Hamburg. Chefarzt Dr. Daniel Seeger erklärt, wie man Verletzungen vermeidet und was bei Arbeits- und Wegeunfällen zu beachten ist.

Ein erwachsener Mensch hat rund 200 Knochen. Aus Sicht eines Unfallchirurgen also viel Potenzial für alle möglichen Arten von Verletzungen. Fragt man den Hamburger Experten jedoch, welchen Knochen sich die Menschen am häufigsten brechen, ist die Antwort klar: das Handgelenk.

„Danach kommt die gebrochene Hüfte, also die sogenannte Oberschenkelhalsfraktur, wobei natürlich auch umgebende Bereiche des Oberschenkels gebrochen sein können. Die dritthäufigste Art der Brüche sind die gebrochenen Oberarme“, sagt Dr. Daniel Seeger, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Agaplesion Bethesda Krankenhaus Hamburg-Bergedorf, im Abendblatt-Podcast „Hamburger Klinikhelden“.

Krankenhaus Hamburg: Unfallchirurg operiert alle Arten von Brüchen

Der erfahrene Unfallchirurg behandelt an der Klinik im Hamburger Osten aber natürlich sämtliche Verletzungen des Bewegungsapparates, über die Notaufnahme kommen Patienten – jung und alt – mit Prellungen, Stauchungen, Zerrungen und eben allen Arten von Brüchen. Nicht selten handelt es sich dabei um Arbeits- und Wegeunfälle, also Verletzungen, die sich die Menschen am Arbeitsplatz oder auf dem Weg dorthin oder wieder nach Hause zugezogen haben.

podcast-image

Die Unfallverletzten, wie diese Patienten im Versicherungsdeutsch heißen, werden in schlimmeren Fällen mit dem Rettungswagen eingeliefert, können mit kleineren Verletzungen aber auch selbstständig in die Notaufnahme des Agaplesion Bethesda Krankenhauses Bergedorf kommen.

„Wichtig ist, dass die Betroffenen zu jedem Unfall eine sogenannte Unfallanzeige aufgeben und unterschreiben müssen, damit sichergestellt wird, dass es sich auch wirklich beispielsweise um einen Wegeunfall handelt“, sagt der Experte, der täglich bis zu sechs Operationen durchführt.

Unfälle vermeiden: Da hilft meist der „gesunde Menschenverstand“

Wegeunfälle zählten nämlich nur als solche, wenn sie wirklich auf der direkten Strecke zur oder von der Arbeit wieder nach Hause passieren. „Wenn ich aber zum Beispiel auf dem Weg nach Hause nach der Arbeit abbiege, um noch schnell einkaufen zu gehen, und mir dabei etwas passiert, dann zählt das nach den Regeln und Gesetzen nicht mehr als Wegeunfall.“

Und was kann man tun, damit es möglichst gar nicht erst zu einem Unfall kommt? „Da hilft in erster Linie natürlich meistens der gesunde Menschenverstand“, sagt Chefarzt Seeger. „Das heißt, dass man im Straßenverkehr aufmerksam ist, sich nicht ablenkt, oder dass man bei der Arbeit, die eine Verletzungsgefahr birgt, immer alle Sicherheitsstandards einhält.“

Hamburger Unfallchirurg: Reiten birgt ein hohes Verletzungsrisiko

Ein weiterer großer Komplex im Arbeitsalltag des Chirurgen, der nach Abitur und Zivildienst zunächst eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger gemacht und bereits während seines Studiums regelmäßig Nacht- und Wochenenddienste auf einer Intensivstation geschoben hat, sind Sportverletzungen. Seeger kann von spektakulären Fällen berichten, beispielsweise von einem Surfer, der von einer Böe durch die Luft gewirbelt und an Land gegen ein Haus geschleudert wurde.

„Es gibt einfach Sportarten, die ein sehr viel höheres Verletzungsrisiko bergen als andere“, sagt Dr. Seeger. Dazu zählten auch der Reitsport oder das Radfahren. Bei seinen beiden Töchtern achte er darauf, dass sie beim Radfahren immer einen Helm tragen. Da lasse er nicht mit sich diskutieren, so der erfahrene Mediziner, der neun Jahre lang an der Asklepios Klinik St. Georg gearbeitet hat, sieben davon als Oberarzt, bevor er nach Bergedorf kam.

Tipp gegen Stürze: Diese Sportart hift, Unfälle zu vermeiden

Trotzdem rät Seeger natürlich dringend dazu, Sport zu treiben, da die regelmäßige körperliche Aktivität die Muskulatur trainiere – was extrem wichtig sei, um beispielsweise Stürze zu verhindern und, sollte es doch dazu kommen, diese abzufangen.

Was die Wahl der Sportart angeht, hat der Mediziner einen besonderen Tipp: „In dieser Hinsicht ist nicht nur das reine Training mit gleichförmiger Bewegung wie beim Joggen oder Walken gut, sondern Sportarten, bei den man immer wieder starten und stoppen muss – zum Beispiel Tennis.“

Tennis oder ähnliche Sportarten unterstützten die allgemeine Beweglichkeit und die Reaktionsfähigkeit, auch im Alter, verbesserten aber auch die Knochenqualität, da sie diese elastischer hielten.

Krankenhaus Hamburg: In Bergedorf gibt es ein Alterstraumatologisches Zentrum

Ein weiterer Tipp: Regelmäßig beim Hausarzt den Vitamin-D-Spiegel testen lassen. „Gerade hier in Hamburg bekommen wir im Winter nicht genug Sonne, sodass viele Menschen einen Mangel aufweisen und damit ein Risiko haben, poröse Knochen beziehungsweise Osteoporose zu bekommen.“

podcast-image

Besonders für ältere Menschen sei das wichtig, da diese tendenziell einem größeren Risiko für Stürze und damit für Knochenbrüche ausgesetzt sind. Am Agaplesion Bethesda Krankenhaus Bergedorf gibt es seit Kurzem ein spezielles, zertifiziertes Alterstraumatologisches Zentrum, in dem Unfallchirurgen und Orthopäden mit den Spezialisten der Geriatrie Hand in Hand arbeiten.

Mehr zum Thema

„Das Problem ist, dass ältere Menschen nicht nur eine erhöhte Verletzungsanfälligkeit haben, sondern dass einfache oder mutmaßlich einfache Verletzungen wie ein gebrochenes Handgelenk schwere Folgen haben können“, sagt Dr. Seeger. Diese Patienten hätten oft schon Vorerkrankungen, zum Beispiel an Lunge und Herz, die zu einer schlechteren Durchblutung und damit zu Wundheilungsstörungen führen könnten.

Krankenhaus Hamburg: Ältere Patienten entwickeln eine „Fear of falling“

„Diese Patienten sind stark gefährdet, ihre Autonomie, Mobilität und die Möglichkeit zur Selbstversorgung zu verlieren“, sagt der Unfallchirurg. Hinzu komme ein Phänomen, das sich „Fear of falling“, also „die Angst zu fallen“, nennt. Die Patienten bewegen sich nach einem Sturz weniger, trauen sich vielleicht gar nicht mehr aus dem Haus, weil sie Sorge haben, erneut zu stürzen.

„In unserem Alterstraumatologischen Zentrum sind wir mit einem großen Team für diese älteren Patienten ab 70 Jahren da, um sie wieder perfekt zu mobilisieren, um ihnen die Angst zu nehmen, damit sie bestenfalls in ihr zu Hause zurückkehren und sich selber versorgen können. Zu dem Team gehöre auf Geriatrie spezialisiertes Pflegepersonal ebenso wie Logopäden und Physiotherapeuten.