Hamburg. Der Bürgermeister ist auf Wahlkampftour in Lohbrügge zu Gast. Doch „Tschentscher Live“ folgt einer festgelegten Choreografie.

Da bewegt sich was: Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher steht vor der ersten Grafik seiner Präsentation. Farbige Balken schieben sich vor und zurück. Sie visualisieren das Votum der Zuhörerschaft: Per QR-Code, Smartphone oder analog auf dem Zettel haben die etwa 100 Besucherinnen und Besucher im Kulturzentrum Lola in Lohbrügge aus vorgegebenen Themenkomplexen ihre Hitparade erstellt.

Peter Tschentscher, auf Wahlkampftour im Bezirk Bergedorf zu Gast, redet über die Top-drei-Themen der digital abgegebenen Stimmen, Bergedorfs SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Kramer sortiert derweil die per Hand abgegebenen Fragen. Im Publikum viele neugierige Gesichter, aber auch die ersten, die angesichts von Tschentschers Tempo schon ahnen, dass hier kaum Platz für Fragen bleiben wird.

Peter Tschentscher in Lohbrügge: kaum lokale Themen aus Bergedorf

„Peter Tschentscher LIVE“ folgt einer vorgegebenen Choreografie. Wer dachte, es gehe hauptsächlich um Bergedorf, wird enttäuscht. „Wir wollen über Hamburg reden, kommen dabei auch immer wieder in den Bezirk“ verspricht Tschentscher. Danach erfährt das Publikum, wie viel es überall zu tun gibt. Der Erste Bürgermeister referiert über die Herausforderungen des Fachkräftemangels und die Wirtschaftskraft des Hamburger Hafens, über das bessere Abschneiden der Hansestadt in der jüngsten Pisa-Studie und kostenlose Kita-Plätze, über neue Schnellbahnanschlüsse und Hamburgs mutige Maßnahmen zum Einstieg in die autonome Mobilität.

In den Bezirk biegt er auch da nicht ab. Kein Satz über die Probleme oder Ergebnisse der umstrittenen, autonomen Testfahrten 2021 im Bergedorfer Villenviertel, keine Lösungsvorschläge seitens des Senats, dort einzuspringen, wo VW mit seiner Tochter Moia keine roten Zahlen mehr einfahren will: zum Beispiel nach Bergedorf. Ganz zu schweigen von den Vier- und Marschlanden. Stattdessen ein Einspiel-Clip von einer Probefahrt mit einem autonomen Fahrzeug in San Francisco bei Nacht. Das will Hamburg auch.

Tschentscher gibt sich zuversichtlich, wechselt zwischen Monitor und Bühnenrand und hält das hohe Tempo. Wahlkampf-Modus eben. Dabei erklärt er, warum man in Hamburg dauernd im Stau steht und wie man Baustellen auf der Straße in Zukunft besser abstimmen will. Eine Frage aus dem Publikum gilt Hamburgs hässlichster Baustelle, dem Elbtower. Tschentschers gute Nachricht: „Wir werden den Turm nicht auf Steuerzahlers Kosten zu Ende bringen.“ Die Situation sei eine völlig andere als bei der Elbphilharmonie, so der Bürgermeister, die Stadt Hamburg sei da raus.

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Um das Manko an lokalen Themen in Tschentschers Ausführungen zu füllen, übergibt Katja Kramer nach gut einer Stunde das Wort an Bergedorfs Verwaltungschefin. Cornelia Schmidt-Hoffmann berichtet über den Planungsstand der Innenstadtgestaltung. Sie konzentriert sich dabei auf die Baustelle am Bergedorfer Markt und stellt die ersten Ideen für die Neugestaltung des Sander Marktes vor. Dort ist man in der Startphase einer Neugestaltung, die am Ende die ganze Innenstadt bis zum Mohnhof beleben soll. Der Beteiligungsprozess, in dessen Rahmen sich Bergedorferinnen und Bergedorfer an der Ideenfindung beteiligen können, startet am Samstag im Plietsch am Sachsentor 23.

Die zentrale Botschaft in der Lola heißt am Ende des Abends: Bei Fragen zu Bergedorf wenden Sie sich vertrauensvoll an die Mitglieder der Bezirksversammlung, im Notfall haben die den direkten Draht zum Hamburger Senat. „Die machen auch Stress im Rathaus, wenn es mal drauf ankommt“, sagt Peter Tschentscher und gibt am Ende deutlich zu verstehen, dass er dabei vor allem die Kolleginnen und Kollegen aus der SPD meint.