäude & Pastorat“ sind in der Endbearbeitung, werden einen Umfang von jeweils rund 90 Seiten haben. Sie sollen bis zum Jahresende veröffentlicht werden.

Der fünfte Band ist in Planung, wird vermutlich Anfang 2025 erscheinen. In ihm widmet sich federführend Carl-Heinz Möller, der ebenfalls im Vorstand des Fördervereins ist, dem dörflichen Leben um die Kirche herum vor rund 100 Jahren. „In dem Text-Bild-Band präsentieren wir viele historische Aufnahmen, denen wir aktuelle Fotografien gegenüberstellen“, sagt Eckartsberg. Die Bilder stammen abermals aus Hoffmanns Archiv, aber auch von Nachbarn, die von den Projektbetreibern angesprochen wurden. „Wir haben viele Familienfotos zur Verfügung gestellt bekommen“, sagt Koops. Etwa 100 Fotos und Landkarten-Ausschnitte sollen in der Broschüre abgebildet werden.

Blick von oben auf Kirchenbänke in St. Severini zu Kirchwerder.
Blick von oben auf Kirchenbänke in St. Severini zu Kirchwerder. © Gerd Hoffmann/Förderverein St. Severini zu Kirchwerder | Gerd Hoffmann

Nach der Fertigstellung aller fünf Bände wird der Förderverein die Broschüren und die Bilddateien sowohl der Kirchengemeinde als auch dem Archiv des Kirchenkreises übergeben. „Der Förderverein hat das Projekt vorfinanziert, bisher in die Herstellungskosten etwa 1500 Euro investiert“, sagt Koops. Es gehe nicht darum, mit den Broschüren Geld zu verdienen, betont der Förderverein-Vorsitzende: „Wir sind froh, wenn wir die Kosten durch den Verkauf der Bände decken können.“

Die beiden ersten Broschüren sind auch beim „Tag des offenen Denkmals“ erhältlich

Erhältlich sind die ersten beiden Bände, die vorerst in kleiner Auflage erschienen sind, im Gemeindebüro, das sich wegen Baumaßnahmen derzeit im Pastorat am Kirchenheerweg 6 befindet. Geöffnet ist es montags, donnerstags und freitags von 8 bis 12 Uhr sowie dienstags von 16 bis 18 Uhr.

Die Kirchengemeinde beteiligt sich am „Tag des offenen Denkmals“ am Sonntag, 8. September. In der Zeit von 13 bis 17 Uhr haben Besucher die Möglichkeit, die Broschüren in einem Zelt des Fördervereins vor dem Gotteshaus zu erwerben. Parallel werden Führungen, Kaffee, Kuchen und Kaltgetränke angeboten. Um 17 Uhr beginnt ein Konzert mit Werken von Beethoven, Bach, Brahms und weiteren Komponisten. Dargeboten wird es von Anastasia Büchner (Geige) und Kata Szabo (Orgel). Der Eintritt ist frei. Spenden sind erwünscht.

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Gerd Hoffmann, der bereits seit mehr als 50 Jahren die Geschichte der Bergedorfer Kirchen erforscht, will demnächst auf seiner Internetseite bergedorfarchiv.de über das Projekt informieren. Hoffmann unterstützt den Förderkreis, dem er auch selbst angehört, bereits seit vielen Jahren, etwa als Berater der Arbeitsgruppe Grabplatten. Er schrieb auch die Texte für die Infotafeln, die neben den uralten, kultur-historischen Grabplatten auf dem Friedhofsgelände zu finden sind.

Hoffmann empfiehlt anderen Kirchengemeinden, ihre vorhandenen Dokumente ebenfalls „zusammenzutragen, zu sichten und sichern“. Gern helfe er beim Fotografieren und Archivieren. Erreichbar ist er über seine Internetseite.