Curslack. Torflut beim Derby der Fußball-Landesliga zwischen dem SV Curslack-Neuengamme und dem SV Altengamme. Pascal Bäker trifft vierfach.
Die erste Pressekonferenz in seiner neuen Rolle als Interimstrainer des Fußball-Landesligisten SV Altengamme, sie begann für Marco Theetz mit einem Fauxpas. Der 42-Jährige wollte bei der Medienrunde nach dem Deichderby beim SV Curslack-Neuengamme links am Tisch neben Torsten Henke, dem Sportlichen Leiter des SVCN, Platz nehmen. Das aber ließ sein langjähriger Coach – Theetz spielte von 2001 bis 2013 unter Henke bei den Curslackern – nicht zu. Schließlich ist der Stuhl links neben ihm stets für seinen Trainer Sascha Bernhardt reserviert. „Ne, ne, ne, nachdem du Ingo abgesägt hast, sägst du jetzt hier nicht den nächsten ab“, witzelte der 57-Jährige, bevor er seinem früheren Schützling tröstend auf die Schulter schlug.
Theetz nahm Henkes Spruch, der im Vereinsheim für Gelächter sorgte, mit einem gequälten Lächeln hin. Nicht nur die 4:5-Niederlage seines Teams in einem völlig verrückten Spiel schlug der eigentlichen Frohnatur aufs Gemüt. Auch die Turbulenzen der Vorwoche, in der sich der SVA und sein bisheriger Coach Ingo Carstensen überraschend auf eine Trennung geeinigt hatten, waren nicht spurlos an ihm vorbeigegangen.
Vierländer Teams liefern sich ein völlig verrücktes Spiel, am Ende triumphiert Curslack
„Das haben wir uns alle anders vorgestellt. Die Stimmung war alles andere als prächtig. Dem einen oder anderen hat es auch richtig wehgetan, dass Ingo nicht mehr da ist. Da machen wir auch gar kein Geheimnis draus, weil er erstens ein feiner Typ ist und er es grundsätzlich auch ganz gut gemacht hat“, sagte der vormalige Co-Trainer. „Jetzt ist die Mannschaft in der Pflicht“, ergänzte der 42-Jährige.
Ob Theetz von der Übergangs- zur Dauerlösung wird, es ist noch ungewiss. „Aber warum sollen wir ihm nicht in zwei Monaten vertrauen, wenn wir es jetzt machen?“, hatte Ligaobmann Philipp Mohr vor dem Derby gesagt. Der sehr engagierte Auftritt der abstiegsbedrohten Altengammer vor über 500 Schaulustigen dürfte ihn in seiner Meinung bestärkt haben, dass Theetz beim Team den richtigen Ton trifft.
Kein Spiel für schwache Nerven: SV Curslack-Neuengamme zwischen Genie und Wahnsinn
Apropos Ton: Beide Mannschaften spielten über die gesamte Distanz auf der kompletten Klaviatur der Emotionen. „Das Spiel war für die Zuschauer super anzuschauen – aber wirklich nichts für schwache Nerven“, resümierte SVCN-Coach Sascha Bernhardt. „Erst waren wir auf der Verliererstraße, dann auf der Siegerstraße – und dann ging wieder das Zittern los“, fasste er das Geschehen aus Curslacker Sicht zusammen.
Die Hausherren wandelten tatsächlich einmal mehr in dieser Saison zwischen Genie und Wahnsinn – beziehungsweise zwischen Abwehr-Schlamperei und Offensiv-Feuerwerk. Bereits nach vier Minuten geriet der SVCN in Rückstand, als Jesper Garbers in allerdings stark abseitsverdächtiger Position in Richtung Strafraum sprintete und Philip Alpen bediente, der nur noch einschieben brauchte. Dem furiosen Auftakt folgte bis zur Halbzeit ein spektakulärer Schlagabtausch, in dem ein Mann zum personifizierten Altengammer Albtraum wurde: Pascal Bäker. Mit einem lupenreinen Hattrick (18., 21., 26.) wandelte der Stürmer den 0:1-Rückstand im Alleingang in eine 3:1-Führung um.
Altengamme kann Überzahl nach Roter Karte für SVCN-Verteidiger Jonas Holz nicht nutzen
Dann kam es knüppeldick für die Curslacker. Denn ab der 30. Minute spielte der SVCN in Unterzahl: Verteidiger Jonas Holz hatte wegen einer Notbremse an Jonas Buck die Rote Karte gesehen. Bernhardt stellte nach dem Platzverweis von einer Dreier- auf einer Vierer-Abwehrkette um. Das Rückzugsverhalten seines Teams blieb aber auch in der veränderten Formation defizitär.
Mehr vom Lokalsport
- JGS – Sportverein mit dem zweitlängsten Namen Deutschlands
- Neuer Sportplatz: Kampf des FC Voran Ohe gegen Windmühlen
- TSG Bergedorf Stargazers: Den eigenen Nachwuchs begeistert
Insbesondere die linke Abwehrseite war für den wieselflinken Garbers ein Himmelreich. Drei weitere Male lief er vor der Pause allen Curslackern davon. Zunächst bereitete der Rechtsaußen das 2:3 von Alpen vor (28.), dann erzielte er selbst den Ausgleich (42.). Sekunden vor der Pause legte Garbers erneut für Alpen vor – diesmal kam der Stürmer einen Schritt zu spät und traf nur das Außennetz. „Ich war hier ja selbst ein paar Jahre Trainer. Aber das es zur Halbzeit mal 3:3 gestanden hat, das habe ich nie erlebt“, sagte Henke. Für Curslacks Sportlichen Leiter hätte es also gerne ein bisschen weniger Spektakel sein dürfen.
Ein fragwürdiger Elfmeter bringt die Hausherren am Gramkowweg nach vorn
Und ganz so ereignisreich wie Abschnitt eins wurde die zweite Hälfte dann auch nicht. Weil sich die Hausherren etwas zurückzogen und auf Konter lauerten, kam der SVA nicht mehr wie zuvor ins Tempo. Ein zumindest diskussionswürdiger Elfmeter – Tim Mahnke brachte Stjepan Brkic im Altengammer Strafraum zu Fall – sorgte für den abermaligen Rückstand der Theetz-Elf. Und der Torschütze hieß erneut Pascal Bäker (53.).
Hernach versuchten die Gäste viel. Aber es gelang ihnen wenig. So vergab Buck in der 84. Minute aus wenigen Metern den scheinbar sicheren Ausgleich. „Der Ball ist aufgesetzt. Aber so ist es eben, wenn du unten drin stehst“, seufzte der Offensivmann. Präziser zielte auf der Gegenseite kurz darauf Luca Winterfeld, der mit dem 5:3 (87.) für die Entscheidung sorgte. Mahnkes Anschlusstreffer (90.) war letztlich nur noch Ergebniskosmetik.
Gute Wünsche auf der Pressekonferenz für Interimscoach Marco Theetz
„Es ist enttäuschend, dass wir hier nichts mitgenommen haben“, sagte der niedergeschlagene Theetz. Immerhin gab es nach der Rüge zu Beginn der Pressekonferenz wegen der falschen Platzwahl dann noch viel Trost für ihn von Henke: „Alles Gute in der Chefrolle. Ich bin überzeugt davon, dass du das wuppen wirst.“
SV Curslack-Neuengamme: Erschens – Knotternus, Holz, Schalitz (85. Moritz) – Brkic, Bombek, Wilhelm, Winterfeld, Kühn, Hamann – Bäker (90.+2 Rexin)
SV Altengamme: Fedgenhäuer – Böttcher, Mahnke, Behr, Otremba (71. Geffert) – E. Wegner, Eickhoff (79. Reckstadt), Buck, Garbers, Alpen – Heitbrink (46. Jens).