Hamburg. Bergedorf trägt es im Namen, doch hoch hinaus geht es im Bezirk nicht. Oder doch? Frank Wippermann kennt Aufstiegsmöglichkeiten.

Knapp 60 Prozent aller Hamburger sind konfessionsfrei, so lässt sich zumindest die Gipfelkreuzlosigkeit der Hansestadt verstehen. Wann aber ist ein Berg ein Berg? Das erklärt Frank Wippermann, Autor des höchst amüsanten „Bergführer Hamburg“, der selbst schon einige 5000er erklommen hat, etwa in Nepal. Doch weder die Messner-Liste noch die „Seven Summits“ – die höchsten Gipfel der sieben Kontinente – konnten ihn so sehr beeindrucken wie die „Seven Elb Summits“, in den sieben Hamburger Bezirken: Es sei immerhin „weniger wahrscheinlich, sich die Zehen auf den Doktorberg abzufrieren als auf dem Everest“, ist sich der Autor gewiss.

Neues Buch: Hamburg hat jetzt einen eigenen Bergführer

In Bergedorf jedenfalls punktet der Doktorberg mit erhabenen 43 Metern – und verwirrt den Wanderer nach Gesprächen „mit Einheimischen“ im Villengebiet, denn: „Die Tennisanlage, die wir nach dem Rodelgipfel passiert haben, liegt mehr als zehn Meter höher als dieser und wird in vielen Karten als Doktorberg bezeichnet“, fand der Hobby-Bergsteiger heraus.

In seinem amüsant geschriebenen Buch, das bei 80 Touren auf 89 Gipfel führt, geht es allein um die Höhe über der umgebenden Landschaft, denn wenn das Bergsein von der absoluten Höhe abhinge, „dann würde es außer dem Himalaya und in den Anden kaum Berge geben“, meint Wippermann, der 1962 in Osnabrück zur Welt kam, also am Wiehengebirge und 320 Meter über dem Meeresspiegel.

Aber zurück mit festem Schuhwerk nach Bergedorf – wobei man es auf die Boberger Dünen auch mit Badelatschen schaffen sollte: Nach dem Ende der Weichsel-Kaltzeit entstand hier eine Kette aus Sandbergen, 30 bis 50 Meter hoch – wenn der Sand nicht für die aufgeschütteten Bahntrassen genutzt worden wäre. Flankenanstiege und Gratbegehungen sind aber immer noch möglich, heißt es für Tour 49, die am Boberger Furtweg startet und bis zum immerhin fünf Meter hohen Mümmelmannsberg führt.

Der höchste Punkt von Bergedorf liegt am Bornmühlenbach

Wer genau hinschaut, entdeckt gleich zwei Höhen in unmittelbarer Nähe: die Schorrhöhe und die Hermann-Löns-Höhe.
Wer genau hinschaut, entdeckt gleich zwei Höhen in unmittelbarer Nähe: die Schorrhöhe und die Hermann-Löns-Höhe. © BGZ | strickstrock

Auf 36 Meter schaffen es die Sander Tannen, die insofern beeindrucken, als dass es „auf nur 500 Metern Luftlinie eine Höhendifferenz von 30 Metern gibt“, schwärmt er, muss aber Abzüge geben: „Zu viele Bäume = zu wenig Aussicht.“ Dass er sich nicht dazu verstiegen hat, An der Bergkoppel in Boberg zu beschreiben, den Lindenbergweg nahe der Bethesda-Klinik, den Pfingstberg oder die Ambergstraße im Villengebiet – geschenkt: Schließlich sei jede 30. Straße in Hamburg irgendwo „bergig“.

Dass die Habermannstraße stetig bergauf führt, wissen alle Bergedorfer, nicht jedoch, dass sie am Bornmühlenbach – also neben dem Bolzplatz im Grünen Zentrum – den „höchsten Punkt von Bergedorf“ auf 51 Metern erreichen können. Fazit: „Oben ist dichtes Gestrüpp“. Und so verlangt eben nicht gleich jede Anhöhe nach Seil, Karabiner und Schlafsack. Dafür aber lässt sich locker noch am selben Tag der Schneckenberg erreichen, entstanden aus einer Bastion im Bergedorfer Schlosspark: „Der Gipfel ist der übrig gebliebene Teil des Festungswalls“, erklärt der Autor die knapp zehn Meter hohe Treppenanlage.

Tour 55 verspricht 76 Aufstiegsmeter auf dem Geesthang

Dass zehn Höhenmeter ungefähr 60 Treppenstufen entsprechen, ist für den Bergedorfer Bergsteiger interessant, wenn er sich von der Holtenklinker Straße bis zum 33 Meter hohen Gojenberg hochkämpft, um den Sternen näher zu kommen. Auch schwindelerregend kann Tour 55 sein, die von der Rothenhauschaussee 76 Aufstiegsmeter auf dem Geesthang verspricht – samt Aussichtspunkt auf der Schörrhöhe – wobei der Autor nicht unerwähnt lässt, dass Bergedorfs Bezirksversammlung wenig Gnade mit dem langjährigen Direktor der Sternwarte hat. „Denn Richard Schorr hat Mitarbeiter bespitzeln lassen und an die Gestapo verraten.“ Daher gedenke man lieber dem astronomischen Optiker an der Sternwarte und genießt künftig prächtige Ausblicke von der „Bernhard-Schmidt-Höhe“.

Lesen Sie auch:

Wer ab hier nur noch Kiefern und Birken oder Birken und Kiefern sehen möchte, wandert weiter bis zu den Borghorster Sandbergen, die zwölf Meter hoch sind. Damit hat es sich dann mit den Bergen im Hamburger Osten, könnte man sich den anderen Bezirken zuwenden, den beiden Müllbergen, den 25 Rodelbergen oder dem Süllberg, der tatsächlich mit 221 Metern die höchste Erhebung der Stadt ist. Wer ihn mühsam bezwungen hat, könnte sich anschließend auf dem nur zwei Meter hohen „Hamburger Berg“ ausruhen – oder das Miniatur-Wunderland besuchen, wo das Matterhorn im „Abschnitt Schweiz“ immerhin 5982 Millimeter hoch ist.

Der „Bergführer Hamburg“ mit 224 Seiten (samt Höhenrelief-Karte und HVV-Haltestellen nahe der Gipfel) erscheint im Junius Verlag und ist für 16,80 Euro erhältlich (ISBN 978-3-96060-537-9).