Altengamme. Fußball-Landesligist SV Altengamme gelingt mit einem Heimsieg gegen den SC Condor die Trendwende: Dank der Hilfe eines Oldies
Ein paar Minuten nach Beginn der zweiten Hälfte im Duell des SV Altengamme mit dem SC Condor in der Fußball-Landesliga machten sich Sebastian Peters und Marco Schulz auf die Suche nach einem Spielball, den einer ihrer Mannschaftskameraden zuvor weit über das Gäste-Gehäuse in Richtung Windpark Horst geschossen hatte. Fündig wurde das verletzte Duo der Vierländer allerdings nicht.
Kurz darauf waren die Dienste von Schulz erneut gefragt. Diesmal musste er Stürmer Philip Alpen behandeln, der sich in einem Zweikampf verletzt hatte. Mit Eisspray und gutem Zureden half der 29-Jährige seinem Mitspieler wieder auf die Beine. Hernach ging der Verteidiger mit der Eisbox in der Hand an der Torauslinie vorbei, als plötzlich der Spielball auf ihn zurollte. Schulz hätte die Kugel locker anhalten und zum wartenden SCC-Keeper Norman Volber passen können. Doch die Gastgeber führten mit 2:1. Also hob er seinen Fuß und ließ das Spielgerät in die Walachei des Platzes am Gammer Weg kullern.
Lieber ein „dreckiger“ Sieg als gar kein Sieg
„Wir sind im Abstiegskampf“, begründete Schulz hinterher sein Verhalten. Den Fair-Play-Preis dürfte der Blondschopf für diese Aktion nicht verliehen bekommen. Ein paar gewonnene Sekunden waren ihm in diesem Moment jedoch wichtiger. Schließlich ging es für seine Altengammer in dieser Partie um viel.
Nach dem misslungenen Saisonstart mit nur zwei Siegen aus acht Begegnungen standen die Vierländer vor der Partie auf einem Abstiegsplatz. „Und hätten wir heute nicht gewonnen, wäre der Abstand zu den anderen noch größer geworden“, sagte Coach Ingo Carstensen erleichtert nach dem „dreckigen“ 2:1-Erfolg gegen die „Raubvögel“.
SV Altengamme verlässt mit dem Sieg die Abstiegsränge
Doch obgleich der SVA nun über dem ominösen Strich steht, sieht der Trainer die Situation noch immer als dramatisch an: „Ein Drittel der Saison ist vorbei und wir waren zuletzt Drittletzter. Es ist fünf vor zwölf! Wir sind im Abstiegskampf!“ Die vergangenen Wochen haben am Radsport-verrückten Bankier aus Bergedorf sehr genagt. „Es kostet derzeit sehr viel Kraft“, gab der 40-Jährige unumwunden zu.
Trotz des vielleicht besten Kaders in der Landesliga-Historie des SV Altengamme griff bis dato nicht so richtig ein Rädchen ins andere. „Den einen Grund für die Krise gibt es nicht. Es sind viele Kleinigkeiten zusammengekommen wie Verletzte und Urlauber“, analysierte Carstensen. „Wir konnten nicht einmal dieselbe Mannschaft aufstellen, mussten immer mindestens zwei Wechsel vornehmen. Da hat man keine Automatismen und keine Sicherheit.“
Viele haben sich in den vergangenen Wochen hinter Florian Rogge versteckt
Zudem hätte sich der eine oder andere Spieler nach der Verpflichtung des langjährigen Oberliga-Akteurs Florian Rogge wohl etwas aus der Verantwortung gestohlen, mutmaßte der Übungsleiter. „Da haben einige vielleicht gedacht, da ist so ein Top-Fußballer gekommen, da geben wir ihm den Ball und der regelt das schon. Und dann haben sich einige vielleicht etwas versteckt. Das arbeiten wir auf“, versprach Carstensen.
Gegen den SC Condor fehlte Rogge, der als Scout für den Hamburger SV arbeitet, berufsbedingt. Während er nach dringend benötigten Talenten für den inzwischen zum Zweitliga-„Dino“ mutierten Proficlub Ausschau hielt, nahmen seine Teamkameraden gegen Condor eindrucksvoll den ausgerufenen Abstiegskampf an. „Die Basics sind eben: Laufen, Rennen, Kratzen, Beißen, Spucken und Zweikämpfe gewinnen. Heute haben wir begriffen, dass es nur so geht“, lobte Carstensen seine Mannschaft.
Marco Theetz – Spektakuläres Comeback mit 42 Jahren
Aus der ragte neben Mittelfeld-„Marathoni“ Janis Voß und Kreativ-Künstler Jonas Buck ein Mann heraus, der eigentlich als Co-Trainer geholt worden war: Marco Theetz. Curslacks langjähriger Mittelfeld-Regisseur feierte mit 42 Jahren sein Startelf-Comeback in der Landesliga und machte als Innenverteidiger mit Hang zum Libero ein tolles Spiel. „Es ging darum, so ein bisschen Erfahrung reinzubringen. So lange er nicht in den Sprint gehen musste, hat er es überragend gelöst“, sagte Carstensen.
Einen kleinen Schönheitsfehler hatte der Auftritt von „Theetzer“, wie er überall gerufen wird, allerdings dann doch: In der 32. Minute konnte er Edwin Satzer nur mit unlauteren Mitteln stoppen und verschuldete einen Elfmeter, den Jordan Liddell zum 1:1 verwandelte (33.). „Es war ein Foul, aber vor dem Strafraum“, sagte der kickende Co-Trainer. Seine Elf war zuvor durch Erik Wegner in Führung gegangen (16.).
Marco Theetz bewahrt Altengamme vor einem Rückstand
Der SVA wirkte verunsichert und hatte nach dem Ausgleich sogar Glück, dass die Gäste nicht das 2:1 schossen: Theetz rettete auf der Linie vor dem einschussbereiten Satzer (37.). „Uns ist in dieser Saison ja bislang nicht viel erspart geblieben. Aber immerhin haben wir jetzt einen guten Libero“, witzelte SVA-Präsident Axel Nack in der Pause. Zu diesem Zeitpunkt führten seine Altengammer mit 2:1, weil Buck eine Hereingabe in den Strafraum technisch formvollendet verwertet hatte (44.).
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Für das Tor gab es vom Altengammer Ligaobmann Philipp Mohr einen veganen Kaubonbon. „Das haben wir früher schon so gemacht. Ich habe mir gedacht: Heute hole ich die mal wieder raus. Und schon läuft es“, verriet Mohr. Mit ein wenig Zuckerzufuhr, etwas Fortune und viel Leidenschaft überstanden die Vierländer die recht ereignislose zweite Hälfte schadenfrei und feierten einen wichtigen Erfolg.
Verdacht auf Knöchelbruch: Lasse Voigt droht lange auszufallen
Den aber mussten Lasse Voigt (Verdacht auf Knöchelbruch) auf tragische und Theetz auf monetäre Art und Weise teuer bezahlen. Denn der Innenverteidiger-Libero hielt sich nach dem Schlusspfiff nicht an die internen Regeln. „Er hat im Trikot Bier getrunken. Dafür muss er in die Mannschaftskasse zahlen“, erklärte Carstensen lachend.
SV Altengamme: Fedgenhäuer – Böttcher, Theetz, Behr, E. Wegner – Kleinert, Voß (83. Eickhoff), Garbers (76. Geffert), Voigt (21. Otremba), Buck (83. Jens) – Alpen (76. Reckstadt)