Hamburg. In unserer Serie zu den Bezirkswahlen 2024 sollen die Spitzenkandidaten fünf Gründe nennen, ihre Partei zu wählen. Heute: Julian Emrich

Auf Bundesebene knirscht es mächtig in der Zusammenarbeit der Ampelkoalition, die CDU profitiert davon in den Umfragen. Auch im Bezirk Bergedorf möchten die Christdemokraten die Koalition aus SPD, Grünen und FDP mit einem guten Abschneiden bei den Bezirkswahlen am 9. Juni aufbrechen. Als Spitzenkandidaten schickt die CDU ihren amtierenden Fraktionschef ins Rennen. Julian Emrich ist 38 Jahre alt und sitzt schon seit 2009 in der Bezirksversammlung. Im September 2021 löste er Sven Noetzel an der Spitze der Fraktion ab.

Emrich ist Versicherungskaufmann und soll gegenüber der Bergedorfer Zeitung fünf Argumente liefern, warum die Menschen im Bezirk ihre Kreuze im Juni bei der CDU machen sollen – eine Aufgabe, die wir auch den Spitzenkandidaten der anderen Parteien gestellt haben, die bei der Wahl antreten.

Julian Emrich tritt als Spitzenkandidat für die CDU an

1. Falls die CDU die stärkste Kraft in der Bezirksversammlung wird, kündigt der Christdemokrat eine „Politik des gesunden Menschenverstands, frei von Ideologie“ an. Konkret bezieht sich der 38-Jährige auf die politische Kultur in höchsten Gremium der Bezirkspolitik. Während die Ampelregierung in Berlin oft zerstritten wirkt, kritisiert Emrich das geschlossene Abstimmverhalten der Bergedorfer Koalition. „Wir wollen, dass sich die beste Lösung durchsetzt, und eine knappe Mehrheit in der Bezirksversammlung hat die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen“, so der CDU-Fraktionschef. Vorschläge aus der Opposition würden derzeit oft grundsätzlich abgelehnt. Das soll sich nach einem Wahlsieg der CDU ändern.

2. Die wirtschaftliche Entwicklung des Bezirks soll nach Ansicht der Christdemokraten eine höhere Priorität erhalten. „Wir wollen, dass man im Bezirk nicht nur gut leben kann, sondern auch gut arbeiten“, betont Emrich. Seine Partei setze sich dafür ein, dass die Wirtschaftsförderung im Bezirk besser aufgestellt und deshalb um eine zusätzliche Stelle aufgestockt werden soll. Mit dieser Forderung steht die CDU allerdings nicht allein da, die Bezirksversammlung beschloss die Aufstockung im September 2023.

Beim Thema Flächennutzung wird Emrich deutlich: „Es stehen nur noch 13 Hektar kurzfristig verfügbare Gewerbeflächen zur Verfügung.“ Der CDU-Mann fordert daher bestehende Gewerbeflächen zu erhalten und zum Beispiel auf dem Hauni-Gelände den Wohnungsbau zurückzustellen. Am Speckenweg könnten sogar neue Gebiete erschlossen werden.

CDU fordert eine Verkehrspolitik ohne Ideologie

3. Bei der Verkehrspolitik im Bezirk sieht Emrich ideologische Scheuklappen bei der Bergedorfer Koalition. Maßnahmen wie den Umbau des Binnenfeldredders zu einer vermeintlich fahrradfreundlicheren Straße werde es mit der CDU nicht geben. „Dort haben wir jetzt einen Radweg auf der Fahrbahn und niemand traut sich, darauf zu fahren“, sagt Emrich. Auch am Oberen Landweg, dessen Umbau derzeit für Staus in Bergedorf sorgt, hätte es Emrich den Fahrradfahrern weiter zugemutet, ihre Räder unter der Brücke zu schieben.

Mit dem geplanten Abriss mehrerer Parkhäuser in Bergedorf werden zudem „800 Parkplätze vernichtet“. Die CDU will mit kreativen Ideen Flächen auftreiben, auf denen der Verlust von Stellplätzen für Autos aufgefangen werden kann. „Das Parkplatzangebot spielt auch eine Rolle, wenn man Menschen in die Innenstadt locken will.“

Ordnungsdienst soll die Polizei im Bezirk entlasten

4. Ein Kernthema der Christdemokraten ist die Sicherheitspolitik. Emrichs Idee für Bergedorf: Ein bezirklicher Ordnungsdienst soll für „Sauberkeit und Sicherheit“ sorgen. Mit entsprechend ausreichend Personal ausgestattet, könnte ein solcher Dienst die Anleinpflicht von Hunden kontrollieren, gegen Ruhestörung und illegale Müllentsorgung vorgehen und auch die Umsetzung der neuen Cannabisgesetzgebung überprüfen. Mit all diesen Kompetenzen würde ein solcher Ordnungsdienst die Polizei im Bezirk entlasten.

Emrich setzt außerdem auf Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten, zum Beispiel am Bergedorfer Bahnhof. „Die Menschen fühlen sich dort unwohl“, betont der 38-Jährige. Die Datenschutzbedenken kann der Fraktionschef nicht nachvollziehen: „Schließlich gibt es in jedem S-Bahn-Wagen Videoüberwachung.“ Sicherheit bedeutet für Emrich auch, dass an allen öffentlichen Gewässern im Bezirk zur Badesaison eine ausreichende Aufsicht gewährleistet wird: „Schließlich haben wir jedes Jahr Badeunfälle.“

5. Politisches Geschick braucht es für die Umsetzung von Emrichs letztem Punkt: Der CDU-Mann will mehr Einflussmöglichkeiten beim Ausbau von Windkraft für den Bezirk erreichen. Als Stadtstaat muss Hamburg zwar nur 0,5 Prozent seiner Flächen für den Aufbau von Windrädern bereitstellen – im Gegensatz zu 2 Prozent bei Flächenstaaten – doch für Emrich ist das immer noch eine enorme Herausforderung.

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„Wir wollen die Energiewende, aber mit gesundem Menschenverstand“, betont der CDU-Politiker. Ein Problem sei auch, dass der Bezirk keine Möglichkeit habe, angesichts von bis zu 230 Meter hohen Windrädern auf höhere Abstandsregeln zu bestehen. „Wir müssen die Flächen frei ausweisen und am Ende entscheidet der Eigentümer oder Markt, wie hoch die Dinger gebaut werden“, so Emrich.

Der Fraktionschef will, dass die Bergedorfer Politik die Interessen des Bezirks gegenüber dem Hamburger Senat mit Nachdruck vertritt und hält Absprachen mit Schleswig-Holstein für möglich. „Die können ihren Anteil an Windkraft übererfüllen und wir könnten auf andere Art und Weise unseren Beitrag leisten.“

Momentan ginge es nur darum, wie viel Fläche zur Gewinnung erneuerbarer Energie aufgewendet wird und nicht darum, wie viele Kilowattstunden am Ende tatsächlich ins Netz gehen. Ein Vorschlag ist der Bau von Photovoltaikanlagen zwischen bestehenden Windkraftanlagen.