Hamburg. Prof. Jan-Hendrik Egberts, Experte für OPs in Bauchraum und Brustkorb, über häufige Eingriffe und Vorteile der Roboter-Chirurgie.

Eigentlich wollte er Internist werden. Gastroenterologe, um genau zu sein. Doch noch während seines Studiums in Münster und Kiel merkte er, dass er die Patienten nicht nach der Diagnose abgeben wollte – schließlich werde es erst danach richtig interessant. Also sattelte er um.

Heute macht Prof. Dr. Jan-Hendrik Egberts das, was er am liebsten tut: operieren. Der Chefarzt der Chirurgischen Klinik am Israelitischen Krankenhaus in Hamburg-Alsterdorf steht täglich im OP, von montags bis freitags, manchmal für bis zu sechs Eingriffe am Tag. Ein „Privileg“, wie er im Abendblatt-Podcast „Hamburger Klinikhelden“ erzählt. „Dafür stehen wir Chirurgen morgen auf, um genau das zu tun.“

Krankenhaus Hamburg: Vom Leistenbruch über Sodbrennen bis zu Tumoroperationen

Und der Bedarf ist da. Der Leiter des Viszeralonkologischen Zentrums ist spezialisiert auf Operationen im Bauchraum und im Brustkorb, dazu gehören Eingriffe an der Speiseröhre, der Schilddrüse, an Magen und Darm, an der Bauchspeicheldrüse, der Leber oder der Lunge. Also eigentlich alle Organe in diesem Bereich – mit Ausnahme des Herzens und der Hauptschlagader.

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Das Spektrum der Viszeral- und Thoraxchirurgie, das in den vier Operationssälen der Chirurgischen Klinik behandelt wird, reicht also vom Leistenbruch (mit rund 850 Eingriffe pro Jahr die häufigste Operation) über Patienten mit chronischem Sodbrennen bis zu komplexen Tumoroperationen.

Hamburger Experte: Mehr jüngere Patienten mit Dickdarm- und Mastdarmkrebs

Was Prof. Egberts und seinem Team auffällt: Die Erkrankungen in diesem Bereich nehmen zu – und das auch bei jüngeren Menschen. „Es werden auf jeden Fall mehr jüngere Patienten, gerade beim Dickdarmkrebs“, sagt der 50 Jahre alte Experte. „Wir haben sehr viele 30-jährige Patienten, die mit einem Mastdarmkrebs zu uns kommen, was vor einigen Jahren wirklich eine Rarität war.“

Aber auch die Fälle von entzündlichen chronischen Darmerkrankungen sowie von Magen-, Bauchspeichel- und Speiseröhrenkrebs nehmen zu, so der Ärztliche Direktor. Woran das liege, vor allem, dass häufiger jüngere Menschen betroffen sein, könne man noch nicht sagen. Sicherlich spielten genetische Faktoren und der Lebenswandel eine Rolle, aber „es gibt auch viele Faktoren, von denen wir noch nichts wissen“.

Sodbrennen: Wer seit Jahren darunter leidet, hat höheres Risiko für Speiseröhrenkrebs

Wer jahrelang unter Sodbrennen leidet, habe zwar ein größeres Risiko, an Speiseröhrenkrebs zu erkranken, und wer sich schlecht ernährt und übergewichtig ist, neige eher dazu, Reflux zu bekommen. „Aber auch da sehen wir, dass viele Patienten nicht diese klassischen Risikofaktoren hatten, wie zum Beispiel Rauchen oder eine ungesunde Lebensweise, und dass sie trotzdem an Speiseröhrenkrebs erkranken. Das nimmt zu.“

Umso wichtiger sei es, bei chronischem Sodbrennen regelmäßig – also alle ein bis zwei Jahre – eine Magen- oder Speiseröhrenspiegelung machen zu lassen, um mögliche Veränderungen frühzeitig festzustellen und eine Krebserkrankung zu verhindern. „Werden solche Risikofaktoren sehr früh erkannt, kann man diese meist sogar ohne eine Operation heilen“, sagt der Vater von drei Töchtern, der einen Ausgleich zu seinem Beruf im Laufen und Radfahren findet und im Urlaub gerne surft oder Bergtouren unternimmt.

Israelitisches Krankenhaus Hamburg: Bei komplexen OPs kommt Robotertechnik zum Einsatz

Wird doch eine Operation an der Speiseröhre notwendig, so wird diese am Israelitischen Krankenhaus standardmäßig roboterassistiert durchgeführt. Dasselbe gilt für andere schwierige Eingriffe an Dickdarm, Mastdarm oder Bauchspeicheldrüse. Hier kommt das sogenannte Da-Vinci-System zum Einsatz, eine Robotertechnik, die vom Operateur gesteuert wird.

„Dabei werden die Bewegungen des Chirurgen über Handgriffe eins zu eins in den Patienten übertragen“, erklärt Prof. Egberts. Der große Vorteil: Bei der herkömmlichen, minimalinvasiven Chirurgie benutzt der Operateur Instrumente, die bis zu 50 Zentimeter lang sind, wodurch bestimmte Regionen nicht gut erreichbar oder Bewegungen nicht ausführbar seien. Mithilfe der Da-Vinci-Technik ließen sich dagegen auch kleinste Regionen präzise operieren.

Roboterassistierte Operation: Chefarzt des Israelitischen Krankenhauses ist Vorreiter

„Ein anderer Vorteil beim Roboter ist, dass Sie eine Hand mehr haben, um zu arbeiten“, sagt der Experte. „Sie haben zwei Hände, um etwas zu halten, und eine Hand, um etwas zu schneiden oder zu nehmen, also praktisch eine Extremität mehr. Zudem steuern Sie die Kamera selber und müssen nicht einem Assistenten oder einer Assistentin sagen, jetzt bitte nach rechts oder links. Das ist sehr viel intuitiver und schneller.“

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Prof. Egberts hat mit dieser Operationsmethode nicht nur jahrelange Erfahrung, er ist ein Vorreiter auf diesem Gebiet. So führte er 2013, damals noch an der Uniklinik in Kiel, die erste roboterassistierte Operation der kompletten Speiseröhre durch. Ein sehr komplexer Eingriff, der damals rund neun Stunden gedauert hat. „Heutzutage, also zehn Jahre später, sind wir bei viereinhalb Stunden.“

Krankenhaus Hamburg: Mediziner aus aller Welt kommen zu Prof. Egberts nach Alsterdorf

Und so empfängt Prof. Egberts heute auch Mediziner aus der ganzen Welt am Israelitischen Krankenhaus, wo er seit zweieinhalb Jahren tätig ist, um seine Expertise in Sachen Da Vinci mit ihnen zu teilen. Gerade seien Kollegen aus Kopenhagen hier gewesen, die nun auch mit der Roboter-Chirurgie starten werden, zuvor waren es Gäste aus Japan oder Korea. Er selbst sei im vergangenen Frühjahr in Israel gewesen, um dort gemeinsam mit den dortigen Kollegen eine Speiseröhre zu operieren.

Dieser Austausch sei wunderbar und mache ihm großen Spaß, so der Chefarzt. Fast so wie das Operieren selbst.