Hamburg. Prof. Christian Schem vom Mammazentrum in Eimsbüttel über Behandlungsmethoden, Heilungschancen und wie man richtig vorsorgt.

Das Thema Brustkrebs beschäftigt Frauen schon früh. Im Prinzip sollten die Brustdrüsen schon mit Beginn des Wachstums regelmäßig in Selbstkontrolle abgetastet werden, auch beim ersten Besuch beim Frauenarzt wird die Brust bereits untersucht. Einmal im Jahr sollte der Arztbesuch anstehen, empfiehlt die deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, immer verbunden mit einem professionellen Abtasten. Ab dem 30. Lebensjahr kann eine Ultraschalluntersuchung beim Arzt angeboten werden, ab dem 50. Lebensjahr geht es zur Mammografie, möglichst alle zwei Jahre – und das mittlerweile bis zum 75. Lebensjahr.

Diese engmaschige Kontrolle hat einen Grund: Brustkrebs ist die häufigste Krebsform bei Frauen. Und wie immer bei Krebs ist es entscheidend, diesen so früh wie möglich zu entdecken, um die bestmögliche Behandlung erfolgen zu lassen.

Krankenhaus Hamburg: Brustkrebs behandeln lassen im Mammazentrum

Womit wir im Mammazentrum des Jerusalem Krankenhauses und bei dem geschäftsführenden Arzt und Mitgesellschafter Prof. Dr. Christian Schem wären. An dem fachärztlichen Kompetenzzentrum in Eimsbüttel, das seinen Namen vom Mammakarzinom, dem Fachbegriff für Brustkrebs, hat, werden jährlich zwischen 1300 und 1500 Patienten behandelt. Damit gehört es zu den mit Abstand größten Brustkrebszentren – nicht nur in Deutschland, sogar in Europa.

Hier werden gut- und bösartige Tumore operiert, Bestrahlungen und Chemotherapie angeboten und plastisch-ästhetische und rekonstruktive Eingriffe durchgeführt. Insgesamt gibt es 14 Ärzte, nicht alles Gynäkologen, sondern zum Beispiel eben auch plastische Chirurgen. Zudem steht das Team in engem Austausch mit privat organisierten Praxen, ob für die Bilddiagnostik, die Phatologie oder die Nachsorge.

Mammazentrum für Brustkrebs am Jerusalem Krankenhaus in Eimsbüttel gibt es seit 1996

Diese Interdisziplinarität ist laut Prof. Schem auch einer der Schlüssel zum Erfolg des Mammazentrums, das es seit 1996 gibt. Und natürlich ein großer Vorteil davon, in einer Metropole wie Hamburg zu leben.

Der erste Blick der Experten aus dem Mammazentrum geht immer auf den pathologischen Befund. „Der Pathologe kann heutzutage sehr schön die Art und Weise oder den Tumortyp beschreiben, der sich in der Brust gefunden hat“, sagt Prof. Schem. „Und natürlich wird die Bildgebung angeguckt. Das heißt also, wo liegt der Tumor, wie ausgedehnt ist das Ganze? Gibt es vielleicht noch weitere Hinweiszeichen für die Behandlung, zum Beispiel Mikroverkalkung innerhalb der Brust?“

Brustkrebs: Bei rund 20 Prozent der Betroffenen muss die Brust entfernt werden

Daraufhin werde ein Behandlungsplan erstellt, der immer individuell an den Patienten angepasst wird. Der eine wird erst operiert und dann vielleicht medikamentös behandelt, der andere andersrum, bei manchen reicht zunächst eine OP. Ein festes Muster gibt es nie. „Das ist heutzutage sehr volatil, weil sich viel ändert“, sagt der Experte, der längere Zeit am Universitätsklinikum in Kiel gearbeitet und geforscht hat. „Es gibt neue Medikamente, wir finden immer mehr über die Tumortypen heraus. Deswegen ist es so wichtig, dass man individualisiert behandelt.“

Bei ungefähr 20 Prozent der Patientinnen wird eine größere Operation notwendig, in der die Brust entfernt werden muss. „Gott sei Dank ist das deutlich seltener als früher, weil wir die Tumore früh entdecken und in den allermeisten Fällen brusterhaltend operieren können“, sagt der 49-Jährige. Ist das aber nicht möglich, könne die Brust sofort bei der Entfernung des Tumors mit Implantaten rekonstruiert werden.

Das geschehe auch – quasi als Platzhalter –, wenn die Patientin sich eine Eigengewebsrekonstruktion wünscht. Ist die Therapie abgeschlossen, könnten die plastischen Chirurgen des Zentrums Gewebe aus anderen Körperregionen verpflanzen.

Brustkrebs Symptome? Risikogene können von Vorgänger-Generation weitergegeben werden

Und natürlich gibt es auch Fälle, in denen es angeraten ist, die Brustdrüse prophylaktisch zu entfernen, weil die Frau genetisch vorbelastet ist. „Es gibt typische Risikogene, die von Generation zu Generation weitergegeben werden können“, sagt Prof. Schem. „In solchen Fällen kann das Lebenszeitrisiko für eine Brustkrebserkrankung auf 40 bis 60 Prozent steigen, und das ist schon sehr viel höher als normalerweise.“

Der Experte rät Frauen, in deren Familie – bei Mutter, Tanten oder Oma – bereits häufiger in jüngeren Jahren Brustkrebs aufgetreten ist, dieses beim Frauenarzt immer anzugeben und mit diesem mögliche Handlungsweisen zu besprechen. Neben noch umfangreicheren Ultraschall- und Mammografie-Kontrollen (schon vor dem 30. bzw. vor dem 50. Lebensjahr) kann das eben eine vorbeugende Operation sein.

Auch das Mammazentrum berate betroffene Frauen. Hierbei arbeite man eng mit dem Konsortium für erblichen Brust- und Eierstockkrebs am UKE zusammen, eine humangenetische Beratungsstelle, wo entsprechende Genanalysen gemacht und festgestellt werden, ob Mutationen vorliegen, die eine erhöhte Karzinomentstehung begünstigen.

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Gibt es weitere Risikofaktoren, die Brustkrebs begünstigen können? „Ein klassischer Risikofaktor ist, wenn die Frau eine frühe erste Regelblutung und eine späte Menopause hat, die Hormone also über einen langen Zeitraum Einfluss auf die Brustdrüse haben“, sagt der gebürtige Westfale, der in Münster, England und Südafrika studiert hat. „Die Krebsentstehung als solches scheint hormonell mitbeeinflusst zu sein. Je länger der Zeitraum, desto mehr Zeit für einen Krebs, zu entstehen.“

Warum Stillen das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, verringert

Aus diesem Grund sei Stillen empfohlen, denn während der Stillphase stehe das Drüsengewebe quasi auch still – und das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, verringere sich.

„Protektiver Effekt“, nennt es der Experte, der sehr häufig gefragt wird, ob denn auch der Lebensstil einen Einfluss auf das Entstehen eines Mammakarzinoms haben kann. Die Antwort: ja und nein. Es gebe in der Regel nicht den einen Grund, warum Krebs entsteht, warum ein Fehler bei der Zellteilung passiert, der vom Körper nicht korrigiert werden kann. Und so könne man Krebs durch eigene Leistung auch nicht verhindern.

Doch natürlich betreibe man Vorsorge, auch für andere Erkrankungen, wenn man gesund lebe und könne auf diese Weise auch schädliche Einflüsse und Gifte fernhalten, die der Körper entsorgen muss – ein Prozess, bei dem oben genannte Fehler passieren könnten.

Krankenhaus Hamburg: Brustkrebs – so tasten Frauen richtig ab

Die wichtigste persönliche Vorsorge bleibe aber das bereits erwähnte Abtasten. Grundsätzlich sei hierfür der Gynäkologe der erste Ansprechpartner, doch weil Prof. Schem weiß, wie schwer sich viele Frauen mit der Technik tun, hat er einen praktischen Tipp: Ein Erklärvideo der Stiftung Mammazentrum, zu finden unter stiftung-mammazentrum.de. Der Experte hofft, möglichst viele Frauen für das Thema sensibilisieren zu können.

Neben allen Warnungen hat Prof. Schem aber auch noch eine gute Nachricht: Den allermeisten Patientinnen kann man helfen und zwar dauerhaft. „Weit mehr als 80 Prozent der Patientinnen können dauerhaft und permanent geheilt werden“, sagt er. „Und der Trend geht nach oben.“