Bergedorf. Wo einst die „Elstern“ des ASV Bergedorf 85 ihre Erfolge feierten, soll künftig wieder auf Topniveau gespielt werden. Wie es dazu kam.

Der Fußball in Bergedorf steht möglicherweise vor einer neuen, sehr erfolgreichen Ära. Von der kommenden Saison an soll wieder Oberliga-Fußball an den Sander Tannen zu sehen sein, wo einst die berühmten „Elstern“ des ASV Bergedorf 85 ihre Erfolge feierten. Möglich macht das eine Einigung zwischen dem ASV und dem aktuellen Oberligisten ETSV Hamburg. Die „Eisenbahner“ würden damit ihre Heimspiele künftig an den Sander Tannen austragen.

Gekickt wird dann voraussichtlich am Sonntagmittag um 13 Uhr. „Wir wollen aus unseren Oberliga-Heimspielen ein richtiges Event machen“, betont der ETSV-Sportchef Sascha „Jassi“ Huremovic, der in seiner aktiven Zeit einst selbst für Bergedorf 85 auflief und daher emotional mit dem Gastgeberverein verbunden ist. „Bei Partien mit vielen Zuschauern wie etwa gegen Altona 93 könnte es dann zum Beispiel eine Hüpfburg geben, und jüngere Jugendfußballer des ASV könnten als Einlaufkinder fungieren, ältere als Ballkinder“, schildert er.

An den Sander Tannen gibt es in der kommenden Saison wieder Oberliga-Fußball

Die Pläne sind also schon weit fortgeschritten. „Ganz in trockenen Tüchern ist die Sache aber noch nicht“, schränkt der ASV-Vorsitzende Klaus Hinz ein. „Wir müssen die Form wahren und erst das Bezirksamt nach seiner Zustimmung fragen, und da ist die zuständige Person gerade im Urlaub.“ Da Huremovic sich jedoch vorab schon mit dem Bezirksamt beraten hatte, dürfte das in der Tat nur eine Formsache sein.

Vor vollen Haus spielte Bergedorf 85 an den Sander Tannen zuletzt im Mai 2012 beim Testspiel gegen die Bundesliga-Stars vom HSV. Hier kann Michael Mancienne (HSV, r.) eine Flanke von Jan Landau nicht verhindern.
Vor vollen Haus spielte Bergedorf 85 an den Sander Tannen zuletzt im Mai 2012 beim Testspiel gegen die Bundesliga-Stars vom HSV. Hier kann Michael Mancienne (HSV, r.) eine Flanke von Jan Landau nicht verhindern. © Thomas Rokos

Schwieriger dürfte es da schon werden, innerhalb des ASV Bergedorf 85 eine breite Unterstützung für die Pläne zu bekommen. Immerhin haben die „Elstern“ insgesamt 17 Mannschaften, die sich die Anlage teilen. Und mit den ETSV-Heimspielen fiele alle zwei Wochen ein Zwei-Stunden-Slot weg, denn während der Oberliga-Partien sollen keine anderen Spiele auf der Anlage laufen. „Das wäre bei so vielen Besuchern kontraproduktiv, weil unsere Teams ja auch das Vereinsheim brauchen“, betont Hinz.

Beide Vereine würden profitieren, wenn sie künftig gemeinsame Sache machen

Auf der anderen Seite wäre es für beide Vereine ein Win-Win-Situation. Die Anlage an den Sander Tannen würde aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt, die Partien des ETSV dürften Hunderte Zuschauer anziehen. Die örtliche Gastronomie dürfte profitieren. Auf der anderen Seite würde der ETSV Hamburg sein drängendstes Problem los: Nach dem rasanten Durchmarsch von der Bezirksliga in die Oberliga sind die Strukturen am Mittleren Landweg nicht mitgewachsen.

An den Sander Tannen hingegen könnten die „Eisenbahner“ problemlos nicht nur Oberliga, sondern auch Regionalliga spielen, da es zwei Eingänge gibt und die Trennung der Fangruppen somit möglich ist. Der Aufstieg in die Regionalliga ist das erklärte Ziel des ETSV Hamburg, der in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert. Die Begeisterung, die so etwas auslösen würde, hätte sicherlich auch Strahlkraft auf die vielen Jugendteams des ASV. So näherte man sich bei den zweistündigen Verhandlungen zwischen ASV und ETSV schnell an. „Die Gespräche sind sehr positiv verlaufen“, lobt Hinz.

Der nächste Transfer-Coup: Bujar Sedija kommt von Altona 93 zum ETSV Hamburg

Sportlich ist der ETSV bereits auf das große Ziel vorbereitet. Sportchef Huremovic hat in den vergangenen Wochen eine Reihe von Spielern engagiert, die bereits höherklassig aktiv waren, allen voran Ex-Profi Sebastian Hertner (1860 München, Darmstadt 98, Erzgebirge Aue). In dieser Woche lotste Huremovic nun auch Mittelfeldspieler Bujar Sedija (25) von Altona 93 und Sturmtalent Ede Mika Zimmermann (22) von Eintracht Norderstedt II zum ETSV. „Der talentierte Zimmermann war uns schon länger aufgefallen“, verrät Huremovic. „Und Mittelfeld-Stratege Sedija ist mit seiner Erfahrung, seinen fußballerischen Fähigkeiten und seinem sehr attraktiven Fußballeralter von 25 Jahren eine absolute Verstärkung für unser Team.“

Das Beweisfoto: Er hat unterschrieben. Bujar Seidija (l.), Neuzugang von Altona 93, fixiert mit Sportchef Sascha „Jassi“ Huremovic (r.) seinen Wechsel zum ETSV Hamburg.  
Das Beweisfoto: Er hat unterschrieben. Bujar Seidija (l.), Neuzugang von Altona 93, fixiert mit Sportchef Sascha „Jassi“ Huremovic (r.) seinen Wechsel zum ETSV Hamburg.   © ETSV Hamburg | ETSV Hamburg

Nach 15 Jahren stünde damit in Bergedorf nun wieder ein Verein an der Schwelle zur Regionalliga. Damals schien der Sprung in die 4. Liga für die legendären „Elstern“ des ASV Bergedorf 85 nur noch Formsache zu sein, als der Oberliga-Tabellenführer am 19. April 2009 an den Sander Tannen Eintracht Norderstedt mit 5:1 vom Platz fegte. Jan Landau und Deran Toksöz trafen doppelt, Matthias Reincke einmal. „Ein Riesenschritt in Richtung Aufstiegsrunde“, jubelte unsere Zeitung damals.

Gutes Omen: Auf Naturrasen ist der ETSV Hamburg besonders erfolgreich

Doch der Traum von der Regionalliga zerplatzte. Bei der Finanzierung der Mannschaft traten Unregelmäßigkeiten zutage, Sponsoren sprangen ab, die Fußball-Abteilung geriet wirtschaftlich in Schieflage und gliederte sich schließlich als FC Bergedorf 85 aus. Der spielte dann noch ein paar Jahre in der Oberliga weiter, stieg aber schließlich sang- und klanglos ab. Der ASV Bergedorf 85 hingegen musste fünf Jahre mit dem Fußball pausieren und danach 2014 ganz unten in der Kreisklasse wieder anfangen. Der Traum vom höherklassigen Fußball war in Bergedorf erst einmal ausgeträumt.

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Bringt nun der Nachbarverein aus Billwerder, der ETSV Hamburg, diesen Traum zurück? Huremovic ist jedenfalls schon voller Vorfreude auf die neue Saison. „Das wird eine großartige Liga, in der sechs oder sieben Mannschaften Meister werden können“, ist er überzeugt. Sportlich dürfte den „Eisenbahnern“ der Wechsel auf den Naturrasenplatz an den Sander Tannen sowieso liegen. In der vergangenen Saison gewannen sie fünf ihrer acht Auswärtsspiele auf Naturrasen, darunter bei den beiden Topteams Altona 93 (2:0) und TuS Dassendorf (1:0). Wenn das kein gutes Omen für die Aufstiegsambitionen ist!