Hamburg. Im Herbst vor 25 Jahren eröffnete das Infohaus als Ausgleich für eine Müllverbrennung - eine Erfolgsgeschichte mit Hindernissen.
Die Blauflügelige Ödlandschrecke ist ein Hingucker auf den zweiten Blick. Wenn das braune Insekt auffliegt, präsentiert es seine hübschen, sonst verborgenen hellblauen Hinterflügel. Die Ödlandschrecke hat aber noch eine weitere Besonderheit zu bieten, von der nur kaum einer weiß: Sie ist ein Grund dafür, dass das Boberger „Dünenhaus“ genau da steht, wo es eben steht – an der Boberger Furt 50 – und nicht ein Stück weiter Richtung Parkplatz. „Da sollte das Infohaus nämlich ursprünglich gebaut werden“, erinnert sich Dünenhausleiterin Karen Elvers. Doch die gefährdete Ödlandschrecke war zuerst da, die Fläche fiel als Standort aus.
Boberger "Dünenhaus": Jubiläum wird mit einem großen Familienfest gefeiert
Geschichten wie diese hat Karen Elvers Dutzende parat. Denn die 62-Jährige ist dabei, seit es das Infohaus Boberger Niederung gibt – und das sind in diesem Oktober genau 25 Jahre. Ein Jubiläum, das am Sonntag, 26. September, von 15 Uhr an mit einem großen Familienfest gefeiert werden soll. Geplant sind Bastelaktionen, der Bau von Insektenhotels, ein Besuch des Theaters Mimikri und vieles mehr.
Das Infohaus – das später in Dünenhaus umbenannt wurde – verdankt seine Existenz einer Müllverbrennungsanlage. „Damals wurde nach einer Ausgleichsfläche für die Müllverbrennungsanlage Borsigstraße gesucht“, erzählt Karen Elvers. Mangels Flächen im Stadtstaat entstand die Idee, alternativ das ausgewiesene Naturschutzgebiet Boberger Niederung durch den Bau eines Naturschutzinfohauses aufzuwerten. Ein Ort mit einer kleinen Ausstellung, mit Seminaren und Führungen sollte es sein. „Es gab auch noch Diskussionen, ob man aus Ausgleich überhaupt ein Haus bauen soll“, erinnert sich Karen Elvers. Doch der Bedarf für ein Infohaus, das die Besucherströme etwas lenkt, war schon damals da. Und so gab es eine Art Kompromiss. Das Infohaus wurde als abbaubares Gebäude errichtet. „Man könnte es einfach abbauen und an eine andere Stelle setzen“, so Elvers.
Zahl der Veranstaltungen stieg Jahr für Jahr
An einem verregneten Tag im Herbst 1996 konnte schließlich die Eröffnung gefeiert werden. Und das unter der Loki-Schmidt-Stiftung arbeitende Haus erwies sich schnell als Besuchermagnet. So kamen 1997 knapp 5000 Menschen ins Infohaus. 1998 waren es bereits mehr als 6000, 2005 fast 12.000 und 2017 sogar etwa 17.000 Gäste. Auch die Zahl der angebotenen Veranstaltungen stieg mit jedem Jahr.
Corona brachte dann 2020 ganz neue Probleme. Das Haus war lange geschlossen, die Besucherzahlen lagen nur bei etwas über 3000. Vor allem aber entdeckten die Menschen im Lockdown ihre Liebe zur Natur – und stürmten die Boberger Niederung und ihre Dünen, oft ohne sich an die Regeln zum Schutz der Flora und Fauna zu halten. „Es war schlimm“, resümiert Karen Elvers. Zum Glück gebe es jetzt die Ranger, die für Ordnung sorgten.
Doch sie sieht ein grundsätzliches Problem: Viele Kinder wüchsen heute ohne grundsätzliches Naturverständnis auf. Sie ekeln sich vor vielen Tieren, treten unbedacht Insekten tot. Naturerziehung werde deshalb immer ein wichtiger Bestandteil der Arbeit sein.
Boberger Dünenhaus fehlt seit vielen Jahren ein Seminarraum
Dafür fehlt es jedoch – seit Langem schon – an einem Seminarraum. Das Dünenhaus hat nur einen großen Saal und der beherbergt die Ausstellung. Die mobilen Elemente lassen sich zwar zur Seite schieben, doch viel mehr als eine Notlösung ist es nicht. Nach Jahren des Wartens hatte die Umweltbehörde nun 2020 endlich einen Anbau zugesichert. Dann aber kam Corona und mit ihm das Haushaltsloch. Nun steht der Anbau – wieder einmal – in den Sternen.
Karen Elvers wird wohl in drei Jahren in Rente gehen. Nur halb im Scherz sagt sie aber: „Ich möchte den Anbau noch eröffnen. Vorher gehe ich nicht!“