Hamburg. Elektroinstallateur Nobert Eckstein hat das Gewerbe im Wandel erlebt. Sein prominentester Lehrling feiert seine Erfolge ganz woanders.

Mit 14 in die Lehre, mit 17 Geselle, mit 23 den Meisterbrief in der Hand: Im Oktober 1973 war Norbert Eckstein, wo er hinwollte. Der Traum vom Leben als „Blitz“ war da schon ausgeträumt. „So nennt man Elektriker auf Schiffen“, erklärt der Altmeister, dessen Stiefbruder in den 60er-Jahren auf Schiffen anheuerte und dem kleinen Norbert mächtig imponierte. Eckstein selbst verließ der Liebe wegen die Schiffe und zog nach der Lehre vom Hamburger Hafen nach Bergedorf.

Sein Schreibtisch stand nun im Keller, zwei kleine Kinder tobten bald durchs Haus und immer mehr Werkzeug stapelte sich im VW-Bus vor der Tür. Anpacken hieß die Devise. Selbstständigkeit war das Ziel. Eckstein wollte von Anfang an auf eigenen Füßen stehen. Das gelang ihm auch. Nebenbei brachte das Handwerkerleben viele Freundschaften mit sich. Es begann schon auf der Meisterschule in Oldenburg. Mit fünf Schülern aus ganz Deutschland teilte sich Norbert Eckstein ein Jahr lang die Unterkunft. Die Freundschaft hielt drei Jahrzehnte. Einmal im Jahr traf man sich auf ein geselliges Wochenende im Norden.

Elektroinstallateur hat den Wandel im Handwerk über 50 Jahre erlebt

Wie viele Elektroinstallateure er selbst bis zur Meisterschaft begleitet hat, kann Norbert Eckstein gar nicht genau sagen. 20 Jahre lang waren es jeweils zwei bis drei Lehrlinge pro Jahr. „Die besten kamen immer aus Vierlanden“, erinnert er sich. Traditionell gingen die jungen Menschen aus den landwirtschaftlichen Betrieben damals ins Handwerk. Sie wussten anzupacken. Auch Frauen konnten bei Elektrik-Eckstein ihre Ausbildung machen. 1996 wurden im neuen Betriebsgebäude am Achterdwars Umkleiden und Toiletten für sie mitgeplant.

Bezirkshandwerksmeister Christian Hamburg  (links) und Elektroinstallateursmeister Uwe Nitzbon (rechts), Vorsitzender des Kreis Altmeister Bergedorfer Handwerk, zeichneten Norbert Eckstein für 50 Jahre Meisterbrief aus.
Bezirkshandwerksmeister Christian Hamburg (links) und Elektroinstallateursmeister Uwe Nitzbon (rechts), Vorsitzender des Kreis Altmeister Bergedorfer Handwerk, zeichneten Norbert Eckstein für 50 Jahre Meisterbrief aus. © Wolfgang Bierkarre | Wolfgang Bierkarre

Und wie denkt der Pensionär heute über die Krise des Handwerks und den viel beklagten Fachkräftemangel? „Ach, das Handwerk steckt ja nicht in der Krise“, kommt die Antwort prompt. Schwierig waren nur die Jahre nach dem Mauerfall. Mitte der 90er wurde die Kundschaft im Hamburger Umland von Handwerksbetrieben aus Mecklenburg und Polen mit Dumpingpreisen umworben. „Damals haben wir viele Kunden verloren. Auch große Gewerbebetriebe schwenkten um. Und wir konnten ja nicht einfach die Löhne unserer Mitarbeiter runterschrauben“, so Eckstein.

Norbert Eckstein hält das Handwerk wieder für eine attraktive Branche

Ab 1998 wuchs die Belegschaft seiner Firma mit angeschlossenem Sanitärbetrieb auf knapp 50 Mitarbeiter an. In dieser Phase habe man auf das Konzept „alles aus einer Hand“ vertraut, gleichzeitig aber auch viel Lehrgeld gezahlt. 2006 zog Norbert Eckstein einen Schlussstrich und konzentrierte sich wieder allein auf die Elektroinstallation, für ihn kalkulierbares und sicheres Terrain.

Drei Jahre später übergab Norbert Eckstein die Firma an seinen Nachfolger Carsten Wulff. Seit 1995 als Prokurist bei ihm angestellt, war Wulff den Kunden vertraut und kannte den Betrieb gut. „Wir haben immer mit offenen Karten gespielt“, sagt Eckstein über das gute Verhältnis zu seinem Nachfolger. Carsten Wulff führt den Betrieb heute mit mehr als 30 Mitarbeitern, und Firmengründer Eckstein schaut bis heute gern vorbei, um auf dem Laufenden zu bleiben.

Dreck und Kälte, das haben wir noch erlebt. Heutzutage sind die Bedingungen doch ganz anders.
Norbert Eckstein, seit 50 Jahren Handwerksmeister

Vieles hat sich seit der „Klappertechnik“ der 70er verändert. Es wird weniger repariert und mehr ausgetauscht. Auch der Austausch zwischen Geschäftspartnern wandelt sich. „Ich habe in einer Zeit angefangen, in der Geschäfte per Handschlag gemacht wurden. Später kamen dann Vertragsverhandlungen, in denen man erst mal zehn Ordner studieren musste. Am besten mit Rechtsanwalt an der Hand“, sagt Eckstein über eine Entwicklung, die ihm den Abschied leichter gemacht hat.

Heute hat sich das schon wieder gedreht. Der Altmeister rät Berufsanfängern guten Gewissens zum Handwerk, weil sich ein Handwerker seine Kunden mittlerweile aussuchen kann, sich nicht auf Knebelverträge einlassen muss und bestenfalls seine eigenen Klauseln in den Vertrag schreibt. Warum das Handwerk bei jungen Leuten nicht höher im Kurs steht, versteht der Altmeister nicht: „Dreck und Kälte, das haben wir noch erlebt. Heutzutage sind die Bedingungen doch ganz anders.“

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Andererseits weiß Norbert Eckstein nur zu gut, dass man keinen zum Handwerk zwingen kann. Seine eigenen Söhne entschieden sich für einen anderen Beruf. Er hat kein Problem damit. Dreimal muss er schlucken als er die Geschichte eines ehemaligen Lehrlings erzählt. Auf Bitten des jungen Mannes sprach Eckstein damals mit dessen Vater und machte ihm klar, dass sein Sohn als Elektriker wohl nie glücklich wird.

Der Junge von damals hat inzwischen als Bandmitglied von „Deichkind“ fett Karriere gemacht. Auf dem Roten Sofa des NDR hat sich Sebastian „Porky“ Dürre an den Wendepunkt in seinem Leben erinnert und bei seinem ehemaligen Lehrherrn bedankt. Ein Happy End, das Norbert Eckstein anrührt. Genauso wie die jetzige Ehrung durch die Altmeister des Bergedorfer Handwerks. Die werden die Songs von „Deichkind“ nicht kennen, dem Ehrenmitglied aber auf ihre Weise zum Meisterjubiläum gratulieren.