Bergedorf. Rainer Stubbe hält Vortrag über städtebauliche Sünden. Welches Gebäude, das nun abgerissen wird, er dabei besonders im Blick hat.

Eigentlich wollte Rainer Stubbebereits im Februar bei einem Vortrag auf seinemHof Neun Lindenstädtebauliche Sünden anprangern. Damals musste der studierte Diplom-Ingenieur für Landespflege den Vortrag aus gesundheitlichen Gründen absagen. Am Donnerstag, 30. Mai, will Stubbe ihn nachholen – und in seinem Referat auch das Hotel Heckkaten an der Kurt-A.-Körber-Chaussee einbeziehen, das gerade abgerissen wird.

Der Abriss des mindestens 220 Jahre alten Hotels schmerzt Stubbe. Er hatte sich schon 1991 in seiner Diplomarbeit mit dem Gebäude befasst. Für die Abhandlung mit dem Titel „Die Bille als Element des Hamburger Grünsystems“ hatte der angehende Landespfleger auch über die alten Landgasthöfe in der Region recherchiert. „Entlang der Bille, von Hammerbrook bis Bergedorf, gab es einst 24 Ausflugslokale und Gastwirtschaften. Heute sind es gerade noch ein halbes Dutzend“, weiß Stubbe.

Landschaftsplaner Rainer Stubbe lässt sich in einem Vortrag über „Abrissstadt Hamburg“ aus

„Erst 1939 erhielt das Haus am Heckkaten seinen heutigen Namen“, sagt er und fügt hinzu: „Zuvor, seit 1891, hieß es ‚Landhaus Billwärder‘.“ Der große Festsaal, den es neben Fremdenzimmern und Gastwirtschaft dort gab, sei später in einen Kuhstall umgewandelt worden. Der 61-Jährige bedauert, dass das Hotel nicht unter Denkmalschutz steht. „Das haben die zuständigen Behörden leider verschlafen.“

Deshalb sei nun „erneut ein Stück Bergedorfer Kultur, das verschwindet“, zu beklagen. Stubbe zitiert in diesem Zusammenhang gern Alfred Lichtwark, den ersten Direktor der Hamburger Kunsthalle, spricht von der „freien und Abrissstadt Hamburg“.

Sozialdemokraten haben mehr alte Häuser zerstört als die Bombenabwürfe im Zweiten Weltkrieg

Viele historische Gebäude seien dem Bau neuer Straßen zum Opfer gefallen, etwa der Bergedorfer Straße und der heutigen Willy-Brandt-Straße, die beide nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden. Auch für den Bau der Vierlandenstraße zwischen den beiden Weltkriegen seien schöne alte Gebäude niedergerissen worden, „etwa das historische Hotel Stadt Lübeck und viele Handwerkerhäuser“, betont Stubbe.

„In Bergedorf haben die Sozialdemokraten, die politisch jahrzehntelang das Sagen hatten, mehr alte Häuser zerstört als die Bombenabwürfe im Zweiten Weltkrieg – wobei die Bomben in Bergedorf glücklicherweise wenig Schaden angerichtet haben“, so Stubbe weiter.

Stubbe fordert, schützenswerte Häuser in Bergedorf endlich unter Denkmalschutz zu stellen

„Zahlreiche schützenswerte Häuser wurden abgerissen, um Neubauten Platz zu machen – auch in der jüngeren Vergangenheit“, sagt der Fachmann. Als Beispiel nennt er das sogenannte Sannmann‘sche Haus gegenüber dem Alt-Lohbrügger Hof an der Leuschnerstraße: „Dessen Abriss ist noch keine 20 Jahre her.“ Stubbe wundert sich, dass das Kultur- und Geschichtskontor nicht mehr einbezogen werde. „In Bergedorf gibt es ja noch weitere schützenswerte Häuser, die in der Regel nicht unter Denkmalschutz stehen.“

Allein am Billwerder Billdeich, wo auch Stubbe lebt, fänden sich zahlreiche Häuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Einige von ihnen ließe die Stadt Hamburg als Eigentümer verfallen. „Sie gehören auf die Denkmalschutzliste. Darauf hätte man auch das Hotel Heckkaten setzen müssen“, sagt der 61-Jährige.

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Der Vortrag in dem Cafébereich im alten Kuhstall des Hofes Neun Linden am Billwerder Billdeich 480 startet um 19 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht notwendig. Der Eintritt ist frei. Getränke werden zum Kauf angeboten.