Hamburg. Die öffentliche Auslegung des Bebauungsplans läuft. Was Bürger jetzt noch machen können. Die ersten Bagger rücken schon 2024 an.
Noch rollt keine Planierraupe für Oberbillwerder. Und auch keiner die vielen Tausend erwarteten 40-Tonnen-Lkw bringt Sand auf die Wiesen nördlich vom S-Bahnhof Allermöhe. Doch in Raum 004 des Neubaus neben dem Bergedorfer Rathaus ist der Zukunftsstadtteil bereits sichtbar: Auf 529 Seiten und in Form unzähliger Karten liegt bei den Stadtplanern des Bezirksamts an der Wentorfer Straße 38a der Bebauungsplan für das knapp 7000 Wohnungen und bis zu 5000 Arbeitsplätze zählende Großprojekt zur öffentlichen Einsichtnahme aus.
Der kaum acht Quadratmeter kleine Raum quillt geradezu über von Material, das teils auf Stellwänden zu sehen ist, aber überwiegend und bis zum kleinsten Detail in den insgesamt 17 hier bereitstehenden Aktenordnern steckt. Allein schon die Ankündigung der jetzt gestarteten zweimonatigen öffentlichen Auslegung, die bis einschließlich 8. Februar 2024 läuft, erstreckt sich im Amtlichen Anzeiger über 21 Seiten. Auch sie sind in Raum 004 ausgestellt – und füllen das komplette Schwarze Brett. Viel Papier für die buchstäblich letzte Chance der Bürger, Kritik am Großprojekt und seinen schier unzähligen Details einzubringen.
Plan für Oberbillwerder: Einwendungen sind nun möglich
Wer den Weg ins Rathaus scheut oder von den Öffnungszeiten werktags von 8 bis 16 Uhr sowie freitags nur bis 14 Uhr abgeschreckt wird, kann im Internet rund um die Uhr auf alles zugreifen: Unter dem Link bauleitplanung-hamburg.de ist alles ebenfalls bis zum 8. Februar einsehbar. „Bisher sind neun Stellungnahmen von Bürgern eingegangen“, fasst Rathaussprecher Lennart Hellmessen die Resonanz der ersten Tage seit dem Auslegungsstart am 8. Dezember zusammen.
Sämtliche Eingaben werden vom Bezirksamt gesammelt, geprüft und schließlich dem Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksversammlung vorgelegt. Sein abschließendes Votum ist der letzte Schritt, um den Bebauungsplan für Oberbillwerder einschließlich seiner Straßenanbindungen zum Mittleren Landweg und über eine neue Anschlussstelle vom Ladenbeker Furtweg an die B5 schließlich durch Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann feststellen zu lassen.
Bebauungsplan ist Ergebnis von sieben Jahren Arbeit der Stadtentwicklung
Ob das noch vor der Sommerpause 2024 sein wird, hängt an der nun auflaufenden Anzahl von Eingaben durch die Bürger. Schmidt-Hoffmann hatte zuletzt im Stadtentwicklungsausschuss noch einmal an den „Meilenstein auf dem Weg zur Realisierung Oberbillwerders“ erinnert, den die jetzige Auslegung darstellt: „Es ist das Ergebnis von sieben Jahren intensiver Arbeit an diesem Großprojekt, das nicht zuletzt den Wohnungsbau in Hamburg und besonders in Bergedorf voranbringen soll.“
Ein Lob, das in Bergedorfs Bezirksversammlung nur bei drei der sechs Fraktionen verfängt: CDU, Linke und AfD stimmten gegen die Auslegung, weil sie Oberbillwerder grundsätzlich oder in seiner jetzigen Planung ablehnen. Doch die Koalition aus SPD, Grünen und FDP segnete mit ihrer Stimmenmehrheit den letzten Schritt des Bebauungsplanverfahrens ab.
Die ersten Bewohner dürften Ende des Jahrzehnts nach Oberbillwerder ziehen
Konkret soll noch im Jahr 2024 mit der erforderlichen Gelände-Aufhöhung der Flächen begonnen und 2026 oder 2027 mit den ersten Bauprojekten begonnen werden. Kurz vor Ende des Jahrzehnts könnten dann die ersten Bewohner in das zuerst entstehende Bahnhofsquartier einziehen, das sich rund um die nördlich vom S-Bahnhof Allermöhe geplante Einkaufsstraße erstreckt.
Hier sollen die Gebäude „durchschnittlich fünf Geschosse, vereinzelt bis zu acht Geschosse hoch“ werden, wie es im jetzt ausliegenden Entwurf heißt. Auch der Neubau des Hallenbades und des neuen Campus der Hochschule für Angewandte Wissenschaften für 5000 Studenten gehört dazu.
Zukunftsstadtteil soll aus fünf sehr unterschiedlichen Quartieren bestehen
In den folgenden zehn Jahren, bis etwa 2040, entstehen dann Richtung Bergedorf-West das ebenfalls eng bebaute, aber mit vielen Sport- und Freizeitflächen durchsetzte „Grüne Quartier“ sowie das „Park Quartier“ mit Kleingärten und vielen Freiräumen als Übergang zu den Bestandsbauten. Nach Norden bildet das „Garten Quartier“ mit Reihen- und auch Einzelhäusern den Übergang Oberbillwerders zu seiner landwirtschaftlich geprägten Umgebung. Und ganz im Westen soll das „Blaue Quartier“ das ebenfalls kleinteilige Wohnen an neu zu schaffen Wasserflächen bieten.
Offen bleibt vorerst, ob es die geplante Straßenanbindung nach Neuallermöhe-West geben wird. Hier steht noch immer das grüne Licht der Bahn zum Untertunneln der Strecke Hamburg-Berlin aus. Die Straße entlang des Bahndamms bis zum Mittleren Landweg ist dagegen ebenso Teil des jetzt ausliegenden Bebauungsplans wie die neue Anschlussstelle an die B5. Ihr Bau neben der Brücke des Ladenbeker Furtwegs ist gerade erst mit Oberbillwerders Bebauungsplan zusammengelegt worden.
- Baustellenverkehr: So viele Lkw rollen nach Oberbillwerder
- Oberbillwerder erfordert Lärmschutz in ganz Bergedorf
- Weidensteg-Quartier: Wann die ersten Wohnungen gebaut werden
Ebenfalls unklar ist, was aus jenen Flächen des Zukunftsstadtteils werden soll, die direkt am Bahndamm liegen. Wie in Neuallermöhe-West, wo das einst geplante Gewerbegebiet neben den Schienen mangels Nachfrage nie verwirklicht werden konnte, haben auch die Planer von Oberbillwerder Sorgen. Ihr Trick: Sie nennen den betroffenen Streifen jetzt „Experimentierzone“. Nachgedacht wird hier über Parkanlagen, Kleingärten und Spielplätze.
Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann sieht in den Plänen für Oberbillwerder auch viele positive Entwicklungen auf die Nachbar-Stadtteile. So würden Neubauten wie das Hallenbad, die Schulen und Kitas sowie die Freizeitangebote „weit nach Bergedorf-West, Neuallermöhe und auch Billwerder ausstrahlen“. Und nicht zuletzt entstehe ein attraktiver Stadtteil mit viel Grün und Wasser, in dem garantiert allein 2300 Bäume neu gepflanzt werden.