Hamburg. Früher Schule, später Impfzentrum, nun leer. Doch für das schmucke Gebäude an der Chrysanderstraße gibt es einen Interessenten.

Zweieinhalb Jahre ist es her, da standen vor diesem Gebäude die Menschen Schlange, um sich gegen Corona impfen zu lassen. Doch die Zeiten als Impfzentrum sind schon lange vorbei: Seit April 2022 sind die Fensterscheiben der alten Mädchenschule an der Chrysanderstraße 4, neben der Wache der Freiwilligen Feuerwehren Bergedorf und Bille, dunkel. Seitdem rätselt wohl manch einer, was mit dem riesigen Gebäude in bester innenstadtnaher Lage geschehen soll. Anträge, Vorschläge, Mitteilungen oder Diskussionen in der Bezirksversammlung? Fehlanzeige.

Dennoch: Hinter den Kulissen tut sich was. Mehr noch, es gibt sogar einen konkreten Interessenten für das Gebäude, das Schulbau Hamburg gehört. Die Kommission für Bodenordnung habe im Jahr 2022 einer Anhandgabe an einen Betreiber zugestimmt, informiert die zuständige Finanzbehörde auf Nachfrage.

Für die alte Mädchenschule in Bergedorf gibt es einen Interessenten

Ein Reha-Zentrum könne hier entstehen, so die Finanzbehörde weiter. Der Bezirk sei in das Vorhaben involviert und befinde sich mit dem Betreiber in Gesprächen. Doch ein Selbstgänger ist das wohl nicht: „Nach umfangreicher Prüfung des Gebäudes durch den möglichen Betreiber, hat sich ergeben, dass hohe Kosten zur Instandsetzung des Gebäudes notwendig sind“, so die Finanzbehörde weiter. „Derzeit prüft der mögliche Betreiber, inwiefern eine wirtschaftliche Umsetzung des Projekts möglich ist.“

Die ehemalige Mädchenschule ist immerhin schon 137 Jahre alt, wurde 1887/88 erbaut und 1902 um einen Querriegel erweitert. Das Haus hat eine Bruttogrundfläche von knapp 2700 Quadratmetern und ist somit deutlich größer, als es von der Straßenseite zunächst den Anschein hat. Lange war das Gebäude Teil des Bergedorfer Wohnungsbauprogramms, und zwar in Kombination mit der alten Handelsschule an der Wentorfer Straße. Doch 2019 wurde es mehr oder minder unbemerkt von der Handelsschule entkoppelt. Diese steht immer noch als Potenzialfläche im Wohnungsbauprogramm; der Verein „Der Begleiter“ interessiert sich für das Objekt. Er soll in der Mädchenschule aber nicht involviert sein, informiert die Finanzbehörde auf Nachfrage.

Gebäude kommt durch seine Lage zur City eine große Bedeutung zu

Das Bergedorfer Bezirksamt gibt sich beim Thema Mädchenschule eher zugeknöpft. Es lägen keine konkreten Nutzungsabsichten oder spruchreifen Entwicklungen vor, so die Verwaltung im Februar. Auf Nachfrage zu Plänen für ein Reha-Zentrum konkretisiert die Verwaltung nun: „Der Bezirk ist im Austausch mit den Behörden zu einer möglichen Nutzung. Allerdings gibt es zum jetzigen Punkt noch keinen Zeitrahmen und auch keine festgelegten Verfahrensschritte“, so Sprecher Lennart Hellmessen. Zu dem laufenden Verfahren und weiteren Möglichkeiten der Nutzung könne sich das Bezirksamt „nicht konkreter äußern“.

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Sicher ist, die Verwaltung weiß um die besondere Bedeutung der alten Mädchenschule. Das Gebäude bedürfe „aufgrund seiner Lage einer besonderen Betrachtung“, denn es orientiere sich zur Bergedorf Innenstadt, so Bezirksamtssprecher Lennart Hellmessen im Februar.

Tatsächlich hat die alte Mädchenschule nicht nur eine günstige Lage, sondern auch beträchtlichen Charme. Der dreigeschossige Bau aus gelben Ziegelsteinen, der 1887/88 nach Plänen des Architekten Hermann Lohse errichtet wurde, hat einen Vorplatz, auf dem sich unter hohen Bäumen, nur wenige Meter vom Sachsentor entfernt, zum Beispiel eine Gastronomie mit Terrasse anböte. Wegen seiner Lage zur City sei das Gebäude „weniger für Wohnen, sondern eher für zentrumsergänzende Funktionen geeignet“, meint auch das Bezirksamt und ergänzt: „Es ergibt sich aus unserer Sicht also ein erweitertes mögliches Nutzungsportfolio.“ Was das allerdings sein könnte, bleibt unklar.