Hamburg. Große Mehrbedarfe durch Tariferhöhungen und gestiegene Preise. Warum die Bergedorfer Häuser neidisch auf andere Bezirke gucken.

Mitten in den Haushaltsplanungen geht die Rechnerei mit gespitztem Bleistift wieder los: Bürgerhäuser und Stadtteilkulturzentren seien wichtig, deren ausreichende finanzielle Ausstattung „ausdrückliches Ziel des Senats“, so dessen Antwort auf eine Anfrage der Grünen.

Bis Ende Juli müssen die Häuser nun ihre Mehrbedarfe beantragen: „Wir werden unbedingt 10 bis 15 Prozent mehr erfragen“, sagt Hanna Gellrich aus dem geschäftsführenden Vorstand des Trägervereins Sprungbrett: „Für das KulturA muss, seit es saniert wurde, eine ortsübliche Miete an die Sprinkenhof überwiesen werden. Das sind fast 197.000 Euro Miete, allerdings ohne Betriebskosten.“

Bürgerhäuser in Bergedorf: Steigende Kosten belasten die Träger

Die indes würden vor allem im Mehrgenerationenhaus brügge an der Leuschnerstraße zu Buche schlagen, wo wiederum keine Miete fällig werde: „Aber da geben wir täglich etwa 100 Mittagessen aus, bei teurerem Einkauf. Zudem brauchen wir jährlich fast 20.0000 Euro für Strom.“ Das alles müsse erwirtschaftet werden – auch vor dem Hintergrund, dass die Mehrwertsteuer wieder bei 19 Prozent liegt, so Gellrich: „Das bedeutet also 12 Prozent weniger Einnahmen. Daher müssen wir das Mittagessen jetzt einen Euro teurer anbieten.“ Es kostet zwischen 7 und 9 Euro.

Seit der Erweiterung des Kultura an der Otto-Grot-Straße muss hier eine Miete an die städtische Sprinkenhof AG gezahlt werden.
Seit der Erweiterung des Kultura an der Otto-Grot-Straße muss hier eine Miete an die städtische Sprinkenhof AG gezahlt werden. © bgz | Steffi Schreck

Allein für den Ausgleich der Tariferhöhungen braucht das Bürgerhaus Allermöhe 14.000 Euro mehr. „Das ist schon ein Brocken, aber die Politik signalisiert Gutes“, so Geschäftsführerin Dr. Annette Vollmer. Für den Treff am Ebner-Eschenbach-Weg 1 werde derzeit ein Nutzungsentgelt gezahlt (ohne Renovierung- und Instandhaltungskosten). „Der neue Nutzungsvertrag mit der Saga wird wohl teurer, wenn im nächsten Jahr der Um- und Erweiterungsbau kommt. Aber wir haben immerhin 40.000 Euro an Eigenmitteln.“ Und schon bald soll die Ausschreibung für die Architekten starten.

Grüne: Haushaltstitel fehlt, Quartiersfonds muss einspringen

Wie sieht es wohl dann mit dem Haushalt 2025 aus? „Wir müssen locker 10 Prozent mehr kalkulieren“, so Vollmer, die zugleich Hamburgs Sprecherin der AG Bürgerhäuser ist und etwas neidisch auf die anderen Bezirke lugt: „Es ist schon eine Bergedorfer Besonderheit, dass nur hier immer der Quartiersfonds einspringen muss, der eigentlich nur für Feste dienen sollte.“

Geschäftsführerin Dr. Annette Vollmer (r.) vor dem Bürgerhaus Allermöhe, hier noch mit Fatma Ergün und Hakan Sayindi, den einstigen Pächtern der Gastronomie.
Geschäftsführerin Dr. Annette Vollmer (r.) vor dem Bürgerhaus Allermöhe, hier noch mit Fatma Ergün und Hakan Sayindi, den einstigen Pächtern der Gastronomie. © Alexandra Schrader | Alexandra Schrader

Die Grünen-Bürgerschaftsangeordnete Jenny Jasberg hatte die Anfrage auch vor dem Hintergrund gestellt, dass „es keine strukturelle Planbarkeit gibt, weil die Bürgerhäuser keinen eigenen Titel haben. Sie hängen immer in der Luft“. Zwar bewerte sie den Einsatz der Quartiersfonds „als goodwill des Bezirksamtes“, aber es sei immer wieder eine Herausforderung: „Jedes Jahr müssen sie neu gucken, wo sie was beantragen, ob in Bergedorf, bei der Hamburger Kulturbehörde oder jener für Bezirke. Da geht schon ein halber Arbeitstag drauf, allein diese Anträge zu stellen.“

Der Traum von einer Stelle für Fundraising

Schließlich muss nicht nur Geld besorgt werden. Auch gilt es, Künstler und Vortragende einzuladen, Konzepte zu schreiben und die Abrechnung zu machen. Daher fände Hanna Gellrich es „richtig cool, eine Stelle allein fürs Fundraising zu haben“. Wahrscheinlich sei das indes nicht, dafür sei der Wettbewerb unter den Häusern wohl zu groß: „Da hat jeder Angst, dass ein anderer ihm die Butter vom Brot nimmt. Schließlich wollen auch alle ein anderes Programm, eine gewisse Exklusivität.“

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Immerhin in Sachen Haushalt sei ein parteiinterner Vorstoß schon gemacht, so Jenny Jasberg: „Dieser Wildwuchs ist ja einfach gewachsen, dahinter steckt kein politischer Masterplan.“ Falls die Grünen also wieder an einer Koalition beteiligt wären, wolle man die Situation im Bezirk Bergedorf langfristig sichern: „Auch, wenn die Behörden nicht laut Hurra schreien werden und kein Geld nutzlos herumliegt, braucht es für die Bürgerhäuser einen eigenen Haushaltstitel.“ Auch aus diesem Gesichtspunkt heraus werden sich die Grünen den Haushalt „konkret angucken und eine sinnvolle politische Entscheidung auf die Agenda setzen“. Der vom Senat beschlossene Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2025 und 2026 steht übrigens für jedermann einsehbar ab sofort online unter www.haushalt.digital zur Verfügung. 

Stadtteilkulturzentrum Lola erwirtschaftet hohen Eigenanteil

In der ganzen Hansestadt gibt es übrigens 28 über die Kulturbehörde gestützte Stadtteilkulturzentren, dazu 14 über die bezirklichen Einzelpläne finanzierte Bürgerhäuser. Im vergangenen Jahr sah die Grundförderung so aus: 169.391 Euro für das Bürgerhaus Allermöhe, 376.352 für das KulturA, 203.902 Euro für das Haus brügge, zudem 186.193 Euro für das Westbibül sowie 47.934 Euro für den Pavillon P5 in Bergedorf-West.

Das Lohbrügger Stadtteilkulturzentrum Lola erhielt 322.000 Euro und kann 51,9 Prozent der Kosten durch Umsatzerlöse, Sponsoren und sonstige Einnahmen decken. In dem Haus an der Lohbrügger Landstraße werden 40.000 Euro an Mehrbedarfen durch die Tarifsteigerung errechnet. Im Gegensatz zu den Bürgerhäusern, die jeweils nur eine Person beschäftigen, kann und muss die Lola mit 4,5 Personalstellen kalkulieren.