Hamburg. Integration geht nur über eine eigene Wohnung, ist die Motivation des Teams. Doch dafür braucht es Unterstützung – und mehr Wohnraum.
Die Stiftung To Huus hat schon seit der Gründung am 31. März 2022 einige Erfolgsgeschichten geschrieben, verzweifelte Situationen aufgelöst. So auch die von Jupp S.: Der Mann Mitte sechzig verlor aufgrund von Eigenbedarfskündigung seine Wohnung auf St. Pauli und saß plötzlich zwei Jahre in der Wohnungsunterkunft Sandwisch fest. S. fiel der Leitung der Wohnunterkunft sehr angenehm auf, und sie fragte bei der Stiftung to Huus nach, ob sie S. nicht in eine eigene Wohnung zurückvermitteln könnte. Jupp S. hatte da schon eine konkrete Vorstellung, wollte gern in der Nähe eines Freundes wohnen. Was auch klappte, und die beiden Kumpels nun in Billstedt sehr nah beieinander untergekommen sind.
Solche Geschichten können Karina Korth, Stiftungsgründerin und Geschäftsführerin, und Petra Diehl, Koordinatorin und stellvertretende Projektleiterin, vielfach erzählen. Immerhin hat das Team der Stiftung to Huus, das aus fünf Frauen besteht, in Teilzeit und Minijob-Arbeit fast 200 wohnungslose Personen, darunter auch Geflüchtete, zurück in die eigenen vier Wände gebracht. Hinzu kommen starke Kooperationspartner wie die Saga und die Baugenossenschaften Bergedorf-Bille und Hansa, ein immer breiter werdendes Netzwerk inklusive 22 Wohnungslotsen und drei Handwerkern, jeweils in ehrenamtlicher Tätigkeit. Gestartet zunächst im Bezirk Bergedorf und von der dortigen Bezirksversammlung auch finanziell unterstützt, sind mittlerweile auch die Bezirke Harburg und Wandsbek mit dabei. Nun soll der nächste effektive Schritt folgen: Die Stiftung to Huus sucht jetzt auch private Vermieter, die Wohnungsangebote abgeben sollen.
Wohnungslosenhilfe Stiftung to Huus sucht Privatvermieter
Wie groß der Druck ist, verraten die Zahlen: In Hamburg haben 50.000 Menschen keine Wohnung, etwa 48.000 Menschen sind in Unterkünften untergebracht, dazu kommen geschätzt 2000 bis 3000 Obdachlose. Aktuell verschärft sich die Lage derart, dass die Sozialbehörde die Bezirke im Notfall darauf vorbereitet. Migranten auch in Zelten in öffentlichen Parks und Festplätzen unterzubringen.
Dabei hat sich die Stiftung to Huus nicht ausschließlich, aber vermehrt auf die Fahnen geschrieben, Flüchtlingsfamilien nach vielen Jahren in Erstunterkünften oder Containern in Mietwohnungen zu bringen. Karina Korth macht klar: „Wir vermitteln nur die mit Bleiberecht, abgeschlossenen Asylverfahren und auch Deutsche.“ Zumeist sind es Menschen aus Afghanistan, Syrien, Ghana und Eritrea, die auch mal fünf bis acht Jahre wenig bis keine Privatsphäre aushalten mussten.
Lotsenhilfe von Beginn an für ein Jahr
Die Stiftung to Huus preist ihre Vorzüge privaten Vermietern sehr selbstbewusst an. Petra Diehl spricht gar von einem „Rundum-Sorglos-Paket für Vermietende“. Interessierte Vermieter können ein Wohnungsangebot mit Exposé an die Stiftung im Weidenbaumsweg 3 schicken, auch eine telefonische Kontaktaufnahme unter 0156/78 15 73 25 ist möglich. Im Gegenzug kommt ein Angebot mit drei Haushalten von der Warteliste, mit allen Informationen wie Herkunftsland, Familiengröße und weiteren Auskünften.
Findet ein Besichtigungstermin in einer der Wohnungen statt, ist immer ein Wohnungslotse dabei, der die neuen Mieter ein Jahr lang betreut und begleitet – von der Schlüsselübergabe bis zur Anmeldung bei Versorgungsunternehmen. Und: „Die letzte Entscheidungskraft bleibt immer beim Vermieter“, hält Karina Korth unumstößlich fest. Denn die können auch die Zielgruppen benennen, die sie sich in ihren Räumen vorstellen können oder die sie auch ausschließen.
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Bergedorfs Bezirksamtsleiterin lobt die Arbeit der Stiftung
Das Konzept hat sich als sinnvoll erwiesen. Die Vermittelten sind bisher fast alle in ihren Wohnungen geblieben. Ein Grund dafür mag auch sein, dass die Stiftung vor Ort Konfliktmanagement anbietet und ihre Mietwilligen sorgfältig auswählen, wie Koordinatorin Diehl erklärt. Mit dem Hamburger Mieterführerschein, der Kenntnisse und Basiswissen des deutschen Mietrechts und Aufgaben und Pflichten des Mieters beinhaltet sowie mehr als ausreichenden Sprachkenntnissen sind zusätzliche Orientierungshilfen gegeben.
Auch Bergedorfs Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann lobt die Stiftungsarbeit: „Eine Zusammenarbeit mit der Stiftung to Huus sichert gut ausgewählte Mieter und bietet für alle Seiten verlässliche Ansprechpersonen, wenn doch einmal Probleme auftauchen sollten.“
Dass der Wohnungsmarkt angespannt ist, zeigt beispielsweise, dass sich auf eine einzige Saga-Wohnung 144 Bewerber melden: „Deshalb sind wir auf Privatvermieter angewiesen“, sagt Karina Korth. Ideal wären Wohnungsgrößen von dreieinhalb Zimmern oder auch mal eine Reihenhaushälfte. Eine der Maximen der Karina Korth: „Integration in unsere Gesellschaft funktioniert nicht in Unterkünften, dauerhafte Aufenthalte sind gesellschaftlich unklug. Integration geht nur über eine eigene Wohnung.“