Hamburg. Christdemokraten stärkste Fraktion. Schwierig wird es jetzt für Bezirksamtsleiterin Schmidt-Hoffmann – und politische Mehrheiten.
Der Schock der Europawahl, die die AfD in Neuallermöhe zur stärksten Partei machte, ist bei der Bezirkswahl zwar ausgeblieben. Doch das Votum der Bergedorfer, von denen knapp 60 Prozent gewählt haben, erschüttert die Mehrheitsverhältnisse grundlegend. Klar ist: Bergedorfs Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP ist abgewählt, die CDU nun stärkste Kraft – erstmals seit 2005.
Doch wirklich auskosten werden die Christdemokraten ihren Erfolg nicht können: Denn die neuen Machtverhältnisse im Bergedorfer Rathaus spielen ihnen keinen realistischen Partner zu. Weder reicht es für Schwarz-Grün, noch für Jamaika, also das Trio mit der FDP. Einzig die SPD wäre denkbar. Doch mit ihr liegt die CDU im Grundsatzstreit über den Sinn von Oberbillwerder, das die Sozialdemokraten befürworten, ebenso wie der rot-grüne Hamburger Senat. Hier könnte das Bergedorfer Wahlergebnis sogar Folgen für den bald anlaufenden Bürgerschaftswahlkampf haben.
Wahl in Bergedorf: Bezirksamtsleiterin bleibt wohl im Amt
Unangenehm dürften die neuen Mehrheiten auch für Bergedorfs Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann werden. Konnte die Sozialdemokratin, im Oktober 2021 von der SPD und ihren Koalitionspartnern ohne Ausschreibung ins Amt gehoben, bisher Hamburgs ebenso politisch eingefärbte Entscheidungen im Bezirk durchsetzen, ist das jetzt anders: „Nun wird es ihr Job sein, Bergedorfer Interessen beim Senat durchzusetzen“, sagt CDU-Kreischef und Bürgerschaftsabgeordneter Dennis Gladiator.
Tatsächlich ist auch ihre Abwahl noch nicht vom Tisch – wenn auch ziemlich unwahrscheinlich. Für ein solches Projekt scheidet die SPD natürlich aus, und andere Mehrheiten wären für die CDU nur mit Grünen und AfD möglich, was kaum zu erwarten ist. Dennoch behalten sich die Christdemokraten eine endgültige Entscheidung vor. Auf Nachfrage unserer Redaktion verweist Dennis Gladiator auf die konstituierende Sitzung der neuen Bezirksfraktion am Mittwoch und die der Partei am Donnerstag.
Oberbillwerder: Neuauflage der öffentlichen Auslegung reicht in den Bürgerschaftswahlkampf
Rückenwind bedeutet das Wahlergebnis auch für die Gegner Oberbillwerders. Obwohl der Bezirksversammlung die Entscheidung über den Bau des 15.000-Einwohner-Stadtteils schon 2019 vom Senat entzogen wurde, gilt der CDU-Erfolg jetzt als klares Signal an Hamburg, dass dieses Großprojekt unter den Bergedorfern keine Mehrheit mehr hat.
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CDU möchte als Wahlsieger keine Koalition eingehen
Dass eine neue Zusammensetzung der Bürgerschaft nach deren Wahl am 2. März 2025 Oberbillwerder doch noch verhindern könnte, wird durch den Ausgang der Bezirkswahl in Bergedorf allerdings wahrscheinlicher. Denn nach der Panne bei der abschließenden Auslegung des Bebauungsplans im Frühjahr konnte die alte Bezirksversammlung kein grünes Licht mehr für den Zukunftsstadtteil geben. Das steht nun zum Jahreswechsel an und dürfte dann von den neuen Bergedorfer Mehrheiten abgelehnt werden. Damit stehen die Zeichen gut, dass Oberbillwerder doch noch Hamburger Wahlkampfthema wird.
Für die Politik in Bergedorf bedeutet das Wählervotum schwierige Zeiten. Denn die Ankündigung der CDU, bei einem Wahlsieg keine Koalition eingehen, sondern wieder „Bergedorfer Verhältnisse“ im Sinne wechselnder Mehrheiten je nach Thema einführen zu wollen, könnte für Stillstand sorgen. Dafür könnte allein ein Zusammenrücken von SPD und CDU sorgen, das nach fünf Jahren politischer Scharmützel kaum zu erwarten ist. Alle anderen Mehrheiten müssten quer über das gesamte politische Spektrum organisiert werden. Denn selbst Schwarz-Grün-Gelb oder Rot-Rot-Grün reichen nicht aus.