Curslack. Horst Gladiator hat eine große Sammlung mit historischen Fotos aus dem Bergedorfer Landgebiet. Nun trennt er sich von diesem Schatz.
Der in Curslack geborene und aufgewachsene Horst Gladiator (85) ist ein ruhiger Mann, der nicht gern über Privates spricht. Kommt jedoch das Gespräch auf seine Passion, das Sammeln von alten Fotografien, Postkarten und Bildern mit Bezug zu den Vierlanden, dann werden seine milden Gesichtszüge lebhaft.
Wie seine Sammelleidenschaft begonnen hat, weiß er selber nicht mehr so genau. Angefangen hat es jedoch vor etwa 50 Jahren.
Gladiators Vermächtnis: ein Fotoschatz aus den Vierlanden
Doch bereits zuvor als Jugendlicher wurde die Fotografie zu seinem Hobby. „Von meinem Vater habe ich die Dunkelkammer und meine erste Kamera, eine Voigtländer Bessa II, geschenkt bekommen. Damit fotografierte ich Naturbilder in Schwarz-Weiß im Format sechs zu neun“, erinnert er sich. Und berichtet schmunzelnd: „Um die Fütterung in einem Meisenkasten zu fotografieren, habe ich den Auslöser mit einem Bindfaden betätigt.“
Doch weniger die eigenen Aufnahmen als die anderer Profifotografen und insbesondere deren historische Motive faszinierten ihn.
Horst Gladiator besuchte vier Semester die Kunstschule
Er begann sein Leben mit einer Ausbildung zum Schriften- und Schildermaler von 1953 bis 1956, danach besuchte er vier Semester eine Kunstschule, wurde Kunstgewerbezeichner. Das reichte dem jungen Horst Gladiator jedoch nicht, er erlernte den Beruf des Retuscheurs und arbeitete von 1962 bis 1968 bei der Firma Broschek in Hamburg. Von 1968 an blieb er 30 Jahre bei Gruner & Jahr als Druckvorlagenhersteller, so wurden später die Retuscheure genannt.
Seine Postkartensammlung mit insgesamt etwa 25 Alben und 12.500 Postkarten hat er seiner Tochter Anja Aysche vermacht. „Mit den Veröffentlichungen habe ich immer etwas verdient, meine älteste Postkarte ist von 1890 mit Bergedorfer Motiv. Die Karten habe ich auf Flohmärkten entdeckt und zu Ostern oder Weihnachten den Zeitungen besonders schöne für die Titelseite angeboten. Die Bergedorfer Zeitung und das Abendblatt haben die immer gern genommen“, berichtet er stolz.
Sammlung: Von seinen Kameras möchte sich Horst Gladiator noch nicht trennen
Von seiner analogen Kamerasammlung möchte er sich noch nicht trennen, aber die 900 historischen Aufnahmen aus den Vierlanden sollen nun in die guten Hände des Kultur- und Geschichtskontors übergehen. „Georg Eggers, mit dem ich auch verwandt bin, hat mir den Tipp gegeben“, berichtet er bei der Übergabe an die Historikerinnen Caroline Bergen und Johanna Salzbrunn.
Gladiator muss schmunzeln: „Die meisten Fotografien sind Reproduktionen, das hat mich so manche Flasche Schnaps gekostet, aber mehr wird nicht verraten. Aber natürlich sind auch einige Originale dabei. Ich habe für die Sammlung die Fotografen aufgesucht, die in den 30er-Jahren durch die Vier- und Marschlande gezogen sind und fotografiert haben. Da hat mir so mancher Freund und Nachbar Tipps gegeben, wo ich weitere Stücke für meine Sammlung finden kann.“ Nicht jedes Foto befand er für wert, in seine Sammlung aufgenommen zu werden, die besten wurden bereits in seinen Büchern in den Jahren 1987 und 2015 veröffentlicht. „Die sind jedoch nur noch antiquarisch zu erhalten“, berichtet er.
Sammlung: Horst Gladiator kann jeden Fotografen benennen
Beim Durchschauen der vielen Schwarz-Weiß-Aufnahmen nahm er das Porträt eines Mannes in die Hand, der Zwiebeln anbietet, etwas kauzig, mit einer Pfeife im Mund und Elbsegler auf dem Kopf. Die Aufnahme ist von einem Fotografen der Bergedorfer Zeitung, Egon Klebe (1920–1982), der in den 50er-Jahren in den Vierlanden aktiv war und bekannt ist für seine Fotografien.
Eine weitere Aufnahme zeigt die Brotfrau Elsa Schütt, die mit einer Kundin und deren Kind an der sogenannten Klöntür, deren obere Hälfte getrennt zu öffnen ist, steht und Backwaren verkauft. Das sei ein Foto von Erich Andres aus Hamburg-Altona, berichtete Gladiator, aber aufgrund der Vielzahl der Aufnahmen – „und ich vergesse schon einiges“ – kann er nicht mehr bestimmen, wann und wo er es erworben hat.
Gleichwohl stehen die wichtigsten Fakten wie Ort und Personen, die abgelichtet sind, sowie Fotograf stets in fein säuberlicher Handschrift und in Bleistift auf der Rückseite der Fotografien. „Das erleichtert uns und unseren ehrenamtlichen Mitarbeitern das Archivieren und Digitalisieren der Bilder unglaublich“, sagt Caroline Bergen, Leiterin des Geschichtskontors.
Sammler Gladiator weiß seinen Fotoschatz jetzt in guten Händen
Eine besonders charismatische Aufnahme schuf der Fotograf A. Bruhn mit dem Bild von Becke Burmester aus Curslack, die in alltäglicher Tracht am Brunnen steht. Dazu weiß der Sammler eine Geschichte zu erzählen: „Becke ist 92 Jahre alt geworden, im Januar 1917 verstorben. Das Foto habe ich 1983 von Werner Schröder erworben.“
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Und während alle Beteiligten sich die fotografischen Schätze anschauen, findet Historikerin Bergen die passenden Worte: „Ich finde die Sammlung über die Vierlande großartig, das ist ein richtiger Schatz, wir freuen uns sehr. Jede der uns überlassenen Sammlungen hat eigene Aspekte und ergänzt den Bestand wie Puzzleteile, um sich schließlich zu einem Ganzen zusammenzufügen. Natürlich werden die Aufnahmen bei den Veröffentlichungen und im Archiv stets den Stempel ,Sammlung‘ Gladiator“ tragen.“ Somit bleibt die Leistung des Sammlers im Gedächtnis der Betrachter wach und erfährt stete Anerkennung. Die Fotos werden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, bei konkreten Archivanfragen reproduziert und weitergegeben. „Insbesondere ältere Vierländer haben sehr großes Interesse an alten Fotos“, weiß Johanna Salzbrunn aus der Erfahrung ihrer Vorträge.
Abschied nehmend, aber keineswegs wehmütig, nimmt Sammler Horst Gladiator seine fotografischen Schätze immer wieder noch mal in die Hand: „Es fällt mir nicht schwer, die Fotos abzugeben, denn sie kommen hier an die richtige Stelle.“