Bergedorf/Boberg. Valerie Guillaume schließt ihre Buchreihe Hüter des Klimas ab, Kathrin Kühn setzt in ihren Bildern Zeichen gegen Umweltsünden.

Diese beiden Frauen haben ihren ganz eigenen Ansatz, mit der sich durch den Klimawandel veränderden Welt umzugehen. Während die Bobergerin Valerie Guillaume mit „Hüter des Klimas – Das Finale“ ihren märchenhaften Buch-Vierteiler abschließt, hat die Nettelnburgerin Kathrin Kühn Plastikmüll als Dauermotiv und umweltfeindliches Element in ihren Bildern entdeckt. Etwa 30 davon sind aktuell im Bergedorfer Rathaus zu sehen.

Entführungen, Korruption, Attentate, Diktatoren und ganz zuvorderst die Umweltzerstörung: In keinem der drei Teile zuvor hat Valerie Guillaume diese Vielzahl an menschlichen Verfehlungen derart gebündelt niedergeschrieben. Das Finale ihrer fantastischen Klimakollaps-Geschichte macht das fast realistisch. Okay, da gibt es Harald., den Eiskaiser, und Helena, die Hitzekönigin, die Erzrivalen, dazu noch einige Gestaltenwandler. Doch Mordshitze, ansteigende Meeresspiegel und Vermüllung setzen insbesondere den Übriggebliebenen der Spezie Mensch zu.

Zwei Bergedorfer Künstlerinnen gegen viele Umweltsünden

Guillaume, im normalen Leben private Sprachlehrerin, legt auf 540 Seiten ein Irrsinnstempo vor, rast über alle Kontinente – zumindest über das, was davon noch übrig ist. Grönland ist zur Industrieruine verkommen, eine durch Gletscherschmelze hervorgerufene Lawine hat Santiago de Chile unter sich begraben. Öltanker havarieren in den Meeren, Regenwälder werden gnadenlos abgeholzt, die Pole schmelzen ab. Analogien zur realen Welt sind keineswegs zufällig. Die entscheidende Frage: Kann Harald der Held werden, den unsere Welt zum Überleben braucht?

Einen Helden besitzt Kathrin Kühn in ihren Bildern nicht. Dafür aber ein wiederkehrendes Element. Diese umweltunverträglichen Plastikdinger, aus denen wir Softdrinks trinken, Gele für die Körperpflege nutzen und vieles mehr. Mit ihrer, wie sie es nennt, „wimmeligen Technik“ trägt die 63-Jährige Acryl im Grunde stets farbenfroh-regenbogenartig auf, schafft aber durch den Einsatz von Collagentechnik durchaus auch bedrohliche Atmosphären. Ihre Herangehensweise: Aus Prospekten werden Plastikflaschen ausgeschnitten, dann mit Meeresbewohnern übermalt. Auch die Mikroplastiken sind immer wieder vertreten, zumeist durch bunte Punkte in den Gemälden.

Von schöner zur problematischen Kunst gewechselt

Früher malte die gelernte Werbekauffrau in ihrer Freizeit ohnehin gern Fischbilder. Das blieb dann auch bei den umweltkritischen Werke so, „allerdings bin ich von der schönen zur problematischen Kunst gewechselt“, sagt Kathrin Kühn.

Vor acht Jahren begann sie damit, wandte sich mehr und mehr dem Klimawandel zu, einer denkbaren Überflutung des Planeten. Etwas, was sich dauerhaft in ihren Bildern wiederholt: Tiere oder Wahrzeichen von Städten werden in die nahende Katatstrophe hineintransferiert – plötzlich versinkt das Bergedorfer Schloss in den Fluten, in der Ferne sind Elphi, Michel, Gedächtniskirche und weitere zu erkennen. „Es geht mir auch um wiedererkennbare Orte und Motive“, erklärt Kathrin Kühn.

Noch bis zum 23. Oktober läuft die Ausstellung „Aufbruch zum Wandel“ von Kathrin Kühn im Durchgang des Bergedorfer Rathauses.
Noch bis zum 23. Oktober läuft die Ausstellung „Aufbruch zum Wandel“ von Kathrin Kühn im Durchgang des Bergedorfer Rathauses. © BGDZ | Jan Schubert

Und eigene Interpreatationen: So wie in „Der Wanderer“, im Original „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ von Casper David Friedrich. Bei Kühn steht die Rückenfigur auf einem Berg aus Plastikmüll vor verdreckten Meeren und Feldern „auf dem Kipppunkt“ zum Klimakollaps, wie es die Erschaffende erzählt. Oder die Titanic-Adaption „Panic vor dem Untergang“: Hier schippert das monumentale Kreuzfahrtschiff unaufhaltsam auf ein Hindernis zu. Einen Eisberg aus Plastikmüll.

Beeindruckende Lesemomente, tolle Auszeichnungen

Untergangsstimmung gehört auch zum Finale von „Hüter des Klimas“. Schreiberin Guillaume verquickt alle Handlungsstränge. Das Böse indes hat nicht nur fantatische, sondern auch irdische Ausgeburten. „Die versuchen gemeinsam sogar die Achse des Guten auszuschalten“, verrät Valerie Guillaume etwas von der Zuspitzung. Im Finale wird letzlich wieder alles gut: Der Eisexpress verbindet die Pole miteinander, Pflanzen wachsen wieder, der Meerespiegel sinkt sukzessive. Zu den beeindruckensten Lesemomenten gehört, als Harald vor der Uno in New York City spricht, die Menschen zu Weitsicht und Vernunft anhält. Ein trügerischer Moment der Harmonie.

Kathrin Kühn erhielt 2019 das Klimazeichen des Bezirks. Ihre Bilder hat hat sie bereits in Berlin, auf dem Museumsschiff „Cap San Diego“ oder der „Rickmer Rickmers“ ausgestellt. Den Tourneeanschluss feiert sie nun im Rathaus im Zwischengang von den Sälen zum Verwaltungsbereich. Noch bis zum 23. Oktober ist die Ausstellung dort zu sehen, optional könnte auch verlängert werden.

Schafft sie es, privat Plastik zu vermeiden? „Es funktioniert im Alltag nicht komplett, aber ich versuche, es zu reduzieren.“

Welche Botschaft vermittelt werden müsste

Keine allzu leichte Kost der beiden Damen. Doch gerade die junge Generation sollte aus Büchern und Bildern Rückschlüsse ziehen. Ihre Thriller-Elemente hat sich Autorin Valerie Guillaume während der dreieinhalbjährigen Schaffenszeit von vier Büchern angeeignet. Die kindgerechte Schreibstil aus dem ersten Buch hat sich gewandelt, mittlerweile zielt Guillaume auf die Zielgruppe 12 plus: „Die sich verschärfende, dramatisierende Weltlage hat mich dazu bewegt.“ „Hüter des Klimas – Das Finale“ kann als gebundenes Buch ab sofort für 27,99 Euro auf gängigen Plattformen im Netz bestellt werden

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Grundsätzlich sind sich also Kathrin Kühn und Valerie Guillaume im kritischen Ansatz ihrer Kunst nicht allzu fern. Und in einer wesentlichen Botschaft einig: „Die Regierungen der Welt müssen überzeugt werden, denn nur sie können klimafreundliche Gesetze erlassen.“