Hamburg. Bezirk muss fehlende Zuschüsse aus Hamburg ausgleichen. Doch das Geld fehlt nun bei anderen wichtigen Projekten. Politik schlägt Alarm.
Gut sechs Wochen vor Weihnachten hat die Bezirksversammlung einen warmen Geldsegen verteilt: Mehr als 1,6 Millionen Euro sollen nach dem Willen der Politiker 2024 an insgesamt 49 Projekte und Institutionen fließen, die für das Miteinander, die Lebensqualität und die Sicherheit in Bergedorf stehen. Den Löwenanteil mit gut 400.000 Euro bekommen die fünf Bürgerhäuser, weitere sechsstellige Beträge gehen an das Kinderkulturhaus Kiku und das SerrahnEins am Hafen, dem neuen Zentrum für die Integration der wachsenden Zahl in Bergedorf lebender Flüchtlinge.
Was gut klingt, ist in Wirklichkeit aber kaum mehr als eine Mangelverwaltung, ärgert sich sogar SPD-Fraktionschefin Katja Kramer: „Der Gestaltungsspielraum der Bezirksversammlung ist leider viel zu gering“, sagte sie mit Blick auf die deutlich zu niedrigen Zuweisungen des Senats vor allem an die Bürgerhäuser.
Bezirksversammlung: Sorge um Bergedorfs Bürgerhäuser
Das Fortbestehen dieser vor allem für Senioren wichtigen Institutionen mit Hunderten Stammgästen hänge mittlerweile schon zu mehr als 50 Prozent von Zuweisungen aus dem bezirklichen Quartiersfonds ab. „Absehbar werden wir das nicht mehr leisten können“, warnte Kramer. „Schlimmstenfalls müssen wir in der Bezirksversammlung dann über die Arbeitsplätze der dort tätigen Menschen entscheiden.“
Deutliche Kritik an der Zuweisungspraxis des Senats, deren Schieflage ein Blick in die aktuellen Zahlen deutlich macht: Für das kommende Jahr empfiehlt das Bezirksamt in der jetzt beschlossenen Vorlage ganz offiziell, die Bergedorfer Bürgerhäuser mit gut 400.000 Euro zu unterstützen. Das sind gut 40 Prozent der laufenden Kosten, die sich beim Quintett aus KulturA, Bürgerhaus Allermöhe, Westibül, Haus „brügge“ und P5 nach Schätzung des Verwaltung 2024 auf 974.000 Euro summieren dürften.
Hamburg gibt nur 352.000 Euro hinzu, weitere knapp 200.000 Euro müssen die Bürgerhäuser selbst erwirtschaften. Deren laufende Kosten teilen sich auf in knapp 240.000 Euro für die Miete der Räume, weitere 708.000 Euro fürs Personal und 502.000 Euro für die Bewirtschaftung.
Die Tendenz für die nächsten Jahre weist unter anderem wegen steigender Energiekosten deutlich nach oben. „Die Förderung der Bürgerhäuser durch den rot-grünen Hamburger Senat ist jämmerlich“, machte auch Maria Westberg (Linke) ihrem Frust in der Bezirksversammlung Luft.
Sorgen auch um das Kinderkulturhaus und die Integrationsprojekte
Tatsächlich fließt so schon gut ein Viertel der 1,6 Millionen Euro allein in die Bürgerhäuser, obwohl dieses Geld, aufgeteilt in Quartiers- und Förderfonds sowie Bezirks-Sondermittel, eigentlich zur politischen Gestaltung des Bergedorfs gedacht ist. Mehr Finanzmittel hat Bergedorfs Politik kaum zu verteilen. Denn die Bezirksversammlung ist nicht etwa ein Parlament, sondern rechtlich nur ein begleitender Ausschuss der Bürokratie des Bezirksamtes.
Sorgen bereiten den Lokalpolitikern denn auch die beiden anderen großen Zuschuss-Empfänger: 137.800 Euro gehen an die Integrationsprojekte im SerrahnEins und 132.500 an das Kinderkulturhaus am Lohbrügger Markt, was dort ebenfalls schon rund 40 Prozent der Gesamtkosten ausmacht.
„In beiden Fällen ist das gut investiertes Geld“, befindet Katja Kramer. „Aber irgendwann wird auch hier die bezirkliche Förderung ihr Maximum erreichen – gerade weil wir darauf achten müssen, mit unseren geringen Mitteln auch andere wichtige Projekte im Bezirk zu fördern.“
60.000 Euro für die Wasserwacht an Bergedorfs Badegewässern
Für 2024 sind das 60.000 Euro, die für Wachdienste an Bergedorfs Badegewässern reserviert werden. Zudem erhält das Stadtmarketing 50.000 Euro und der Awo Jugendtreff Plus knapp 40.000 Euro. Weitere Zuschüsse in niedriger fünfstelliger Höhe gehen unter anderem an den Kultur- & Geschichtskontor, das Kulturheim Mittlerer Landweg, die Bücherhallen, das Sommerbad Altengamme, das Theaterprogramm im Körberhaus und die integrative Jam-Session „Hello World“ in der Lola.
Wie groß der Unterstützungsbedarf der Bergedorfer Initiativen ist – und wie klein die Fördermöglichkeiten, zeigt exemplarisch der mit 70.000 Euro kleinste Topf der bezirklichen Sondermittel: Hier können sich alle Vereine und Initiatoren mit Einzelprojekten bewerben. 28 Anträge gingen beim Bezirksamt ein, mit einem Gesamtvolumen von gut 200.000 Euro. Immerhin 22 wurden bedacht, wenn auch überwiegend nur mit einem Bruchteil des beantragten Zuschusses.
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Komplett übernommen werden die 15.000 Euro für die Umrüstung der Beleuchtung der Sportanlage Mittlerer Landweg auf LED, der 5000-Euro-Zuschuss zum Einbau einer behindertengerechten Küche im Boberger Jugendzentrum Clippo und die 4000 Euro für die Feriensportaktionen des Bezirksamts. Auch der Bergedorfer Lehrstellenatlas erhält seine 3500 Euro und das Lohbrügger Seifenkistenrennen 1200 Euro. Das Projekt „Hamburg blüht“ (4000 Euro) geht dagegen leer aus.
Für scharfe Kritik der CDU sorgte die Entscheidung der Bergedorfer Koalition aus SPD, Grünen und FDP, die 40.000 Euro für die Ausrüstung der 13 bezirklichen Sportanlagen mit Defibrillatoren nicht bereitzustellen. Begründung: Das Projekt liege zu Genehmigung bereits beim Senat. „Aber dort ist seit vier Jahren nichts passiert. Bis heute gibt es nicht mal eine Ausschreibung“, ärgerte sich CDU-Sportexperte Lars Dietrich. „Bergedorf muss handeln, sonst gefährden wir das Leben unserer Sportler.“