Bergedorf. Nach einer Gesetzesänderung können Mieter ihren Fernsehanschluss künftig frei wählen. Doch das hat so seine Tücken.

Sommer, Sonne, Strand – herrlich! Beschwingt kehrt Familie Mustermann aus den Ferien zurück. Doch zu Hause wartet eine böse Überraschung. Als sie den heimischen Fernseher anschalten, bleibt der Bildschirm schwarz.

Zugegeben: Das ist ein extremes Szenario. Doch so wie der Beispielfamilie könnte es im Sommer Millionen von Deutschen gehen, falls sie ein wichtiges Datum verpassen: Am 1. Juli endet das sogenannte Nebenkostenprivileg des Vermieters. Das besagt, dass Vermieter, die zum Beispiel in einem Mehrparteienhaus einen Kabelanschluss für alle Wohnungen installiert haben, die Kosten dafür mit den Mietern über die Nebenkosten abrechnen können. Künftig ist das anders. Dann können Mieter selbst entscheiden, welche Art des Fernsehempfangs sie haben möchten. Sie müssen sich aber nun auch selbst kümmern, sonst bleibt die Flimmerkiste möglicherweise schwarz.

TV-Empfang: Jetzt wird die Auswahl richtig groß

Unsere Bergedorfer Familienseite „Volkers Welt“ widmet sich seit vielen Jahren jede Woche verschiedenen Themen unserer Zeit. In ganz einfachen Worten und für jedermann verständlich. Das will sie nun auch als Familien-Blog online tun. Was also hat es mit dem Nebenkostenprivileg des Vermieters auf sich? Es wurde in den 1980er-Jahren eingeführt, um die Verbreitung des Kabelfernsehens zu fördern. So wurde es möglich, Sammelverträge für große Mietshäuser abzuschließen und die Kosten auf die einzelnen Mietparteien umzulegen.

Mit dieser Praxis ist nun Schluss. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen trägt die neue Gesetzgebung der Tatsache Rechnung, dass es mittlerweile sehr viele verschiedene Arten gibt, über die Fernsehen empfangen werden kann. Zum anderen wird mit der gesetzlichen Neuregelung eine Ungerechtigkeit aus der Welt geschafft. Wer als Mieter nämlich in ein Mehrparteienhaus mit Kabelanschluss zog, musste diesen mit mieten, selbst dann, wenn er gar kein Fernsehgerät besaß und kein Interesse am Fernsehen hatte.

Zwangskosten für Mieter entfallen künftig. Das spart Fernsehverweigerern Hunderte Euro

Damit ist nun Schluss. Mieter sollten also ihre nächste Nebenkostenabrechnung überprüfen, ob über Ende Juni hinaus Kosten für den Kabelanschluss in Rechnung gestellt werden. Der entsprechende Posten heißt oft „Breitbandanschluss“. Verpasst es der Vermieter, den Kabelanschluss zu kündigen, muss er ab Juli die Kosten selbst tragen.

So spart ein Fernsehverweigerer also künftig Hunderte Euro im Jahr. Aber bitte nicht verwechseln: Los wird er nur die Kosten für den TV-Anschluss, nicht aber die GEZ-Gebühr, aus der sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender finanzieren. Die muss auch weiterhin gezahlt werden, denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass jeder irgendwie mit Medien in Kontakt kommt, auch ohne Fernseher. Man denke an das Autoradio oder Handy.

„Ich will meinen Kabelanschluss behalten. Was muss ich tun?“

Viele sind sicher mit ihrem Kabelanschluss glücklich und möchten, dass alles so bleibt. Doch dafür müssen sie etwas tun. Zunächst mal bietet es sich an, Kontakt mit dem Vermieter und den anderen Mietern im Gebäude aufzunehmen. Was für Vorstellungen haben die? Es ist durchaus möglich, dass der Vermieter seinen Sammelvertrag behält und künftig privat mit den Mietern abrechnet. Doch dazu werden wohl nur die wenigsten Vermieter bereit sein. Auch mehrere Mieter können sich zusammen tun und einen Sammelvertrag bei einem Kabelanbieter abschließen. Die sind von den Konditionen oft günstiger als ein Einzelvertrag. Und schließlich ist es natürlich auch möglich, für den eigenen Haushalt einen Einzelvertrag abzuschließen. Allerdings könnte der dann teurer sein als früher der Sammelvertrag des Vermieters.

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Wer sich nicht kümmert, läuft Gefahr, dass der Bildschirm schwarz bleibt, nachdem der Vermieter seinen Kabelvertrag gekündigt hat. Dazu muss die Kabelgesellschaft in der Regel übrigens gar nicht in Ihre Wohnung kommen. In der Regel ist die Abschaltmöglichkeit für den Kabelanschluss entweder im Flur oder im Keller eines Mehrparteienhauses verbaut.

„Weg mit dem Kabelanschluss! Her mit Satellitenempfang!“

Das ist nicht so einfach. In einem Mehrparteienhaus mit Kabelanschluss kommt das Fernsehsignal über ein gemeinsames Kabel aus dem Keller, von dem dann die einzelnen Kabel für die Wohnungen abzweigen. Das nennt man eine Baumstruktur. Der Satellitenempfang erfordert hingegen eine Sternverkabelung, bei der von der Schüssel aus diverse Kabel in die verschiedenen Wohnungen geführt werden. Hier hat jede Wohnung ihr eigenes Kabel. Der Aufwand ist enorm.

Die Fernbedienung von Marktführer Waipu.tv hat drei eigene Knöpfe für Netflix, Youtube und die hauseigene «Waiputhek».
Die Fernbedienung von Marktführer Waipu.tv hat drei eigene Knöpfe für Netflix, Youtube und die hauseigene «Waiputhek». © picture alliance/dpa/dpa-tmn | Till Simon Nagel

Auch das Anbringen einer Satellitenschüssel auf dem Balkon geht in der Regel nur mit der Erlaubnis des Vermieters. Zusätzliches Problem: Ist die Fassade gedämmt, darf sie nicht angebohrt werden.

„Dann gucke ich halt nur noch über das Internet“

Voraussetzung dafür ist eine sehr stabile Internetverbindung, mindestens 16Mbit/Sekunde. Außerdem muss der Fernseher internetfähig sein. Nicht vernetzte Fernseher lassen sich aber per HDMI-Stick nachrüsten. Die wichtigsten Anbieter sind Waipu.tv, Magenta TV und Apple TV und HD+ IP, die alle mit unterschiedlichen Senderprogrammen, Zusatzinhalten und Preisstrukturen arbeiten. Hier geht es sehr um die persönlichen Vorlieben und Bedürfnisse. Braucht man hochauflösendes TV oder kann der eigene Fernseher das gar nicht?

Wichtig zu wissen: Streamingdienste generell senden oft gegenüber Kabel- und Satellitenfernsehen mit einer kleinen Verzögerung. Das kann nerven, wenn man in einem hellhörigen Mehrfamilienhaus die Fußball-Europameisterschaft guckt und der Nachbar jubelt immer früher als man selbst.

Was gibt es sonst noch? Die digitale Antenne

Wer in Ballungsgebieten wohnt und wenig Fernsehen schaut, für den kommt auch das günstige digitale Antennenfernsehen DVB-T2 infrage. Anbieter Freenet hat die öffentlich-rechtlichen Sender im Programm, Privatsender lassen sich hinzubuchen. Es wird ein Empfangsgerät am Fernseher benötigt, das moderne TV-Geräte aber bereits haben sollten.