Reinbek/Bergedorf. Schock in einer Oktobernacht 1970: Das beliebte Sachsenwald-Theater brennt. Und Bergedorf feiert: seinen ZOB – und ein „Parkhochhaus“.
Bei einigen Reinbekern sollen sogar Tränen geflossen sein. So geschockt waren sie vom Anblick der verkohlten Reste des Sachsenwald-Theaters. „Feuerhölle“ titelt die Bergedorfer Zeitung in der Montagsausgabe vom 26. Oktober 1970 und berichtet auf einer Sonderseite über den „größten Brand in Reinbeks Nachkriegsgeschichte“. „Halb Reinbek musste gestern Abend mitansehen, wie das von Tausenden lieb gewonnene Theater ein Raub brutaler Flammen wurde“, heißt es da.
Es ist das Jahr, in dem Schock und Begeisterung nah beieinander liegen. Denn Anfang November 1970 feiert Bergedorf nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Planung endlich die Einweihung seines hochmodernen ZOB am Bahnhof. Und das erste „Parkhochhaus“ wird gleich neben dem Sachsentor an der Bergedorfer Schlossstraße eröffnet. Es soll helfen, die endlich den massiven Stellplatzmangel im Zentrum zu beenden.
Großeinsatz: 150 Feuerwehrmänner versuchen vergeblich, den Brand zu löschen
Doch erstmal zurück nach Reinbek: Das Sachsenwald-Theater direkt an der Hamburger Straße gelegen, etwa dort, wo heute der „Klönschnack-Turm“ des Sachsenwald-Forums steht, war in jener Nacht bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Gerd Tamm, später Reinbeks langjähriger Feuerwehrchef, kann sich noch genau an das Großfeuer und die vielen Schaulustigen erinnern: „Die Hamburger Straße war schwarz vor Menschen“, beschreibt der heute 81-Jährige. Tamm war einer von rund 150 Feuerwehrleuten aus Reinbek, Ohe, Schönningstedt, Aumühle, Glinde und Bergedorf, die vergeblich versuchten, den Brand zu löschen und das Theater zu retten.
An dem Oktoberabend 1970 stand bereits fest, dass Gerd Tamm wenige Tage später zum neuen Reinbeker Wehrführer – mit nur 28 Jahren dem jüngsten in Stormarn – gewählt werden würde. „Ich hatte gerade an meiner Rede gefeilt, als ich von einem vorbeifahrenden Löschfahrzeug aufgeschreckt wurde. Ich lief auf die Straße und sah da bereits den hellen Feuerschein am Nachthimmel“, erzählt er. Doch bevor er selbst loseilen und löschen konnte, musste der damalige Vater zweier kleiner Mädchen noch einen Kindersitter organisieren, da seine Frau nicht zu Hause war.
Kurz vor dem Flammeninferno tritt Götz George im ausverkauften Sachsenwald-Theater auf
Doch trotz aller Eile: „Hier war nichts mehr zu retten“, lautete die Überschrift auf der bz-Sonderseite. Das Theater brannte bis auf die Grundmauern nieder, bereiten die Flammen „einem Stück Reinbeker Nachkriegsgeschichte ein jähes Ende“. Denn das Feuer hatte leichtes Spiel bei dem Barackenbau aus Holz und Stroh, weiß Tamm.
Das Theater wurde direkt nach dem Krieg 1946 gebaut, als der Hunger nach Unterhaltung und Kultur in der Bevölkerung groß war. Neben hochkarätig besetzten Gastspielen wurden auch Kinofilme in dem kleinen und großen Saal gezeigt. Die Reinbeker liebten ihr Theater, manche warteten Jahre darauf, eines der 500 Abonnements zu ergattern: Kein Wunder, denn Schauspielgrößen wie Horst Tappert und Hans-Joachim Kuhlenkampff standen hier auf der Bühne. Zwei Abende vor dem verheerenden Feuer spielte Götz George vor ausverkauftem Haus. Und nun war auf einmal Schluss damit. „Reinbeks Theater-Saison ist vorüber“, bringt der bz-Reporter es auf den Punkt. Die Reinbeker waren traumatisiert.
Großteil der Akten aus Reinbeks Bauamt verbrennt in den Flammen
Auch der damalige Bürgermeister Hermann Körner war Zeuge des traurigen Ereignisses, das den Verwaltungschef plötzlich vor ganz andere Herausforderungen stellte. Denn in dem Feuer wurde auch ein Großteil der Akten aus dem Bauamt vernichtet. Die Abteilung war erst wenige Monate im Zuge des laufenden Rathausumbaus in einen Anbau des Theaters ausgelagert worden.
„Wir versuchten noch, so viele Akten wie möglich herauszuholen. Doch am Ende war das Gebäude nicht mehr zu halten“, erinnert sich Tamm noch 54 Jahre später. Und die geretteten Dokumente waren teils so durchnässt und verkohlt, dass es Monate dauern sollte, sie wieder zusammenzusetzen.
Familie des Pächters verliert in den Flammen Zuhause und Existenzgrundlage
Der Pächter des Theaters, Siegfried Mielke alarmierte selbst die Feuerwehr. Mielke saß an dem Abend mit Freunden in der „Taverne“, der Theater-Bar im Anbau, als sie kurz nach 21 Uhr einen lauten Knall hörten, die Türen aufsprangen und dichter Qualm ihnen entgegenkam. „In Windeseile stolperte er die Treppe hinauf“, schrieb die bz. Denn die fünfköpfige Familie des Pächters lebte in der Wohnung über der „Taverne“. Hier hatte sich seine Frau und eins der beiden Mädchen bereits zum Schlafen hingelegt. Glücklicherweise kam die Rettung noch rechtzeitig.
Dann griffen Siegfried Mielke und sein erwachsener Sohn Peter selbst zum Schlauch. Beide waren ausgebildete Feuerwehrmänner. Doch am Ende ist nichts mehr zu retten: Die Flammen zerstören die Existenz und das Zuhause der Familie. Von Sohn Peter machte ein bz-Reporter während des Löscheinsatzes sogar ein Foto, nichts ahnend, dass die tragische Geschichte noch eine unerwartete Wendung nahm.
Schadenshöhe überschreitet eine Million Mark: Auch Archiv des Rowohlt-Verlags betroffen
Die Versicherung schätzte den entstandenen Schaden anfänglich auf eine halbe Million Mark, doch bald wurde klar, dass das bei weitem nicht ausreicht. Mehr als das doppelte – 1,3 Millionen Mark – wurden es am Ende. Denn neben Theater, Wohnung, Bauamt und Taverne samt Inventar verbrennen auch teils unersetzliche Erstausgaben des Rowohlt Verlags. Der hatte Teile seines Archivs in die Kellerräume ausgelagert.
Während die Polizei hier fieberhaft nach der Ursache des verheerenden Brandes sucht, öffnen in Bergedorfs Stadtzentrum innerhalb von nur 24 Stunden gleich zwei langersehnte Infrastrukturprojekte: Am 4. November weihen das Bezirksamt und die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) vor dem Bergedorfer Bahnhof den ZOB ein – nach 15-jähriger Planungszeit. Und nur einen Tag später, am 5. November 1970, wird die erste Hälfte des 558 Stellplätze großen ersten Bergedorfer „Parkhochhauses“ eröffnet.
Bergedorfs erstes „Parkhochhaus“ soll eklatanten Stellplatzmangel in der City lindern
Das bis heute existierende „Parkhaus Sachsentor“ an der Bergedorfer Schlossstraße, direkt hinter dem 1969 auf doppelte Größe erweiterten Kaufhauses „Hertie“, sollte die eklatante Stellplatznot in Bergedorfs City endlich lindern: „Nicht selten drehen Autofahrer bis zu einer halben Stunde ihre Runden durch die engen Straßen, um irgendwo eine Lücke zu finden“, beschrieb die Bergedorfer Zeitung noch am 3. Dezember 1969 die dramatische Lage im damals noch nicht autofreien Sachsentor und seiner Umgebung. Die markante Überschrift der Sonderseite: „Hilfe, wo sind Parkplätze?“.
Geplant wurde an dem Projekt insgesamt neun Jahre. So lange dauerte es, bis das hier zuvor stehende Bergedorfer Elektrizitätswerk an die Investoren verkauft und abgerissen werden konnte. Doch der bejubelte Neubau zeigte schnell erhebliche Defizite.
Bergedorfer Zeitung zum neuen ZOB: „Regen darf nur von oben kommen“
Unter dem Titel „Fehlplanung oder Geburtswehen?“ listete unsere Zeitung schon drei Wochen nach der Eröffnung des „Sachsentor Parkhauses“ die Schwachstellen auf: Über die verwinkelten kleinen Straßen war es für Autofahrer aus der Umgebung Bergedorfs kaum zu finden. Und selbst, wer den Weg gefunden hatte, traute sich bei Anblick der extrem engen Ein- und Ausfahrt oft nicht hinein. Hinzu kam, dass sich direkt gegenüber die Anlieferzone von „Hertie“ lag, was durch die vielen Lkw oft zu langen Staus führte.
Kritiklos blieb auch die Einweihung des neuen ZOB am Bergedorfer Bahnhof nicht. Natürlich bestimmte das Thema am 5. November 1970 die Titelseite und den Lokalbereich der Bergedorfer Zeitung, doch die Überschrift „Regen darf nur von oben kommen ...“ als Hinweis für die viel zu kleinen Dächer an den Bussteigen steht symbolhaft für die vielen finanziellen Kürzungen, die dieses so wichtige Projekt für Bergedorf und die vielen Tausend Pendler aus seiner Umgebung in seiner Attraktivität immer weiter schrumpfen ließen.
Alltägliches Chaos: Viel zu wenig Platz für Autos, Fußgänger und Linienbusse vorm Bahnhof
Seit 1949 schon galt die Verkehrssituation vor dem Bergedorfer Bahnhof als dramatisch. Und mit dem rasant wachsenden Straßenverkehr samt gleichzeitig steigender Zahl der VHH-Linienbusse mündete alles in ein alltägliches Chaos. Denn der heute hier über den Bahnhofsvorplatz verlaufende Weidenbaumsweg war damals eine wichtige Hauptstraße, sämtliche Busse hielten in der winzigen, heute als Taxistand genutzten Straße Am Bahnhof – und die umkreiste damals auch noch das Bergedorfer Hauptpostamt (heute Ärztezentrum „Alte Post“) mit seinem erheblichen Lieferverkehr.
Die Verlagerung der Post und der Bau eines vor dem Bergedorfer Bahnhof gelegenen ZOB sollte Politik und Verwaltung zwei Jahrzehnte beschäftigen, ab 1955 sogar mit konkreten, immer wieder veränderten Planzeichnungen. Erst 1967 zog schließlich die Post um – in ihren gelb geklinkerten Neubau südlich der Bergedorfer Straße/B5, wo mittlerweile der Komplex „Bergedorfer Tor“ steht.
An Bergedorfs neuem ZOB wird die Sicherheit der Fußgänger dem Rotstift geopfert
Erst damit konnte der neue ZOB auf dem heutigen Areal von Bahnhofsvorplatz und angrenzendem Einkaufszentrum CCB in die Realisierungsplanung gehen. Bis dahin sollte er sich die Fläche noch mit der Post teilen. Allerdings regierte Ende der 60er-Jahre der Rotstift: Das knappe Geld reichte zwar für vier Bussteige, die angesichts der jetzt schon gut 20 Buslinien mit über 100 An- und Abfahrten pro Stunde ohnehin das absolute Mindestmaß waren. Doch die Sicherheit der vielen Tausend Fahrgäste fiel dem Sparzwang zum Opfer.
War zunächst noch ein Tunnel geplant, der die Fußgänger vom Bahnhof zu den einzelnen Bussteigen und unter der extrem stark befahrenen B5 hindurch sicher bis zur neuen Bergedorfer Hauptpost bringen sollte, wurde dessen Finanzierung schon nach der Flutkatastrophe von 1962 gestrichen. Jetzt sollte wenigstens eine Brücke gebaut werden, entwickelte sich die noch lange nicht mit Ampeln ausgestattete B5 doch zu einem Unfallschwerpunkt mit mehreren Toten pro Monat.
Lautsprecher, Funkgeräte und Kameras für reibungslose Abwicklung des Busverkehrs
„Aber selbst die deutlich preiswertere Brückenlösung erwies sich als zu teuer, als der Bau des Busbahnhofes endlich konkretere Formen annahm“, schreibt Dr. Christel Oldenburg im Schlossheft Nr. 4 „Eine Schneise durch Bergedorf“, das sich mit der Entwicklung der Bergedorfer Innenstadt in den 50er- und 60er-Jahren beschäftigt. „Schließlich verzichtete man völlig auf die Brücke. Der Sprung über die Bergedorfer Straße endete mit einer Bauchlandung.“
Dennoch wagt die Bergedorfer Zeitung auf der Titelseite vom 5. November 1970 eine positive Prognose: „Die Zeiten für die sooft geplagten Busfahrgäste sollen besser werden. Lautsprecher, Sprechfunkgeräte in den VHH-Bussen und Fernsehkameras garantieren die reibungslose Abwicklung des Verkehrs in den Bereich Bergedorf/Lohbrügge, Vier- und Marschlande sowie in die angrenzenden Gebiete der Kreise Stormarn und Lauenburg.“
Unerwartete Wendung nach dem Feuer in Reinbek: Kripo präsentiert Brandstifter
Derweil nahm die Geschichte des Reinbeker Großbrandes eine unerwartete, fast noch dramatischere Wende: Zunächst vermuteten die Brandermittler im Keller die Ursache des Feuers. Eine Glühbirne sollte geplatzt sein. Doch das stellte sich ziemlich schnell als falsch heraus. Einen Monat später, am Freitag, 27. November, titelte die bz: „Sachsenwald-Theater: Von Jungen in Brand gesteckt.“ Diese Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Laut Kriminalpolizei waren an dem Abend vier Jugendliche, zwei 16-jährige Mädchen und zwei Jungen (19 und 20 Jahre alt) über den Notausgang des Theaters in den Bühnenraum eingebrochen.
Einer der Jugendlichen war Peter Mielke, Feuerwehrmann und Sohn des Pächters. Wie sich herausstellte, war er es auch, der in der Dunkelheit Streichhölzer angezündet und achtlos weggeworfen hatte. Mindestens eins muss noch geglimmt haben. Wahrscheinlich wurde das Feuer dann durch Luftzug entfacht, als Peter Mielke die Tür öffnete und die anderen drei hinausließ.
Brandstifter bekommt Bewährungsstrafe – und stirbt bei einem Motorradunfall
„Im Nu hatte es sich ausgebreitet und schnell den schwarzen Vorhang erreicht“, schrieb die bz. Statt Hilfe zu holen und die Feuerwehr zu alarmieren, hatte Mielke noch versucht, die Flammen mit den Händen auszuschlagen. Dann verließ er panikartig das Theater.
Die Wahrheit kam ans Licht, weil Peter Mielke alkoholisiert seinen Mund nicht halten konnte. Vom Jugendschöffengericht in Schwarzenbek wurde er im Juli 1971 zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten, einem Jahr Alkoholverbot und einer Schadensersatzzahlung von 500.000 Mark verurteilt. Doch die Summe wurde nie beglichen: Nur zwei Jahre später, mit gerade mal 23 Jahren, verunglückte Peter Mielke bei einem Mopedunfall tödlich. „Ein tragisches Schicksal, an dem vor allem die Mutter ihr Leben lang schwer zu tragen hatte“, weiß Gerd Tamm.
Reinbek plant schnellen Neubau, doch das „Sachsenwald-Forum“ lässt auf sich warten
Währenddessen pochten die Reinbeker auf den schnellen Wiederaufbau ihrer Kulturstätte. Schon wenige Tage nach dem Brand debattierte die Reinbeker Politik über ein neues Kultur- und Kongresszentrum, versprachen die Bundestagsabgeordneten Friedrich Beermann (SPD) und Olaf Baron von Wrangel (CDU) per Telegramm aus Bonn ihre Unterstützung. Vor Ort gründete sich eine Bürgerinitiative, noch bevor überhaupt bekannt wurde, dass es sich um Brandstiftung handelte.
Doch trotz aller Eile sollte es noch über ein Jahrzehnt dauern, bis die kulturliebenden Reinbeker wieder einen neuen Veranstaltungssaal bekamen: Im neuen „Sachsenwald-Forum“, zu dem neben der Bühne bis heute auch ein Hotel und ein Einkaufszentrum gehörten. Der Neubaukomplex wurde fast genau zwölf Jahre nach dem Feuer eingeweiht, am 25. November 1982. So nahm die Geschichte – zumindest für die Reinbeker Kulturliebhaber – noch ein gutes Ende.
Gefährlicher Alltag 1970: Höchste Zahl an Todesopfern auf Straßen in und um Bergedorf
Das war bei vielen anderen Bränden und Unfällen aus der Zeit nicht der Fall. Wer in den Zeitungsausgaben aus dem Jahr 1970 blättert, wird den Eindruck nicht los, dass der Alltag damals um einiges gefährlicher war als heute. „Verbrechen steigen weiter an“ titelte die bz am 5. Mai 1970 und berichtet, dass allein die Mordrate in der BRD um elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist.
Zu dieser Meldung passte, dass wenige Tage zuvor einer der grausamsten Serienmörder der Nachkriegsgeschichte, Arwed Imiela, zusammen mit seiner Verlobten im Sachsenwald-Hochhaus in Reinbek festgenommen wurde. Der 40-jährige, der sich als Millionär ausgab und mit Geld nur so um sich warf, wurde drei Jahre später am Lübecker Landgericht wegen vierfachen Mordes an Frauen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Wie die Polizei rekonstruierte, hatte er sich das Vertrauen der Frauen erschlichen, dann nahm er sie aus und brachte sie um. Die Festnahme des Frauenmörders in biederer Jägerkleidung war eine von vielen Kriminalmeldungen in dem Jahr.
Viele Gastarbeiter leben 1970 in prekären Unterkünften
Nahezu täglich berichtet die bz von Überfällen, Vergewaltigungen, Bränden und Pkw-Unfällen mit vielen Verletzten und nicht selten mit Todesopfern. Deren Zahl erreicht 1970 bundesweit ihren traurigen Höhepunkt. Allein auf Bergedorfs Straßen sterben im ersten Halbjahr 1970 fünf Menschen bei 60 Unfällen.
Besonders gefährdet aber leben damals die vielen Gastarbeiter in ihren teils prekären Unterkünften. Die Spanier, Italiener, Jugoslawen, Türken und Portugiesen sollten im Wirtschaftswunderland Deutschland mit anpacken, weil – wie heute – viele Stellen nicht mehr besetzt werden können. 800 freie Stellen vermeldet das Bergedorfer Arbeitsamt allein im Januar 1970, zehn bz-Seiten voll mit Stellenanzeigen sind keine Seltenheit. Gesucht wird alles von Lehrern über Stenotypistinnen und Fahrer bis zu Sekretärinnen.
- Schrecklicher-Bahn-Unfall auf der Bergedorfer Strecke
- Bergedorfer Polizist entpuppt sich als Serienbankräuber
- 1967: Teenager tot – und ein Star-Musiker schießt um sich
Auch das Bergedorfer Unternehmen Paul Schrade & Co am Curslacker Deich setzt da auf ausländische Arbeitskräfte und bringt diese in Wohnbaracken auf dem Firmengelände unter. In einer dieser Baracken bricht in der Nacht zum 5. Februar 1970 ein Feuer aus. Die portugiesische Familie mit ihren sechs Kindern wird von den Flammen im Schlaf überrascht, drei Kinder sterben. Die beiden Eltern kommen mit einem Nervenzusammenbruch ins Bethesda Krankenhaus, die drei überlebenden Kinder ins Kinderheim St. Elisabeth am Grasredder, schreibt die bz.
Gefreut haben dürfte die Bergedorfer dagegen der Bericht vom 25. April 1970: Der Bergedorfer Förster Elk Werhahn kündigte darin an, dass Wildschweine wieder zu einem festen Bestandteil des Erholungsgebiets werden sollen und er bis Ende des Jahres, ein Gatter in dem kleinen Tal nahe einer Quelle anlegen will. Das wurde dann für Jahrzehnte ein beliebtes Ziel für den Sonntagsfamilienausflug vieler Bergedorfer und Wentorfer Familien.