Billwerder. Kultverdächtig: Fußball-Landesligist ETSV Hamburg reist künftig in einem umgebauten amerikanischen Schulbus. Wie es zu der Idee kam.
„Wo seid ihr?“ Edin Tanovic war verwirrt. Als Letzter kam der künftige Innenverteidiger des ETSV Hamburg am Freitag zum Treffpunkt und konnte sein Team doch nirgends entdecken. Also Handyanruf. Dabei hätte er nur 100 Meter weiter geradeaus gucken müssen. Da standen sie im Schatten des neuen Mannschaftsbusses. „Da hat er wohl ein bisschen den Überblick verloren“, scherzte Jassi Huremovic, der Sportliche Leiter des ETSV. „Und dabei ist der Mann Innenverteidiger!“
Der Flachs blühte beim Aufsteiger in die Fußball-Landesliga. Und der Spaß steigerte sich noch, als die Neuzugänge samt Huremovic und Sponsor Thomas Kropmanns erstmals die neueste Errungenschaft des Clubs in Augenschein nehmen durften: einen umgebauten amerikanischen Schulbus mit 16 Plätzen und V8-Motor, der dem Team künftig als Mannschaftsbus dienen wird. Stilecht mit Neonbeleuchtung und wummernder Musikanlage.
Monatelang hatten sie im Internet nach einem passenden Bus gesucht
„Wir hatten uns im Herbst so einen Bus für eine Mannschaftsfeier geliehen und sind dann damit zum Spiel nach Börnsen gefahren“, erzählt Huremovic. „Die Partie haben wir verloren, aber es hat unserem Sponsor ,Thommy’ so gut gefallen, dass er jetzt so einen Bus gekauft hat.“ Monatelang hatten sie danach im Internet gesucht. „Eigentlich war die Idee, dass sich die Mannschaft den Bus selbst als Projekt ausbaut“, erläutert Huremovic. „Doch dieser hier ist bereits perfekt.“
Natürlich ist ein kultiger Mannschaftsbus auch ein Anreiz für Spieler, zu den „Eisenbahnern“ an den Mittleren Landweg zu wechseln. Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass die Landesliga für den ETSV nur eine Durchgangsstation sein soll. Entsprechend hochkarätig waren mit den Ex-Dassendorfern Beytullah Atug (im November) und Florian Klein (im März) sowie Meiendorfs Damian Ilic (im Januar) schon die Verpflichtungen in der Saison. Mittlerweile sind fünf weitere hinzugekommen. Dabei ist Huremovic ein spektakulärer Coup gelungen: Der neue Chef für das defensive Mittelfeld dürfte Kusi Kwame werden. Der 32-jährige Ex-Profi wurde in Ghana geboren und wuchs in Hamburg auf. Für Rot-Weiß Erfurt und Fortuna Köln absolvierte er zwischen 2014 und 2018 insgesamt 106 Drittliga-Spiele. Zuletzt war er für den Hamburger SV II (2018-2020) und dann unter Trainer Oliver Zapel bei Phönix Lübeck (2020-2022) in der Regionalliga aktiv.
Ex-Profi Kusi Kwame soll künftig die Fäden im Mittelfeld ziehen
„Er ist ein absoluter Führungsspieler und ein super Typ“, freut sich Huremovic über die Verpflichtung. In der Tat dürfte Kwame auch im ETSV-Kader, der mit zahlreichen früheren Oberliga- und Regionalliga-Spielern prominent besetzt ist, schnell eine Führungsrolle übernehmen. Denn der 32-Jährige ist topfit, hatte zuletzt seinen Anteil daran, dass Phönix Lübeck die Regionalliga-Abstiegsrunde gewann und so ganz locker die Klasse hielt. Im Großteil der Abstiegsrunden-Partien kam er zum Einsatz, zweimal stand er dabei in der Startelf.
Dazu gesellt sich mit Francis Adomah ein Defensiv-Allrounder. Der 29-Jährige aus Neumünster, war zuletzt vereinslos, hat davor bei acht Regionalligisten in sechs Bundesländern gespielt. Für Dynamo Berlin absolvierte er am 14. August 2017 sogar ein DFB-Pokalspiel gegen Schalke 04 und sah bei der 0:2-Niederlage gegen den heutigen St. Pauli-Stürmer Guido Burgstaller nicht schlecht aus.
Mit Adem Zulfic hat zudem in dieser Woche ein 20-jähriges Stürmer-Talent aus der A-Jugend des Niendorfer TSV zugesagt. In der „Zweiten“ des NTSV hatte Zulfic auch schon drei „Joker“-Einsätze in der Landesliga. Etwas länger fest stehen die Verpflichtungen von Torhüter Eymen Usta (20, HSV III), der nach dem Weggang von Leo Hebbeler gute Chancen hat, der neue Stammkeeper zu werden. Und natürlich von Abwehrkante Edin „Dino“ Tanovic (25), den nach seinem Abschied Anfang 2020 aus Dassendorf bei Concordia lange Verletzungsprobleme ausbremsten. Von dem aber nun beim ETSV Hamburg eine Liga tiefer sicher viel zu erwarten sein dürfte – wenn er sich denn erst einmal zurecht gefunden hat.