Berlin. Das Ende des Nebenkostenprivilegs kann günstigere Mieten und mehr Wahlmöglichkeiten bedeuten. Hat aber auch einen Nachteil.

  • Zum 1. Juli 2024 endet das Nebenkostenprivileg
  • Kabelfernsehen kommt bei vielen Mietern dann nicht mehr automatisch aus der Dose
  • Bislang konnten Vermieter die TV-Gebühren pauschal auf die Nebenkosten umlegen
  • Das betrifft in Deutschland rund zwölf Millionen Mieterinnen und Mieter
  • Wer weiterhin Kabel-TV haben will, muss sich ab Juli selbst um einen Anbieter kümmern

Wer zur Miete wohnt und Kabelfernsehen nutzt, muss sich in diesem Jahr auf eine Änderung einstellen: Am 1. Juli endet das sogenannte Nebenkostenprivileg, mit dem Vermieter bisher die TV-Gebühren pauschal auf die Nebenkosten umlegen konnten. Jahrelang betraf diese Praxis circa zwölf Millionen Mieterinnen und Mieter. Nun endet die in den 80ern eingeführte Regelung, die den Kabelnetzbetreibern Vodafone und Tele Columbus einen Vorteil beschert hat. Für Mieterinnen und Mieter bedeutet das: Wer danach auch weiter fernsehen will, muss sich selbst um einen Vertrag kümmern. Alle wichtigen Informationen zum Ende des Nebenkostenprivilegs im Überblick.

Was bedeutet das Ende des Nebenkostenprivilegs für Verbraucher?

Mieterinnen und Mieter sollen zukünftig selbst entscheiden können, ob sie Kabelfernsehen überhaupt wollen. Wer weiterhin Kabelfernsehen nutzen möchten, muss spätestens ab dem 1. Juli einen eigenen Vertrag abschließen. Die Nebenkosten der Miete sinken hingegen entsprechend. Sollte der Vermieter noch nicht auf Mieterinnen und Mieter zugekommen sein, ist es ratsam, ihn zu kontaktieren. Denn: Auch weiterhin ist es möglich, Sammelverträge mit günstigeren Konditionen abzuschließen.

Steigen die Kosten für Kabelfernsehen nun an?

Ja, zumindest geringfügig. Ein Vorteil der bisherigen Umlagefähigkeit war der niedrige Durchschnittspreis pro Wohnung. Dieser kam dadurch zustande, dass die Vermieter mit den Kabelanbietern große Verträge mit vielen Nutzern abschlossen. Bei Vodafone beispielsweise lag der Preis Firmenangaben zufolge bislang bei sieben bis neun Euro.

Die Firmen bieten nun allerdings neue Verträge und Vereinbarungen an, mit denen Mieter außerhalb der Nebenkosten weiterhin von relativ günstigen Konditionen profitieren können. Hierfür sind die Kabelanbieter Kooperationen mit Wohnungsbaugesellschaften eingegangen. Künftig sollen der Preis bei Vodafone bei etwa acht bis zehn Euro liegen – vorausgesetzt, es wird eine dieser neuen Vereinbarungen genutzt, die eine gewisse Menge an Abnehmern enthält. Liegt hingegen kein Rahmenvertrag vor und ist der Mieter als Einzelkunde auf sich allein gestellt, muss er künftig monatlich knapp 13 Euro berappen.

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Was passiert, wenn man nicht rechtzeitig einen neuen Vertrag abschließt?

Wer keinen neuen Vertrag fürs Kabelfernsehen abschließt, muss langfristig damit rechnen, vor einem schwarzen Bildschirm zu sitzen – allerdings nicht unbedingt sofort. Die Abschaltungen erfolgten sicherlich „nicht auf einen Schlag“, sagt Pressesprecher Sebastian Artymiak vom Kabelanbieter Tele Columbus mit seiner Marke PŸUR. „Richtig ist aber, Kabelanschlüsse ohne Vertrag werden schlussendlich stillgelegt.“

TV-Vertrag: Worauf sollte man achten?

Wer einen neuen Vertrag für das Kabelfernsehen abschließt, sollte das nicht in einer Übersprungshandlung tun. Die Verbraucherzentralen warnen vor sogenannte Medienberaterinnen und -beratern, die im Auftrag der Anbieter vor der Wohnungstür stehen und neue Verträge vermitteln wollen. Diese würden häufig auf Provisionsbasis bezahlt und auf Überrumpelungstaktiken setzen, so die Verbraucherschützer. Sie raten dazu, nichts an der Haustür zu unterschreiben und sich nicht unter Druck setzen zu lassen.

Gibt es Alternativen zum Kabelfernsehen?

Ja. Eine Alternative zum Kabelfernsehen ist die TV-Übertragung über das Internet, Anbieter wie Magenta TV von der Deutschen Telekom sowie Waipu und Zattoo sehen sich nun im Aufwind. Wer einen Internetanschluss hat, kann zum Beispiel über Waipu.tv Zugriff auf eine Vielzahl an Fernsehsendern und Streamingdiensten bekommen. Firmenangaben zufolge hat Waipu bereits 1,3 Millionen zahlende Abokunden, Tendenz steigend.

Auch Konkurrent Zattoo ist nach eigenen Angaben auf dem aufstrebenden Ast. Man sehe in dem Auslaufen der gesetzlichen Frist „enorme Chancen“ und gehe davon aus, von den wechselwilligen bisherigen Kabelkunden „einen signifikanten Anteil von unserem Angebot überzeugen zu können“, heißt es von Zattoo.

Die Telekom hofft ebenfalls auf einen deutlichen Kundenzuwachs. „Nach unserer Einschätzung könnten die Kabel-Anbieter bis zu zwei Drittel ihrer TV-Haushalte verlieren“, sagt der zuständige Manager bei der Telekom, Arnim Butzen. „Der Wegfall des Nebenkostenprivilegs ist für unser TV-Angebot eine große Chance, wir können nur gewinnen.“

Weitere Möglichkeiten sind der Empfang von DVB-T2 HD, also Antennenfernsehen, über die Hausantenne oder über das Internet, genannt IPTV.

Welche Folgen hat das Ende des Nebenkostenprivilegs für die Anbieter?

Die Platzhirsche müssen sich auf Kundenverluste einstellen, denn ein Teil der Mieter will heraus aus der bisherigen Pflichtzahlung. Die Kabelgebühren musste jeder Mieter zahlen, dessen Vermieter das so wollte – selbst wenn der Mieter das lineare Fernsehen gar nicht mehr nutzt. Manche Mieter zahlten zwar doppelt – also für den ungenutzten Kabelanschluss und für einen anderen Übertragungsweg, der mehr Möglichkeiten bot. Viele dürften aber vor so einer Doppelzahlung zurückgeschreckt haben – wenn die Pflichtzahlung für Kabel wegfällt, wird die Nachfrage nach den Konkurrenzangeboten wohl steigen.

„Es wird sicherlich herausfordernd“, sagt Vodafone-Manager Marc Albers mit Blick auf die drohenden Einbußen. „Wir sind dennoch optimistisch, dass wir mit unseren Angeboten die Mieter auch künftig überzeugen.“ Im Kampf um die Kundengunst setzt Vodafone auch auf die Macht der Gewohnheit. „Die Marktforschung zeigt, dass viele Mieter eher „Fernseh-Puristen“ sind, denen ihre gewohnten Programme wichtiger sind als Streaming-Dienste oder Internetfernsehen“, sagt Albers. „Niemand möchte Kabel umstecken, zusätzliche Geräte installieren, eine zweite Fernbedienung verwenden oder Programme neu sortieren. Beim Fernsehempfang über Kabel bleibt alles so, wie es ist.“

Beim Kabelanbieter Tele Columbus gibt man sich gelassen. „Wir gehen davon aus, dass die Kundinnen und Kunden ihre Entscheidung zur Wahl des Verbreitungsweges bereits getroffen haben“, sagt Pressesprecher Artymiak. Die Kundenverluste hielten sich nach seiner Darstellung bisher noch in Grenzen: „Der Anteil der so genannten Cable-Cutter ist immer noch gering.“ Das Gesetz, das den Abschied vom Nebenkostenprivileg besiegelte, trat im Dezember 2021 in Kraft, inklusive der Übergangsfrist bis Mitte 2024.