Hamburg. Energie-Rebellen wehren sich gegen horrende Forderungen für Fernwärme aus Holzheizkraftwerk. Was sie von Andreas Dressel erwarten.
Sie geben nicht auf. Weil ihrer Meinung nach ihre horrenden Abrechnungen für Fernwärme aus dem Holzheizkraftwerk (HHK) am Havighorster Weg ungerechtfertigt und überteuert sind und viele Menschen im Stadtteil in ernsthafte finanzielle Bredouille bringen. Die Interessengemeinschaft „Wir“ aus dem Lohbrügger Norden kämpft weiter gegen den Energiekosten-Wahnsinn und konnte sich in jüngerer Vergangenheit prominente Unterstützer sichern. So kommt demnächst der Hamburger Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) nach Lohbrügge. Und Anfang 2023 wollen sich Vertreter von E.on sowie dem HHK den Fragen der Betroffenen stellen.
Dressel kommt am Freitag, 16. Dezember, um 18 Uhr auf Einladung der IG „Wir“ in die Auferstehungskirche am Kurt-Adams-Platz. Seine Mission: „Herr Dressel möchte Möglichkeiten aufzeigen, wo man finanzielle Hilfen beantragen kann, damit Einzelhaushalte Energiekosten stemmen können“, verspricht sich Stephan Pütz, der mit seiner Unterschriftenaktion im Oktober die IG „Wir“ aus der Taufe gehoben hat. Senator Dressel hatte unlängst versucht, verschiedene Energielieferanten in dem von der Stadt eingerichteten Härtefallfonds einzugliedern – im Falle der E.on vergeblich.
IG „Wir“ berät sich mit Regierungspartei im Hamburger Rathaus
Die Kirche bietet Platz für 150 Personen. Obwohl auch die Fraktionen der anderen Bergedorfer Parteien (CDU, FDP, Grüne, FDP) eingeladen wurden, betonen die Organisatoren, dass es sich um keine parteipolitische Abendveranstaltung handele. „Wir haben schließlich eingeladen“, so Stephan Pütz.
Zuletzt hatten sich Stephan Pütz und seine Mitstreiter mit den Bergedorfer Bürgerschaftsabgeordneten der SPD, Ali Simsek und Alexander Mohrenberg, im Hamburger Rathaus getroffen. Dabei ging es laut Pütz darum, eine Podiumsdiskussion mit Vertretern der Energieproduzenten für Anfang 2023 zu planen und einen Fragenkatalog zu erarbeiten.
Podiumsdiskussion: Auf die E.on-Belegschaft warten viele Fragen
Datum und Ort des Treffens – mutmaßlich in der zweiten Kalenderwoche in einer Halle für bis zu 500 Personen – stehen zwar noch nicht fest, dafür aber der Inhalt des Frage-Antwort-Spiels. Der ist üppig ausgefallen: „Vorab“, ergänzt Stephan Pütz, „würden wir gern mit den Herrschaften die Sinnhaftigkeit und Korrektheit der verschickten Rechnungen klären, die für uns keine ist.“ Die Nachzahlungsforderungen seien nicht nachvollziehbar, die Abschlagsforderungen mit 19 statt 7 Prozent Mehrwertsteuer berechnet worden. Dazu erhöhe E.on unverhältnismäßig mit Mahnungen und Mahngebühren bis hin zur Einstellung der Fernwärmelieferungen unsachgemäß den Druck auf die Verbraucher.
- Die Lichter am Schloss in Bergedorf werden ausgeknipst
- Wie Schwarzenbek künftig Energie einsparen will
- So reagieren Kommunen in Stormarn auf die Gaskrise
Im bislang 15 Punkte umfassenden Fragenkatalog (mit weiteren Unterpunkten) will die IG „Wir“ zum Beispiel wissen, wie sich der aus dem Holzheizkraftwerk produzierte Energiemix zusammensetzt und welche Rolle bei der Fernwärme dabei tatsächlich der Gasanteil spielt. Das HHK steht eigentlich dafür, überwiegend Holzabfälle in Wärme umzusetzen, Gas werde bei der Wärmeproduktion nur zu 22 Prozent eingesetzt. Auch die Rechtskräftigkeit der Preisgleitklauseln und eine genaue Definition und Höhe der „Netzverluste“ interessieren die Energie-Rebellen. Der umfangreiche Katalog soll noch vor Weihnachten präzisiert und verkleinert werden.
Sorgt die Widerspruchs-Flut für Einstellung der Forderungen?
Nach Angaben von „Wir“ haben sich mittlerweile weit mehr als 1000 Bewohner der Initiative angeschlossen, nachdem sie schockierende Post mit hohen Preiserhöhungen ihres Energielieferanten erhielten – bis zu 2000 Euro Nachzahlungen, bis zu 850 Euro monatliche Abschläge. „Diejenigen Bürger, die mit uns Kontakt hatten, haben Widerspruch eingelegt“, sagt Pütz, „überwiegend wurde der normale vorige Betrag gezahlt, die Erhöhungen der Abschläge und Nachzahlungen aber nicht. Davon wird E.on eher nicht begeistert sein.“ Insofern baue die Initiative darauf, dass der Essener Konzern seine Forderungen aufgrund der Überlastung der hauseigenen Beschwerdestelle ersatzlos streiche.