Bergedorf. Judo-Gemeinschaft Sachsenwald wird 60. Und nicht nur die offizielle Bezeichnung dieser einmaligen Gemeinschaft ist spitzenmäßig.

Der Ehrentag gehört dem Nachwuchs. Aus Anlass ihres 60-jährigen Bestehens richtet die Judo-Gemeinschaft Sachsenwald am Sonnabend ab 10.45 Uhr im Sportforum der TSG Bergedorf ein Mannschaftsturnier für Jungen und Mädchen in verschiedenen Altersklassen von den Jüngsten bis zu den Erwachsenen aus. Die Ausrichtung kommt nicht von ungefähr: Zwei Drittel der 320 JGS-Mitglieder sind Kinder und Jugendliche. „Gerade bei den Fünf-bis Sechsjährigen haben wir sehr viele Gruppen“ freut sich der JGS-Pressewart Torri Mahncke. „Hingegen ist bei den 14- bis 18-Jährigen durch Corona ein Loch entstanden.“

Doch gemeinsam werden sie auch das in den Griff kriegen. Ihr familiäres Flair hat die JGS seit jeher ausgezeichnet. Viele der Erwachsenen sind schon seit Jahrzehnten Mitglieder und gehen gemeinsam durch dick und dünn. Das gilt vor allem für diejenigen, die als Ehrenamtliche zu den tragenden Säulen der JGS gehören wie Judo-Abteilungsleiter Jörg Bielefeldt, Leistungssport-Trainer Florian Hahn, der auch Sportdirektor des Hamburger Judo-Verbandes ist, den Ü30-Beauftragten Lars Lange oder den JGS-Sportdirektor Olaf Lange.

Judo-Gemeinschaft Sachsenwald: Fairness, Respekt und Freundschaft

Das familiäre Miteinander und der achtsame Umgang miteinander sind zentrale Elemente des Erfolges. „Schon unsere Jüngsten bekommen ja die Grundwerte des Judosports wie Fairness, Respekt und Freundschaft beigebracht“, erläutert Mahncke. „Judo ist zudem ein Sport, den man von früher Jugend bis ins gesetzte Alter betreiben kann.“ Der 63-Jährige ist das beste Beispiel, geht selbst regelmäßig zum Training. „Unser Trainer Lars Lange sagt immer, er will Judo mit uns betreiben, bis wir alle 80 sind“, sagt Mahncke und schmunzelt.

Judo-Gemeinschaft Sachsenwald
Erfolgreicher Ausflug zur Veteranen-WM nach Abu Dhabi: das JGS-Team mit Saskia Döbrich (2. v. l.), Christin Harms (3. v. r.), Anja Silz (2. v. r.) und Olaf Lange. © Karsten Lange | Karsten Lange

Die JGS ist im Jahr 1963 durch den Zusammenschluss der Judo-Abteilungen des ASV Bergedorf 85 und der Bergedorfer Turnerschaft von 1860, einem Vorgängerverein der TSG Bergedorf, entstanden. Nach 35 Jahren als eigenständiger Verein folgte 1998 der schwierigste und folgenschwerste Schritt: Die JGS wurde zur Judo-Abteilung des Großvereins TSG Bergedorf. Sie kam so im neu gebauten Sportforum endlich zu einem eigenen Dojo, gab dafür aber ihre Eigenständigkeit auf.

Der wahrscheinlich längste Vereinsname in Deutschland – Naja, fast!

Auf dem JGS-Logo prangt seit dem Zusammenschluss mit der TSG einer der längsten Namen in der deutschen Sportvereinslandschaft: „Judo-Gemeinschaft Sachsenwald in der Turn- und Sportgemeinschaft Bergedorf von 1860 e.V.“ Das sind 88 Tastaturanschläge. Puh! Wer kann das überbieten? Es gibt tatsächlich einen Verein: „Freunde und Ehemalige des Gymnasial-Ruder-Clubs am Ernst-Moritz-Arndt Gymnasium Bonn e.V.“ Das sind sogar 89 Tastaturanschläge!

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Kein Wunder also, dass die Judo-Abteilung der TSG Bergedorf in Judo-Deutschland nur als „JGS“ bekannt ist. „Der historische Name hat große Bedeutung für uns“, betont Mahncke. „Wir benutzen ihn bei jeder Gelegenheit.“ Die Bergedorfer Kampfsportler feierten zuletzt eine ganze Reihe an Erfolgen. So holten Gerrit Noack (-81 kg) und Celine Becker (-70 kg) bei den stark besetzten Deutschen Hochschul-Meisterschaften in Konstanz in ihren Gewichtsklassen jeweils den Titel. Sophie Scharnberg (-57 kg) kam auf Platz sieben.

JGS-Sprecher Torri Mahncke über Top-Talent Gerrit Noack: „Er lebt Judo“

Der 21-jährige Noack ist zweifellos das größte Talent der Bergedorfer. „Gerrit lebt Judo“, lobt Mahncke, „er hat einen tollen Blick darauf, er analysiert einen Kampf, wo ich nur herumstochere.“ Gerrit Noack ist ein typischer Konterkämpfer, der auf die Fehler seines Gegners wartet und diese dann ausnutzt. Seit Kurzem startet er für das Judo-Team Hamburg in der 1. Bundesliga und hat dort eine perfekte Bilanz: drei Kämpfe, drei Siege. Noack lebt und trainiert genauso wie die 18-jährige Sophie Scharnberg in Hannover und trainiert dort im Bundesleistungszentrum.

Judo-Gemeinschaft Sachsenwald
Sorgt für Furore in der Bundesliga: der Deutsche Hochschul-Meister Gerrit Noack (JGS, r.) im Griff-Duell mit Mathijs van Harten. © Karsten Lange | Karsten Lange

Während Scharnberg in ihrem Abiturjahr 2023 Probleme hatte, an frühere Erfolge anzuknüpfen, war der Triumph von Konstanz für Celine Becker nach zuvor zwei Silbermedaillen ein neuer Höhenflug. „Celine zeichnet einfach ein phänomenaler Kampfeswille aus“, lobt Mahncke. Den bewies die 26-Jährige auch im äußerst knappen Finale von Konstanz, als sie sich gegen die starke Aachnerin Jenny Klaus durchsetzte, die zuvor sämtliche Gegnerinnen mit Ippon auf die Matte gelegt hatte, während Becker schon in den Vorrunden durchaus zu kämpfen hatte.

Unter der Sonne Abu Dhabis zum Vize-Weltmeister-Titel

Vize-Weltmeisterinnen dürfen sich neuerdings sogar die beiden JGS-Kämpferinnen Christin Harms und Saskia Döbrich nennen. Beide schafften es bei der Veteranen-WM in Abu Dhabi in ihren jeweiligen Altersklassen aufs Treppchen. Christin Harms, die auch Managerin und Trainerin der Bundesliga-Frauen der JG Sachsenwald ist, schaffte es durch Siege gegen Viktoria Zubkova (Estland) und Shilpa Salian (Indien) ins Finale, wo sie der Britin Natasha Glassford unterlag.

Saskia Döbrich bezwang in ihrer Konkurrenz sogar die spätere Weltmeisterin Luisa Viegas aus Angola, wurde aber trotzdem nur Zweite, weil sie dafür ihrer deutschen Teamkollegin Zia Notter unterlag. Ebenfalls für die JGS erfolgreich bei der Veteranen-WM in Abu Dhabi am Start waren Anja Silz, die Bronze gewann, und Olaf Lange, der Rang sieben belegte.

JGS-Sportler Yamen Ahmad Alikaj – Aus Syrien zu den Olympischen Spielen

Mit Yamen Ahmad Alikaj hatte die JGS bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021 sogar einen eigenen Teilnehmer am Start. Alikaj war 2015 aus Syrien nach Deutschland geflohen und wurde vom Internationalen Olympischen Komitee für das Flüchtlingsteam nominiert. „Das ist aber nicht damit zu vergleichen, sich in Deutschland sportlich für Olympia qualifizieren zu müssen“, betont Mahncke. „Dieser Weg ist unheimlich hart.“

In ihrer 60-jährigen Geschichte hat die JGS noch nie eine Sportlerin oder einen Sportler hervorgebracht, die den Sprung ins deutsche Olympiateam geschafft hätten. „Unser Wunsch für die nächsten 60 Jahre wäre es, in Zukunft eine Handvoll Judoka zu entwickeln, die so gut sind, dass sie für einen Platz im Olympiateam infrage kommen“, blickt Mahncke voraus. Leistungssport-Ambitionen also unter dem Dach des Breitensportvereins TSG Bergedorf, der so etwas bekanntlich nur sehr zurückhaltend fördert.

Achtsamkeit und Entschlossenheit machen den Judosport aus

Vor allem aber wollen sie bei der JGS die Faszination ihrer Sportart in die nächsten Generationen hinein tragen. „Im Judo bist du nichts ohne deinen Partner“, betont Mahncke das Verbindende des Kampfsports. „Ohne ihn kannst du nicht besser werden.“ Die Verbindung von Achtsamkeit und Entschlossenheit auf der Matte, sie macht den Judosport aus und die Judo-Gemeinschaft Sachsenwald zu diesem – im doppelten Sinne – umwerfenden Verein.