Lohbrügge. Die RED Baufeld GmbH plant zudem ein Restaurant. Doch die Planungen wurden abgespeckt. Vom „Markthaus“ ist nicht mehr die Rede.
Seit nunmehr zehn Jahren steht der ehemalige Edeka-Laden am Lohbrügger Markt leer, und viele Menschen warten darauf, dass hier die Bauarbeiter anrücken. Denn versprochen waren neben Wohnungen auch ein Bücher-Café und attraktiver Einzelhandel. So jedenfalls sahen die ursprünglichen Pläne der Investoren aus. Inzwischen aber musste manches nachgebessert und abgespeckt werden. Aus der Milchglas-Fassade beispielsweise wurden Alu-Fenster, statt Balkonen gibt es bloß breite Fensterbänke zum Sitzen.
Aktuell seien alle Unterlagen bei den Fachabteilungen des Bezirksamtes eingereicht, werde nun keine Kritik mehr erwartet: „Wenn wir zur Jahresmitte den Bauantrag einreichen und der B-Plan hoffentlich zu Weihnachten fertig ist, könnten wir Anfang 2025 mit dem Abbruch beginnen“, sagt Geschäftsführer Timo Weiland von der RED Baufeld GmbH, der Eigentümerin des Grundstückes am Lohbrügger Markt 4. Zwischen Ludwig-Rosenberg-Ring und Alter Holstenstraße entstehen demnach in drei Gebäuden insgesamt 106 Wohnungen, deren Mieter im dritten Quartal 2027 einziehen können – wenn jetzt alles nach Plan läuft.
Am Lohbrügger Markt entstehen 106 Wohnungen
Das war bislang wahrlich nicht der Fall. Denn zwar hatte sich die Jury nach einem Architektenwettbewerb mit fünf Büros im Herbst 2020 einstimmig für den Entwurf der Berliner RobertNeun Architekten entschieden, lobte Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing deren Entwurf als „Stadtreparatur im besten Sinne“. Doch von den ursprünglichen Zeichnungen musste abgewichen werden. So hatte das Bezirksamt nachfragen müssen, wo denn der zweite Rettungsweg sei, wenn die Feuerwehr keinen Zugang zum knapp 1000 Quadratmeter großen Hof hat. „Der soll Bäume, Bänke und Spielgeräte bekommen. Die Feuerwehr kann außen anleitern und die beiden Treppenhäuser nutzen“, erklärt Weiland.
Dann forderte das Verschattungsgutachten seinen Tribut: Im fünfgeschossigen Gebäude für den „Begleiter“, der psychosoziale Hilfen anbietet und sich den Großteil der geforderten 30 Prozent für den sozialen Wohnungsbau sichert, mussten manche Wohnungsgrundrisse neu zugeschnitten werden, damit es nicht zu dunkel wird. Ihren Eingang werden die Mieter am Sander Markt haben, wo auch die Zufahrt der Tiefgarage mit ihren 65 Plätzen geplant ist.
Statik verhindert Balkone am Wohnturm
Außerdem stellte sich heraus, dass der bestehende Wohnturm nicht die versprochenen Balkone bekommen kann, so Weiland: „Das geht aus statischen Gründen nicht. Man kann die Fenster nicht bodentief ziehen, da dort die schweren Träger verlaufen.“ Immerhin aber sollen nun Fenster und Dämmung ausgetauscht werden. „Der Lärmschutz für das gesamte Projekt ist herausfordernd, aber die Schlafzimmer gehen nach hintern raus, sodass man bei offenem Fenster wird schlafen können“, verspricht der Investor.
Nicht zuletzt ist das vordere Gebäude um eine Etage gewachsen und soll jetzt sechsgeschossig werden. Denn „freudig überrascht“ wurden die Planer von dem Wunsch der Haspa nach mehr Platz: Zum Lohbrügger Markt hin wollen die Banker die erste Etage und das Erdgeschoss beziehen. Hier aber waren zunächst Flächen vorgesehen für Einzelhandel und ein Café.
Davon ist nun keine Rede mehr, lediglich im Erdgeschoss des 1966/67 errichteten Bestandsturms soll es eine 350 Quadratmeter große Gastronomie geben, deren Betreiber Frühstück, Mittagstisch und Abendessen bietet. Dazu ist auf der Ecke ein Kiosk geplant, der samt Außengastronomie den Eingang zur Fußgängerzone „ein wenig beleben“ möge, so Weiland. Den Kiosk plant er auf öffentlichem Grund und möchte das städtische Grundstück auf Erbpachtbasis übernehmen. Gleich daneben lässt er dann die Treppe zum Haupteingang schmaler bauen – und hofft, dass sich noch ein Interessent für die ehemalige Ladenfläche von Optiker Bode findet.
Andreas Wankum als Finanz- und Bauberater
Es seien die „vierfach hohen Zinsen“, die verteuerten Baumaterialien und der Wegfall der KfW-55-Förderung, die ebenfalls für einen zeitlichen Verzug verantwortlich seien, meint Andreas C. Wankum aus Winterhude, der Geschäftsführer der beteiligten Entwicklungsgesellschaft OneVest. Manch einer hat den Namen des heute 68-Jährigen mit dem Neubau des HSV-Stadions in Erinnerung: Im Jahr 2000 musste der Immobilienkaufmann mit seiner Firma Deuteron Insolvenz anmelden. Der einstige CDU-Bürgerschaftspolitiker (2004–2015) sagt über das aktuelle Projekt: „Eine Familie aus Israel ist Finanzpartner unserer neu gegründeten KG, an der auch meine Familie und die Familie von Timo Weiland beteiligt sind.“
Immerhin bei 45 Millionen Euro liege die Investitionssumme für das Lohbrügger Projekt, das inzwischen mangels Einzelhandel nicht mehr als „Markthaus Lohbrügge“ bezeichnet wird. Aber das „LoMa 4“ mit seinen insgesamt 7500 Quadratmetern solle unbedingt langfristig im Bestand bleiben und somit hochwertig gebaut werden – nach dem Wohnungseigentumsgesetz WEG 40. Mehr Dämmung und neue Technik sollen es ermöglichen, da werden also Luft-Wasser-Wärmepumpen eingebaut, kommt Photovoltaik auf zwei Dächer, das dritte Haus bietet den Mietern eine Dachterrasse.
Die Keramik-Fassade soll Blicke anziehen
Auch an die Ästhetik ist gedacht, denn die Fassade wird nicht allein von rotem Verblendstein bestimmt: „Wir werden am Ludwig-Rosenberg-Ring Keramikfliesen haben, die vom unteren Blau bis zu oberen Grüntönen wechseln. Das wird sicher ein Hingucker“, lobt Timo Weiland die Architekten-Idee.
Trotz allen Änderungen sollen es also immer noch „drei hübsche Gebäude“ werden, mit einem sozialen Mix aller Mieter in den Ein- bis Vier-Zimmer-Wohnungen. Für kleinere Wohneinheiten werden 18 bis 20 Euro pro Quadratmeter angedacht. Interessant ist auch das Cluster-Wohnen, bei dem jeder sein eigenes Zimmer und Bad hat, aber eine Gemeinschaftsküche teilt: „Da bleiben 40 Quadratmeter pro Person. Das kann gut genutzt werden für eine Alten-WG oder eine Wohn-Pflege-Gemeinschaft“, denkt Weiland, der von hoher Nachfrage ausgeht.
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Weniger nachgefragt waren inzwischen Ideen für die angrenzende Nachbarschaft: Ursprünglich hatten Bergedorfs Stadtplaner gefordert, dass auch der Sander Markt und die gegenüberliegende Saga-Fläche Ecke Beckerkamp bei der Umgestaltung „mitgedacht“ werden möge. Timo Weiland: „Das wurde jetzt nicht mehr weiter verfolgt.“ Wohl aber geht er davon aus, dass die aktuellen Baufeld-Pläne im Herbst nochmal im Bergedorfer Stadtentwicklungsauschuss abgestimmt werden.