Hamburg. Seminare des Kultur- & Geschichtskontors zur Meinungsmache auf TikTok für Schüler und Erwachsene. Wie Historikerin Salzbrunn vorgeht.

Hass und Ausgrenzung sind auf dem besten Weg, zur neuen Normalität in Deutschland zu werden. Oder ist das in manchen Kanälen der sozialen Medien schon längst der Fall? „Vor allem auf TikTok, jenem Anbieter, der bei Kindern und Jugendlichen besonders beliebt ist. Ausgerechnet dort sind Parteien wie die AfD und andere Vertreter rechtsextremen Gedankenguts breit vertreten. Vermittelt wird das natürlich nicht plakativ oder auf den ersten Blick erkennbar, sondern unterschwellig. Und das gezielt bei der jungen Generation, um sie in ihrem Meinungsbildungsprozess zu beeinflussen“, sagt Johanna Salzbrunn.

Die Historikerin vom Kultur- & Geschichtskontor hat das zum Anlass genommen, Unterrichtseinheiten für Schüler ab 14 Jahren zu entwickeln, in denen das traditionelle Befassen mit Hitlers Nationalsozialismus auf die heutige Zeit übertragen wird: „Was geht mich das an?“, lautet ein Thema, „Rechte Symbolik online und offline erkennen“, ein anderes. „Rechtsextremismus begegnet heute jedem Kind. Besonders beim täglichen Surfen im Internet, aber immer öfter auch im Alltag, in der Familie, im Freundeskreis“, sagt Salzbrunn, deren Seminare sich auch an Erwachsene richten.

„Nur wenn sich viele für eine tolerante, offene Gesellschaft einsetzen, hat Demokratie eine Zukunft“

Die 31-Jährige kennt die Strategie hinter dem großen Engagement der neuen Rechten: „Fast alles wird gesellschaftsfähig, wenn es nur oft genug wiederholt und über beliebte Kanäle in den sozialen Medien möglichst weit verbreitet wird.“ Das gelte unter anderem für die Ausgrenzung gefühlt fremder Menschen, wie etwa Muslimen. „Typisch und in diesem Zusammenhang besonders gefährlich ist dabei die Frage ,Was geht mich das an?‘“, weiß die Historikerin. „Wer in einer Demokratie lebt, muss wissen, dass jeder Einzelne wichtig ist. Nur wenn sich viele aktiv für eine offene und tolerante Gesellschaft eintreten, haben Werte wie Menschenrechte, die Freiheit des Andersdenkenden und nicht zuletzt die Demokratie eine Zukunft.“

Genau das mache die großen Demonstrationen der vergangenen Wochen so wichtig – aber eben auch die aktuellen Kriege in Palästina oder der Ukraine so gefährlich. Denn sie sorgen für Antisemitismus, Nationalismus und nicht zuletzt eine immer größere Flut von Fake News in den sozialen Medien. Um Schüler, aber auch Erwachsene gegen rechtspopulistische Argumente zu wappnen, setzt Johanna Salzbrunn in ihren Unterrichtseinheiten unter anderem auf eine Debatte unter den Teilnehmern, bei denen einige auch unangenehme Positionen einnehmen müssen. Darunter typisch rechte Einstiegsthesen, wie die Schlussstrich-Debatte, also die Forderung nach dem Ende der Erinnerungskultur an die Verbrechen der Nazis vor 80 bis 90 Jahren.

Mehr zum Thema

„Wer gezwungen ist, sich etwa Argumentationsketten der AfD hineinzuversetzen, lernt deren Schwachstellen am besten kennen“, sagt die Historikerin, die natürlich auch die typische Symbolik der neuen Rechten behandelt. Dazu gehören Zahlencodes wie 88 für den Hitlergruß, die 44 als Sig-Rune und damit SS-Ersatz, rechten Emojis, Tattoos oder Kleidungsstücken der Marke „Thor Steinar“.

Die Seminare zum Thema Nationalsozialismus und neuen Rechtspopulismus umfassen eine bis zwei Schul-Doppelstunden, sind aber auch für Erwachsene geeignet. Teils gehört eine Führung auf den Spuren der Nazis durch Bergedorf dazu. Zu buchen sind sie über das Kultur- & Geschichtskontor, Telefon 040/7212823, E-Mail info@geschichts-kontor.de. Je Teilnehmer werden 3 bis 5 Euro berechnet.