Bergedorf. Brüche von Hüfte, Becken, Schulter mit Nachversorgung: Geriatrie und Unfallchirurgie gründen Zentrum für Alterstraumatologie.

Stürzen über 70-jährige Senioren in vertrauter häuslicher Umgebung, hat das oft vielfältige Ursachen. „Medizinisch gelten die typischen Brüche von Becken, Hüfte, Schulter oder Wirbelsäule als Indikator, dass im Alltag der Betroffenen noch vielmehr aus dem Gleichgewicht geraten ist, als nur die Balance im Augenblick des schweren Sturzes“, sagt Dr. Alexander Rösler, Chefarzt der Klinik für Altersmedizin im Agaplesion Bethesda Krankenhaus am Glindersweg in Bergedorf.

Zur Operation eingelieferte Senioren bräuchten deshalb eine Behandlung, die weit über den reinen chirurgischen Eingriff hinausgehe, sagt der Geriatrie-Chef. „Um wieder in einen sicheren privaten Alltag zurückkehren zu können, geht es um den Blick auf die oft vielfältigen Vorerkrankungen, die richtige Einstellung der Medikamentierung und der Ernährung sowie eine angepasste stationäre oder auch ambulante Reha.“ Dafür sorgt im Bethesda ab sofort nun das neue Alterstraumatologische Zentrum, kurz ATZ.

Geriatrie begleitetet Patienten von der Notaufnahme über die OP bis zur Reha

Gegründet als Kooperation der Kliniken für Geriatrie und Unfallchirurgie/Orthopädie nimmt das ATZ alle Patienten im Alter von 70 Jahren und aufwärts schon ab ihrer Einlieferung in die Notaufnahme ins Visier. Zwar geben im Fall einer nötigen Operation zunächst die Chirurgen den Ton an. Aber sie werden von Anfang an begleitet durch die Altersmediziner, die den Patienten nach einigen Tagen schließlich auch in die Geriatrie übernehmen. Dort wird dann die weitere stationäre oder auch ambulante Behandlung einschließlich der nötigen Reha-Maßnahmen koordiniert.

Sind verantwortlich für das neue Zentrum für Alterstraumatologie im Agaplesion Bethesda Krankenhaus: Geriatrie-Chefarzt Dr. Alexander Rösler (l.) und Dr. Daniel Seeger, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie.  
Sind verantwortlich für das neue Zentrum für Alterstraumatologie im Agaplesion Bethesda Krankenhaus: Geriatrie-Chefarzt Dr. Alexander Rösler (l.) und Dr. Daniel Seeger, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie.   © Ulf-Peter Busse | Ulf-Peter Busse

„Diesen Ablauf gab es zwar auch vor der Gründung des ATZ schon. Aber jetzt ist die Struktur fest in die internen Anläufe integriert“, ergänzt Unfallchirurgie-Chefarzt Dr. Daniel Seeger mit Blick auf die erst vier Wochen junge Zertifizierung durch den Bundesverband für Geriatrie. „Wir haben jetzt verlässlich jeden einzelnen Senioren ab 70 Jahren auf der Rechnung. Auch wenn sich schließlich herausstellt, dass der Betreffende gar keine Vorerkrankungen hat.“

Breite Palette von Vorerkrankungen muss neben dem akuten Bruch mitbehandelt werden

Das sei mit zunehmenden Alter allerdings immer unwahrscheinlicher, ergänzt Geriatrie-Chefarzt Alexander Rösler, in dessen Klinik die Patienten durchschnittlich 82 Jahre alt sind: „Viele kommen wegen eines Bruches zu uns, haben aber schon lange Lungen-, Herz- oder Nieren-Probleme. Oder sie leiden an neurologischen Erkrankungen von Parkinson bis Demenz. Oft sind es bei den Senioren auch mehrere Vorerkrankungen gleichzeitig. Kommt dann noch ein typischer Sturz-Bruch hinzu, was auch eine Absplitterung an Prothesen wie künstlichen Hüft- oder Kniegelenken sein kann, braucht es weitreichende medizinische Hilfe.“

Eine Notwendigkeit, die auch der gemeinsame Bundesausschuss von Kliniken, Ärzteschaft und Krankenkassen sieht: Ab Januar 2024 dürfen Oberschenkelhalsbrüche bei Senioren nur noch in Krankenhäusern operiert werden, die eine geriatrische OP-Begleitung sicherstellen können. Als einzige Klinik mit Alterstraumatologischem Zentrum im Großraum Bergedorf ist das Bethesda damit klar im Vorteil. Die nächsten Häuser mit einem ATZ sind das Marienkrankenhaus und das Klinikum Nord in Langenhorn.

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Aktuell verzeichnet das Bethesda Krankenhaus durchschnittlich zehn Senioren pro Woche mit den typischen Brüchen durch Sturzverletzungen. Zum Winter steigen diese Zahlen traditionell an und mit dem Jahreswechsel erwartet Unfallchirurg Daniel Seeger durch die neue Vorschrift dauerhaft mehr Patienten: „Darauf sind wir vorbereitet. Schließlich haben wir uns bewusst für die Zertifizierung als ATZ entschieden, um unsere Stellung als Klinik für alle Menschen im Großraum Bergedorf zu unterstreichen.“

Dr. Seeger eröffnet mit seinem Vortrag „Beckenbruch im Alter – Die unterschätzte Gefahr“ die öffentliche Agaplesion-Patientenakademie im Körberhaus an der Holzhude. Der Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie im Bethesda Krankenhaus referiert am Donnerstag, 26. Oktober, ab 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.