Hamburg. Die Geheimnisse des Friedhofs an der August-Bebel-Straße in Bergedorf: Rundgang mit Christian Römmer vom Kultur- & Geschichtskontor.
Die Stimmung war gereizt, als Bergedorfs bis heute größtes Mahnmal auf dem Friedhof an der August-Bebel-Straße im August 1955 enthüllt wurde. Entworfen und gebaut von den damals mächtigen Vertriebenenverbänden sollte es die Inschrift „Führe uns heim“ tragen, gedacht als Auftrag an die Adenauer-Regierung, die Abtrennung der deutschen Ostgebiete rückgängig zu machen und die dort ansässigen Polen zu vertreiben. Doch das Bezirksamt intervenierte, setzte die Anti-Kriegs-Formulierung „Die Toten mahnen uns“ durch.
Als Reaktion setzten sich die vielen Hundert Besucher der Einweihung auf dem Friedhof nach dem Festakt als Fackelzug zum Bergedorfer Rathaus in Bewegung. Dort machten sie mit einer Kundgebung ihrem Ärger Luft. „Das Totengedenken vermischt sich hier mit eindeutigen politischen Forderungen“, sagt Historiker Christian Römmer, der das imposante Mahnmal am Sonnabend, 31. August, bei seiner Führung über den Friedhof ansteuern wird. Immerhin: Der Fackelmarsch vor fast genau 69 Jahren sollte ein letztes lautes Zeichen des unterschwelligen Revanchismus‘ der jungen Bundesrepublik in Bergedorf sein.
Historiker taucht ein in die Geheimnisse des über 100 Jahre alten „Neuen Friedhofs“
Der etwa zweistündige Rundgang mit Christian Römmer ist Teil der Bergedorfer Führungen des Kultur- & Geschichtskontors. Vom Treffpunkt an der Kapelle I (August-Bebel-Straße 200) geht es um 14 Uhr allerdings nicht allein auf die Suche nach Spuren der Nachkriegszeit. Vielmehr tauchen die Teilnehmer gleich in eine ganze Reihe von Geheimnissen ein, die der über 100 Jahre alte sogenannte Neue Friedhof zu bieten hat.
So finden sich auf den Grabsteinen oft Hinweise zur Weltanschauung des Verstorbenen. Das gilt ganz besonders für die ältesten Urnenfelder, denn eine Feuerbestattung galt vor 100 Jahren noch als politisches Statement linker Reformkreise.
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Aber natürlich haben auch namhafte Bergedorfer ihre letzte Ruhe auf dem Bergedorfer Friedhof gefunden, darunter auch der Urvater der Bergedorfer Zeitung, Christoph Marquard Ed. Hier steuert Römmer die Gräber des Industriellen und Mäzens Kurt A. Körber, des Schauspielers Friedrich Schütter und des vermögenden Kaufmanns Hermann Friedrich Messtorff an, von dessen imposanter Villa unter anderem der Spiegelsaal und das Bürgermeisterzimmer im Bergedorfer Rathaus erhalten sind.
Wer dabei sein will, braucht sich nicht anzumelden. Die Teilnahmegebühr von 9 Euro pro Person wird am Treffpunkt bei der historischen Kapelle I vom Team des Kultur- & Geschichtskontors eingesammelt.