Hamburg. Senior (75) genervt von den nächtlichen Partys mit Alkohol und Musik im Park. Der Polizei ist das bekannt. Warum sie dennoch wenig tut.

Das hatten sich Christoph und Alexandra S. (Namen geändert) so hübsch ausgemalt – an langen Sommerabenden auf ihrer großzügigen Terrasse sitzen und als direkte Anwohner des Bergedorfer Schlossparks ganz viel Natur und Ruhe genießen.

Doch mit der Ruhe ist es so eine Sache: Vor allem an warmen Sommertagen und vorzugsweise am Wochenende schallt es von verschiedenen Orten in Bergedorfs Vorzeige-Grün herüber, wird lauf Musik abgespielt und dazu Alkohol getrunken. Die Anwohner des Parkgeländes sind extrem ungehalten, weil die Polizei aus ihrer Sicht bisher nicht gegen die Ruhestörer eingegriffen hat.

Ruhestörung im Bergedorfer Schlosspark durch nächtliche Partys

Christoph S. zeigt stolz den gepflegten Rasen, den er sich in dem Vier-Parteien-Appartementhaus mit anderen Mietern teilt. Dahinter, in nicht einmal 50 Meter Entfernung, ist die Anhöhe zu sehen, die gern von sechs bis zwölf jüngeren Leuten als Treffpunkt für Trinkgelage genutzt wird. S. hat mit der Zeit drei Hotspots der immer wiederkehrenden Gelage festgestellt. Neben der Anhöhe mit den Sitzbänken sind das das Holzhäuschen neben der Schlosswiese und der Schlossspielplatz.

„Die fühlen sich da wohl selbst komplett ungestört, aber die Geräuschkulisse hallt weit“, beschreibt Christoph S.. Und die Musik werde grundsätzlich immer lauter, „je mehr die Leute dort trinken“. Es sei ihm auch schon mal zu bunt geworden – und da der 75-Jährige öfter am Abend eine Runde durch den Park geht, habe er sich auch einmal zu so einer Gruppe dazu gesetzt. Bier und härterer Sprit wurden konsumiert, Musik lief übers Smartphone. „Wir haben zuerst ein bisschen geplaudert, bis ich ihnen gesagt habe, dass sie mir auf die Nerven gehen.“ Offenbar brachte aber auch diese Konfrontationsmethode nicht das gewünschte Ergebnis.

Bisher habe die Polizei nichts gegen die Ruhestörer getan

Das Rentnerehepaar S. (75, 73) lebt seit 18 Monaten an der Ernst-Mantius-Straße. In dieser Zeit hat Christoph S. schätzungsweise 20 Mal bei der Bergedorfer Polizei angerufen, zumeist zwischen 22 und 1 Uhr, und die Störenfriede im Schlosspark gemeldet.

Geschehen sei von polizeilicher Seite aber seinen Beobachtungen nach bisher nichts: „Einmal wurde mir ein Streifenwagen angekündigt, der aber nicht kam“, so der Bergedorfer, der angeblich noch ganz andere Dinge zu hören bekam. Da sollen die Beamten gesagt haben: „Machen Sie doch die Fenster zu“ oder „Wenden Sie sich an die Lokalpolitik.“

Polizei kennt Ruhestörungen im Schlosspark

Genau das tat S. kürzlich, stellte das Problem bei der letzten Bezirksversammlung der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode vor. Tatsächlich äußerte sich fast jede Fraktion dazu. Interessant findet der Schlosspark-Anrainer die Idee eines Bezirklichen Ordnungsdienstes, wie ihn die Bergedorfer CDU eben für diese „kleineren Aufgaben“ vorgeschlagen hat. S. meint, dass so eine Person zum Beispiel in den Sommermonaten einmal am Wochenende im Schlosspark umherlaufen könnte – seiner Meinung nach „die nachhaltigste Lösung“. Der Bezirk hat diese Ordnungshüter erst vor ein paar Jahren abgeschafft.

Die Kollegen in Bergedorf würden keineswegs die Lage im Schlosspark bagatellisieren, sagt der Hamburger Polizeisprecher Sören Zimbal: „Uns sind Ruhestörungen im Zusammenhang mit dem Schlosspark bekannt.“ Das habe letztlich auch eine Auswertung der Kollegen ergeben. Demnach habe auf Grundlage von Einsatzmeldungen „in den vergangenen zwei Jahren eine niedrige zweistellige Zahl an Anlässen“ dieser Art vorgelegen. Offenbar liefen die Einsätze aber unspektakulär ab, es seien Identitäten überprüft und mündliche Verwarnungen ausgesprochen worden – wie viele, sagt die Polizei nicht.

Polizei priorisiert ihre Einsätze

Wohl aber nehmen die Beamten des Pk 43 die Ruhestörungen im Schlosspark ernst, betont Sören Zimbal, die Kollegen liefen des Weiteren regelmäßig und präventiv Streife durch das Gelände zu unterschiedlichen Zeiten und seien auch unter Berücksichtigung „polizeilicher Prioritäten und verfügbarer Ressourcen schnellstmöglich“ vor Ort.

Doch eines sei auch klar: „Ruhestörungen treten hinter schweren Straftaten wie Raubdelikten und Vergleichbarem oder Einsätzen, bei denen Menschenleben in Gefahr sind, zurück.“ Das Gleiche gelte auch für Verkehrsunfälle mit lediglich Blechschäden. Allein ein Raub binde mehrere Streifenwagen für eine eventuelle Sofortfahndung oder Zeugenbefragungen.

Anwohner fordert Aushänge mit Verhaltensregeln

Trotz der polizeilichen Erklärung beharrt Anwohner S. auf seinem Standpunkt: „Es würde helfen, wenn die Polizei noch mehr Präsenz zeigt und Regeln erklärt, wie man sich auf öffentlichen Plätzen zu verhalten hat.“ Dabei helfen könnten nach Meinung des genervten Bürgers entsprechende, mehrsprachige Aushänge in Flüchtlingsunterkünften oder -Hotels.

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Denn die Sachlage im Schlosspark ist eigentlich sonnenklar: Mehrere Schilder an den Zuwegungen weisen eindeutig darauf hin, dass hier Alkoholkonsum verboten ist. Auch hier sei die Polizei laut Sören Zimbal in jüngerer Vergangenheit aktiv gewesen, habe Verstöße registriert und als Ordnungswidrigkeit entsprechend geahndet.

Schilder an den Zugängen zum Schlosspark, wie hier von der Ernst-Mantius-Straße aus, weisen auf das Alkoholverbot hin.   
Schilder an den Zugängen zum Schlosspark, wie hier von der Ernst-Mantius-Straße aus, weisen auf das Alkoholverbot hin.   © BGDZ | Jan Schubert

Wenigstens eine Sache funktioniert dann doch ganz gut: Der Schlosspark bleibt durch die Pflege der Stadtreinigung und der Grünabteilung des Bezirksamts aufgeräumt und sauber. Die Stadtreinigung ist an manchen Tagen schon um 6 Uhr morgens am Werk. Dazu kommen professionelle Flaschensammler, die das Leergut abräumen.

„Ich wünsche mir, dass Lärmbelästigung in der Prioritätenliste der Polizei nach oben wandert“, lautet die Forderung von Christoph S., der verkraften muss, dass seine Frau durch den Dauerlärm auch gesundheitlich strapaziert wird, in neurologischer Behandlung deshalb sei.. Christoph S. meint: „Lärmbelästigung ist wie Körperverletzung. Wir leiden sehr darunter. Dass wir ständig reingehen müssen, kann doch nicht sein.“