Hamburg. Das Gebiet für die Schuleingangsuntersuchung wurde neu zugeschnitten. Der Elternrat der Sander Straße kritisiert die Behörde.

Wer hat die besten Ganztagsangebote, wer ist besser in Sachen Integration und Inklusion? Schon lange gibt es einen Wettbewerb unter Bergedorfs Grundschulen. Inzwischen entspinnt sich jedoch ein fast schon strategisches Tauziehen um die Erstklässler: Da die Grundschule am Fiddigshagen in Nettelnburg aus allen Nähten platzt, wollten viele Eltern – insbesondere aus den Neubaugebieten am Schleusengraben – ihre Kinder an der christlichen August-Hermann-Francke-Schule in den Glasbläserhöfen anmelden: „Rechnerisch haben wir zwei Anfragen auf einen Platz“, sagt Geschäftsführer Florian Meyerhöfer, dessen Haus zweizügig bleibt. „Wir schätzen unsere familiäre Atmosphäre, mussten 34 Grundschüler ablehnen.“

Wann es eine neue staatliche Grundschule auf dem nahen, ehemaligen Gelände von Opel Dello am Sander Damm geben wird, steht noch in den Sternen. Also wohin jetzt mit den Erstklässlern? Vielleicht nach Lohbrügge: Wie es scheint, machte die Schulbehörde viel Werbung für die Grundschule Leuschnerstraße. Dass hier mit dem neuen Schuljahr 41 Kinder in zwei Klassen (statt wie sonst üblich nur einer) starten können, mag dem Umstand geschuldet sein, dass die Behörde die Viereinhalbjährigen aus dem Bille-Bogen diesmal zur Schuleingangsuntersuchung an die Leuschnerstraße eingeladen hatte – und nicht, wie üblich, an die Grundschule Sander Straße.

Wettkampf in Bergedorf: Welche Grundschule besuchen die Erstklässler?

Das beunruhigt den dortigen Elternrat: „Der ganze Bille-Bogen macht knapp 20 Prozent unserer Schülerschaft aus. Wir würden es sehr bedauern, die Kinder vom Ludwig-Rosenberg-Ring zu verlieren, denn sie helfen bei einer bunten, sozialen Durchmischung“, sagen Ulla Feist und Amina Pedersen. Genau diese Kinder mit ihren engagierten Eltern würden eine „gute Mitte“ darstellen zwischen den Schülern aus den Flüchtlingsunterkünften, aus dem Kinderhaus St. Elisabeth sowie jenen aus dem Bergedorfer Villengebiet: „Sie sind ein verbindendes Element und geben unsere vielfältige Gesellschaft gut wieder.“

Es gebe „keine ,Einzugsgebiete’ von Schulen, da alle Eltern ihre Kinder frei anmelden können“, betont Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde. Wo die Viereinhalbjährigen-Untersuchung angesetzt wird, muss also nicht auch die Einschulung sein. Aber „so kann man natürlich auch per Einladung die Anmeldezahlen steuern“, sagt Sven Kuvecke vom Bergedorfer Kreiselternrat, der im Vorfeld der Entscheidung nicht angehört wurde.

Einzugsgebiete sollen nur wenig verändert werden

Auch die Leitung der Grundschule Sander Straße wurde erst spät informiert: „Wir sind nicht glücklich über den neuen Zuschnitt des Gebietes, denn der Ludwig-Rosenberg-Ring ist ein Kernstück unserer Schulgemeinschaft“, sagt Schulleiter Marco Fritzler, der aktuell 83 Kinder in vier Klassen aufnimmt. Er möchte jetzt zunächst mit der Schulaufsicht sprechen und die Neuerung infrage stellen.

Lesen Sie auch:

„Grundsätzlich wollen wir die Einzugsgebiete wenig verändern, damit unter den Eltern keine Verunsicherung entsteht, wenn die Nachbarskinder eine andere Schule besuchen“, sagt Marita Cassens von der Bergedorfer Schulaufsicht: „Es ist eher selten, dass wir einen Schulbezirk ändern“, so die Oberschulrätin, die Ende Juni in Pension geht.

Grundschule Leuschnerstraße soll vierzügig werden

Ein Blick in den Schulentwicklungsplan macht indes die Strategie deutlich: Sobald das Regionale Bildungs- und Beratungszentrum (ReBBz) an den Reinbeker Redder umgezogen ist, soll die Grundschule Leuschnerstraße vierzügig werden. Schließlich ist gleich nebenan eine neue Stadtteilschule geplant, die natürlich auch Nachwuchs braucht.

Sorgen wird man sich aber wohl nicht machen müssen, mit Blick auf die Nachfrage. Das habe auch die August-Hermann-Francke-Schule erfahren: „Für unsere gerade aufwachsende Stadtteilschule haben wir drei Anfragen je Platz, mussten insgesamt 80 Anfragen ablehnen“, heißt es in der christlichen Schule.

Mit welchen Schülerzahlen an Grund- und Stadtteilschulen gerechnet wird, will auch Bergedorfs Bildungsausschuss erfahren, der für seine nächste Sitzung am 3. Mai Referenten der Schulaufsicht und von Schulbau Hamburg einladen will. Zudem geht es um die Digitalisierung, wollen die Politiker Fragen stellen zum Kauf von Laptops (samt PC-Fortbildung für Lehrer), zu ausfallenden Praktika und zur Hygienesituation bei den Schnelltests.