Bergedorf. Bergedorfer Behörde hat die geplante Midissage zur Schau sogar verboten. Warum sie das darf – und was die Veranstalter davon halten.

Da war plötzlich eine Lücke im Terminkalender des Künstler- und Handwerkerhauses Plietsch. Also stellten, ganz im Sinne ihres Auftrags, das Klima der Welt möglichst schnell zu retten, Mitglieder von Extinction Rebellion (XR) Bergedorf und Psychologists for Future/Psychotherapists for Future die dokumentarische Ausstellung „Wasser – Von der Rebellion zur Transformation“ in dem Haus zusammen. Die ist ab sofort bis 29. Februar täglich von 11 bis 17 Uhr zu betrachten. Jedoch sorgt die geplante Midissage der Klimaschützer am 24. Februar für Unbehagen im Bergedorfer Bezirksamt – und wurde verboten.

Zu dem Termin hatte XR Bergedorf nämlich Gäste zu Vorträgen und einer anschließenden weiterführenden Diskussion eingeladen. Darin hätte es von 15 bis 18 Uhr laut mittlerweile zurückgezogener Pressemitteilung in den Vorträgen auch um „Aktionen und konkrete Handlungsmöglichkeiten beim Klimaschutz“ gehen sollen, die in einer offenen Diskussion weiter erörtert worden wären.

Bezirksamt untersagt Midissage: Künstler- und Handwerkerhaus politfreier Raum

Das wiederum wird nun vom Bezirksamt verboten. Denn wie es von dort heißt, bestehe die Gefahr einer „Zweckentfremdung“ des im September 2023 eröffneten Plietsch. „Das Haus dient als Veranstaltungsort für Themen der Stadtentwicklung. Wir haben die Befürchtung, dass bei dieser Midissage zu politischen Aktionen aufgerufen werden könnte, dass das Ganze zu nah an der Planung von Aktionen der Gruppe ist “, erklärt Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann die Ablehnung.

Das Gebäude solle gänzlich ein politikfreier Raum bleiben – das gelte auch für den anstehenden Wahlkampf zu Europa- und Bezirksparlamenten. Für derartiges gebe es im Bezirk ja genug Anlaufstellen wie Bürgerhäuser, Gaststätten oder auch Kulturzentren. Das sogenannte „Wording“ („Von der Rebellion zur Transformation“) stehe ebenfalls dem Zweck des Hauses entgegen.

Wird etwas politisch gemacht, was gar nicht politisch ist?

Unverständnis herrscht dabei im Lager der Klimaschützer vor: Zugegeben, auch intern sei bei der Kommunikation zwischen Ausstellungsorganisatorin Anke Große-Wilde und ihren Mitstreitern Christian Schneider und Jan Frehse bei der Realisierung des Programms in der Kürze der Zeit nicht alles optimal gelaufen. Doch begreifen kann es die Künstlerin nicht: „Wir wollen doch keine politischen, sondern eigentlich wissenschftliche Fakten vermitteln und informieren“, sagt Anke Große-Wilde.

Er wisse auch nicht, wo das Problem liege, gesteht Christian Schneider. Er und Kompagnon Frehse wollten eigentlich am Sonnabend mit zwei Vorträgen mit wissenschaftlichen Fakten zur Klimakrise und individuiellen Regieanweisungen zur Ressourcenschonung im Alltag eröffnen und dann Raum für Gedanken lassen. Es werde daraus etwas als „hochpolitisch“ stilisiert, was kaum unpolitischer sein könne, meint Christian Schneider: „Das wäre doch Stadtentwicklung, und zwar in der Frage, wo wir uns in der Klimakrise hinentwickeln müssen. Wenn man jeder Diskussion dieser Art einen Riegel vorschiebt, kommen wir auch nicht voran.“

Was die Ausstellung möglicherweise „überfrachtet“ hätte

Die Gastgeber hatten noch mehr Ideen, die angeblich im Bergedorfer Rathaus nicht gut angekommen sein sollen. So erfuhr Christian Schneider, dass auch der meterlange Banner direkt hinter der Eingangstür mit der Aufschrift „Handelt endlich klimaneutral“ eher kritisch gesehen werde, „weil es aus Sicht der Verwaltung eine Art Aufforderung zum politischen Handeln sei“ – platziert wurde der Spruch dennoch im Ausstellungs-Layout.

Weiterhin sollte auch die Klimacollagen-Künstlerin Kathrin Kühn mit ihren Werken neben der fotografischen Aktionsdokumentation von Sandra Donek, Videoinstellation von Peter Struwel und Bildern des voranschreitenden Klimawandels aufwarten. Doch auch das sei vom Bezirksamt verboten worden mit dem Hinweis., dass die Ausstellung damit dann „überfrachtet“ wäre. Kühn durfte zuletzt im Zwischengang des Rathauses mehrere Wochen im Herbst 2023 ausstellen.

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Bereits die Ankündigung von XR zu Jahresbeginn, das Plietsch eventuell sogar als zentralen Anlaufpunkt, als möglichen „Debattierraum“ der Gruppe zu nutzen, kam im Bezirksamt nicht sonderlich an. Doch Schmidt-Hoffmann möchte Klimaschützern wie XR und Co auch nicht komplett die Tür vor der Nase zuschlagen. Beispielsweise stehe zeitnah eine „Klimawoche“ im Haus am Sachsentor 23 an. Bei „Von Rebellion zur Transformation“ seien letzten Endes viele Inhalte nicht mit dem Bezirksamt „rückgekoppelt“ worden. Doch trotz der Beanstandungen läuft die abgespeckte Schau nun offenbar erst mal bis zum 29. Februar.