Curslack. Fußball-Landesligist SV Curslack-Neuengamme setzt auf solide Entwicklung. Langfristig soll der Weg zurück in die Oberliga führen.
An einem trüben Regentag sucht Torsten Henke zur Halbzeit des Freundschaftsspiels seines SV Curslack-Neuengamme beim Regionalligisten Eintracht Norderstedt unter ein paar Bäumen Schutz. Plötzlich kommt ein junger Mann auf den Sportlichen Leiter des Vierländer Fußball-Landesligisten zu. Er stellt sich als Denny Schiemann vor, hat bei der Eintracht dieselbe Position inne wie Henke beim SVCN, der zur Pause überraschend mit 4:1 führt.
Schiemann lobt die Curslacker über den grünen Klee. „Ihr wart ja auch letzte Saison fußballerisch nicht schlecht und hättet nicht absteigen müssen“, sagt der 34-Jährige. „Aber das hier ist noch einmal etwas ganz anderes.“ Dass es am Ende 4:4 steht, kann den guten Gesamteindruck, den die neu formierten Vierländer hinterlassen, nicht schmälern.
SV Curslack-Neuengamme: Stabilität statt finanzieller Abenteuer
Nach der desaströsen Oberliga-Saison, die mit nur 23 Punkten und 117 Gegentoren auf dem letzten Rang abgeschlossen wurde, haben die SVCN-Verantwortlichen um Henke und seinen gleichberechtigten Partner Nils Marx-Kneisel im Management offenbar an den richtigen Stellschrauben gedreht. „Was die Einstellung und die Außendarstellung angeht, ist das jetzt schon eine ganz andere Geschichte“, freut sich Henke.
Priorität sei es, erst einmal wieder Stabilität in den Verein zu bekommen und dafür zu sorgen, dass der SVCN wieder für seine alten Werte stehe. „Wenn der Abstieg etwas Gutes hatte, dann vielleicht, dass nun jeder aufgewacht ist und gemerkt hat, dass es so nicht geht“, ergänzt Marx-Kneisel mit Blick auf die Personalpolitik der vergangenen Jahre.
Trainer Sven Schneppel musste schon nach 13 Spielen gehen
Mit Aufwandsentschädigungen weit über dem Oberliga-Durchschnitt waren Spieler an den Alten Bahnhof gelockt worden, die zwar einen guten Namen, aber nicht immer die richtige Einstellung hatten. Bereits im vergangenen Sommer erfolgte dann mit der Verpflichtung von Coach Sven Schneppel, der ein junges Team aufbauen sollte, der Paradigmenwechsel. So jedenfalls war die offizielle Version. Zur Wahrheit gehörte nämlich auch, dass schlichtweg nicht mehr ausreichend Geld zur Verfügung stand, um den bisherigen Kader zu finanzieren.
Schneppel startete das Projekt „Jugend forscht“ unter den denkbar schwersten Bedingungen und wurde vom damaligen Manager Robert Mimarbachi nach nur 13 Spielen gefeuert, obwohl er die geringste Schuld an dem Curslacker Chaos trug. Auch sein Nachfolger Marcello Meyer – zuvor Spieler – brachte das Team nicht in die Erfolgsspur. „Die Mannschaft hat es einfach nicht hinbekommen, gemeinsam zu verteidigen. Ich habe mit vielen Spielern gesprochen. Sie konnten mir aber auch nicht sagen, warum dem so war“, erklärt Henke.
Der neue SVCN-Trainer Sascha Bernhardt ist erst 30 Jahre alt
Mit nach außen hin bemerkenswerter Gelassenheit sah die SVCN-Ikone mit an, wie sein sportliches Lebenswerk zerstört wurde. Umso wichtiger war es ihm dann in seiner Funktion als Sportlicher Leiter, die Weichen für eine bessere Zukunft zu stellen. Priorität hatte dabei die Verpflichtung eines neuen Trainers. Viele Namen wie Matthias Reincke und Olaf Poschmann kursierten am Gramkowweg. Aber die Wahl fiel schließlich auf den erst 30-jährigen Sascha Bernhardt, der beim SVCN seinen ersten Posten als Chefcoach antritt.
„Mir war es wichtig, einen jungen, unverbrauchten Coach zu verpflichten. Als ich mit ihm gesprochen habe, habe ich sofort gemerkt, dass das passt“, erklärt Henke. In Jan Krey, dem früheren Trainer des SV Altengamme, wurde Bernhardt ein loyaler und erfahrener Übungsleiter zur Seite gestellt. Torwarttrainer Sven Eggers – bereits seit 2012 bei den Vierländern – komplettiert das Trainerteam.
14 Neuzugänge müssen möglichst schnell integriert werden
„Unsere Zusammenarbeit ist bisher überragend“, freut sich Bernhardt. Auch für die neu formierte Mannschaft hat der in Osdorf wohnhafte Coach nur lobende Worte übrig: „Wir haben das Glück, eine Mannschaft mit guten Charakteren zusammengestellt zu haben. Wir haben auf den Mix viel Wert gelegt und fühlen uns darin bestätigt, die richtigen Jungs geholt zu haben.“
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Obwohl gleich 14 Neuzugänge zu integrieren sind, waren die Auftritte in der Vorbereitung überwiegend überzeugend. „Ich bin überrascht, wie weit wir schon sind“, sagt Krey. Und Eggers stellt erfreut fest: „Hier wird jetzt sogar mal wieder in der Kabine eine Kiste Bier getrunken. Wie das beim Amateurfußball normal ist. Das passt ganz gut.“
Torsten Henke: „Für Platz acht bis zehn sollte es reichen“
Mangelnder Teamgeist – so wie in der Vorsaison – sollte dem sportlichen Erfolg also nicht im Weg stehen. Die Frage aber ist, ob die fußballerische Substanz im Kader ausreicht, um in der starken Landesliga Hansa ein Wörtchen im Titelkampf mitreden zu können. „Es braucht alles seine Zeit. Wir wollen nicht mit Hauruck etwas durchziehen, sondern etwas aufbauen, das langfristig erfolgreich ist und das dann irgendwann in die Oberliga transportieren“, sagt Bernhardt: „Wir backen erst einmal kleinere Brötchen.“
Klingt nach Understatement. Und ist es natürlich auch. Denn mit Blick auf den mit vielen Oberliga-erfahrenen Akteuren bestückten Kader zählt der SVCN zumindest auf dem Papier zum erweiterten Kreis der Titelanwärter. Papier aber ist bekanntlich geduldig und der Vierländer ein eher vorsichtiger Mensch. Und so sagt der in Curslack wohnhafte Henke in der ihm seit Jahren eigenen bescheidenen Art: „Für Platz acht bis zehn sollte es reichen.“