Hamburg. Üppiges Grün soll öden Platz vor CCB und Nachbarflächen attraktiv und resistent gegen Hitze machen. Doch viele Fragen sind noch offen.
Manchmal liegt die Realisierung einer guten Idee gar nicht weit entfernt – und im Fall eines grünen Bergedorfer Bahnhofsvorplatzes sogar gleich nebenan: Einstimmig hat die Bezirksversammlung in ihrer jüngsten Sitzung beschlossen, das triste Grau zwischen Bahnhof und Einkaufszentrum CCB samt der benachbarten, trotz rund 30 Ginkgo-Bäumen ebenfalls öden sogenannten Dreiecksfläche an der B5 mit einem kleinen Stadtwald zu versehen, vielleicht auch zu einem Park umzubauen.
Was auf den ersten Blick unvorstellbar klingt, ist jenseits der Hauptstraße längst Wirklichkeit. Zwischen Weidenbaumsweg und Bahndamm hat sich dort ein rund 300 Quadratmeter kleines Biotop mit Bäumen, Blumen und durchaus wild wuchernder Natur entwickelt. Einst als abseits gelegene Ausgleichsfläche für den versiegelten neuen Bahnhofsvorplatz geschaffen und mit 25 jungen Birken bepflanzt, überstrahlt sie den grauen Nachbarn gerade jetzt im Frühling mit ihrem üppigen Grün und Hunderten gelben Narzissen. Da stört selbst der wilde Parkplatz auf einem Teil des Areals nicht.
Klimawandel: Stadtwald auf dem Bahnhofsvorplatz gegen Hitzestau
Jetzt könnte dieses Abfallprodukt der Stadtplanung von 2010/11 als Vorbild für ihre nachträgliche Korrektur dienen: „Wir wollen einen geschützten, bewaldeten Raum mitten in der Stadt schaffen“, verwies SPD-Fraktionschefin Katja Kramer in ihrer Antragsbegründung auf die Notwendigkeit, Innenstädte in Zeiten des Klimawandels hitzeresistenter zu machen, indem sie grüner werden. Auch wenn viele Hürden zu nehmen seien, etwa der Untergrund der neuen Stadtwäldchen erst kabel- und versorgungsleitungsfrei gemacht werden müsse, bevor der erste Baum oder Strauch gepflanzt werden könne, befand sie: „Es ist den Versuch wert.“
Entsprechend schonungslos fiel Katja Kramers Abrechnung mit den erst 14 Jahre alten Planungsfehlern aus: Nichts sei Wirklichkeit geworden von den hochtrabenden Ideen, einen lebendigen Stadtplatz zu schaffen, mit bunten Veranstaltungen, Märkten und viel Platz zum Verweilen. „Heute ist der Bahnhofsvorplatz ein zugiger und windiger Ort. Wir diskutieren über illegal geparkte Fahrzeuge und wild abgestellte Fahrräder. Fußgänger überqueren den Platz zügig, denn die Aufenthaltsqualität tendiert gegen null. Niemand hält sich hier gern auf und Veranstaltungen gibt es kaum.“
Opposition will nicht nur das Bahnhofsumfeld ins Visier nehmen
Eine Abrechnung, die bei allen Fraktionen der Bezirksversammlung auf Zustimmung traf. Nur zeigte man sich verwundert, dass der Antrag der Bergedorf-Koalition aus SPD, Grüne und FDP allein auf das Bahnhofsumfeld beschränkt blieb. Hier soll das Bezirksamt nach Möglichkeiten für einen Park oder gar kleinen Wald suchen und gleich auch noch mit dem Verein Miya Kontakt aufnehmen, der derartige Projekte, die sogenannten Tiny Forrests, etwa in Berlin, Bielfeld und Eberswalde schon umgesetzt hat und an einem Projekt auf dem Hof Eggers in Kirchwerder beteiligt war.
„Wir müssen Stadtplanung ganz neu denken. Der Weg führt gerade in den sich aufheizenden Innenstädten weg von der Versiegelung und hin zur massiven Entsiegelung“, betonte Ernst Heilmann von den Linken. Jörg Froh (CDU) erinnerte daran, dass die heutige Gestalt von Bahnhofsvorplatz und Dreiecksfläche an der B5 auf einem Kompromiss aller Beteiligten basiert, der unter anderem einen ursprünglich vorgesehenen Grüngürtel aus den Planungen strich. Viele Versuche, mehr Bepflanzung auf die Flächen zu bekommen, seien seither gescheitert. Selbst die Zahl der Bäume sei auf die Hälfte zusammengestrichen worden. Frohs Prognose für den neuen Vorstoß der Koalition: „In einem Jahr werden wir wieder hier stehen und nichts erreicht haben.“
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Dennoch votierte die Bezirksversammlung einstimmig für den Antrag. Und SPD-Stadtplanungsexperte Heinz Jarchow ergänzte zum Thema Klimaschutz, dass neben neuen Bäumen auch schon Sträucher und selbst Bodendecker wie etwa Gräser schon einen wichtigen Beitrag zur Hitze-Reduzierung in der Stadt beitragen könnten.
Was möglich ist und ob es eine Kooperation mit dem Verein Miya aus Eberswalde geben könnte, soll das Bezirksamt nun „zeitnah“ im Stadtentwicklungsausschuss vorstellen. Würde dabei die Dreiecksfläche im Visier bleiben, könnte tatsächlich sehr viel Grün mitten in die Stadt ziehen: Sie ist dreimal so groß wie das blühende Natur-Eldorado gegenüber zwischen Weidenbaumsweg und Bahndamm. Zudem könnten einige der Fahrradständer abgebaut werden, die sich vom Bahnhof immer weiter auf die Fläche ausgedehnt haben: Ein weiterer Antrag der Koalition fordert doppelstöckige Abstellanlagen direkt an den Bahnhofsausgängen.